Hamborn. In Hamborn und anderswo spricht sich die Politik klar gegen Wettbüros und ihre negativen Nebenwirkungen aus. Trotzdem expandiert die Branche.

Sorgen über die Sucht-Gefährdung vor allem junger Menschen durch Sportwetten macht sich die SPD in der Bezirksvertretung. Auf ihr Drängen hin hat jetzt Frank van Staa vom Ordnungsamt der Stadt den Bezirksvertretern die aktuelle Situation erläutert. Danach hat die Stadt zur Zeit nur eine sehr eingeschränkte Handhabe gegen sie.

Sportwetten sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Allein im Bezirk Hamborn gibt es 13 angemeldete Wettbüros. Sie erfreuen sich vor allem als Aufenthaltsorte für junge Zuwanderer großer Beliebtheit. Aber anders als bei den Spielhallen befindet sich ihre Genehmigungslage seit Jahren in einem Schwebezustand.

EU-Gerichtsentscheid aus dem Jahr 2010

„Eigentlich müssen auch sie alle eine behördliche Erlaubnis haben“, erklärte van Staa den Bezirksvertretern. Nur sei bis heute keine einzige deutsche Konzession erteilt. Eine Gewerbeanmeldung genüge, um eine solche Einrichtung zu betreiben.

Grund dafür sei, dass es seit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2010 bis heute kein Zulassungsverfahren dafür gebe. Europas höchste Richter hatten das bis dahin geltende staatliche Glücksspielmonopol in Deutschland für mit dem europäischen Recht unvereinbar erklärt. Grundsätzlich besteht in der EU Dienstleistungsfreiheit. Staaten, die ihre Regulierung von Sportwetten aber mit der Kriminalitätsbekämpfung begründet hätten, seien mit ihren Regelungen vor Gericht durchgekommen. Nicht so Deutschland.

Fehlende Konzessionen

Denn hier wurde die Regulierung in der Vergangenheit mit der Bekämpfung der Glücksspielsucht begründet. Die obersten Richter monierten aber, dass Deutschland mit seiner damaligen staatlichen Werbung dafür dieses Ziel selbst unterlaufe.

Daraufhin sollte das Land Hessen, berichtete van Staa weiter, federführend für alle Bundesländer eine Konzessionierung der Wettbüros ähnlich wie bei den Spielhallen auf den Weg bringen. 20 Konzessionen wurden vergeben. Nicht berücksichtigte Betreiber klagten auch dagegen. Diesmal stoppte das Verwaltungsgericht Wiesbaden das Vergabeverfahren. Seitdem sei Nordrhein-Westfalen federführend, habe aber auch noch kein neues Verfahren gefunden.

„Wir haben also gegen illegale Wettbüros zur Zeit keine Handhabe“, so van Staa gegenüber den Bezirksvertretern. Zumal viele Betreiber durchaus Lizenzen vorweisen könnten, allerdings häufig aus Ländern wie Malta oder Gibraltar, die als Steueroasen gelten. Sie beriefen sich auf die europäische Dienstleistungsfreiheit.

Jugendamt führt Präsenzstreifen durch

Drei Ansatzpunkte gebe es aber doch: Lärmbelästigung, Jugendschutz und das Baurecht. Die Untere Bauaufsicht hatte allerdings wegen Terminschwierigkeiten keinen Mitarbeiter in die Bezirksvertretung entsandt.

Christopher Hagenacker (SPD) bedauerte in der Bezirksvertretung das Fehlen der Bauaufsicht zu dem Thema. Er wollte wissen, ob es zutreffe, dass vor der Eröffnung eines Wettbüros oder bei Beschwerden darüber nur eine einzige Kontrolle stattfinde. Van Staa bestätigte das. „Wir führen aber Präsenzstreifen durch, achten darauf, ob irgendwo Jugendliche, denen der Zutritt verboten ist, Wettscheine ausfüllen.“ Ansonsten werde man bei Beschwerden tätig.

Ratsherr Sebastian Haak (SPD) drängte auf eine Lösung des Problems, zumal es eine Verknüpfung mit anderen Problemen geben könnte. Zuvor war den Bezirksvertretern über zunehmende Gewalttätigkeiten unter Zuwanderern auf dem Altmarkt berichtet worden und darüber, dass stadtweit 380 Jugendliche der fünften bis siebten Klassen gar nicht eingeschult sind.

Mindestabstände zu Schulen

Der Referent vom Ordnungsamt erwiderte ihm, bei Spielhallen gebe es eine ganz andere Handhabe. Nicht nur, dass die Stadt selbst die Konzessionen vergebe. Auch gebe es mittlerweile klare Vorgaben hinsichtlich erforderlicher Mindestabstände zu Schulen, Kindertagesstätten sowie der Spielhallen untereinander. Nicht so bei den Wettbüros. „Ungenehmigte Spielhallen können sofort geschlossen werden.“ Bei Wettbüros dagegen greife nur das Baurecht. Allerdings muss der Betreiber ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.

Auch sei der Unterschied zwischen reinen Wettannahmestellen und Wettbüros mit Aufenthaltsmöglichkeit nur vom Baurecht her relevant, sonst nicht.

Hans-Werner Schwarz (parteilos) wollte wissen, welche Organisationsformen hinter den Sportwetten stehen. „Es stehen große Organisationen dahinter“, antwortete ihm van Staa. Sonst kämen sie gar nicht an die erforderlichen Sportinformationen.

Ob es denn keine Vernetzung mit Zoll und Finanzamt gebe, wollte Claus Werner Krönke (SPD) wissen. „Wenn so ein Wettbüro 20 Stunden am Tag mit nur zwei Mitarbeitern geöffnet hat, wie geht das?“ „Wir leiten alle entsprechenden Hinweise weiter“, antwortetet ihm Ordnungs-Hüter van Staa.

„Deutschland hat da wohl ein Stück weit geschlafen“, bilanzierte Marcus Jungbauer (CDU). Die Aufgabe des staatlichen Wettmonopols hielt er für fragwürdig.