Berlin. 20 Casinos mussten im vergangenen Jahr schließen. Und noch sind viele Klagen von Betreibern anhängig

Im Kampf gegen Spielhallen kommen die Berliner Behörden voran. Im Laufe des Jahres 2017 mussten 20 der Läden schließen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft zählte zum Stichtag 31. Dezember 2017 noch 477 Spielhallen in Berlin. Ein Jahr zuvor waren es 497. Das ist ein zwar langsamer, aber stetiger Rückgang. Im Jahr 2011, als das Abgeordnetenhaus mit großer Mehrheit das Berliner Spielhallengesetz beschlossen hat, gab es noch fast 600 derartige Geschäfte.

Dass auch nach dem Ende der Übergangsfrist im Sommer 2016 die Zahl der Spielhallen im Laufe des vergangenen Jahres nur um vier Prozent zurückgegangen ist, liegt an den Widersprüchen, mit denen sich die Betreiber gegen die Bezirke zur Wehr setzen. Das Gesetz gibt den Behörden die Möglichkeit, Geschäftsleuten wegen persönlicher Unzuverlässigkeit eine Lizenz zu verwehren. Das geschah bisher in 63 Fällen.

Spielhallen müssen zudem eine Distanz von 200 Meter zu Oberschulen einhalten. Aus diesem Grund wurden bis Ende vergangenen Jahres 44 Erlaubnisse verweigert. Und sie dürfen nicht näher als 500 Meter zum nächsten Casino liegen. Das Problem für die Bezirksämter ist nun zu ermitteln, welche Spielhalle weichen muss, wenn diese Entfernung unterschritten wird. Wenn keine klare Entscheidung möglich ist, muss das Los entscheiden.

Insgesamt gab es 81 Widersprüche von Betreibern gegen 143 versagte Genehmigungen. Die Wirtschaftsverwaltung hat 39 anhängige Eilschutzrechtsverfahren beim Verwaltungsgericht gezählt. 19 Mal haben die Bezirke Klage geführt. Acht Fälle sind entschieden. Davon haben die Behörden sieben Mal vollständig und einmal teilweise gewonnen.

„Am Ende bleiben etwa 300 Spielhallen übrig“

Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz, einer der Initiatoren des Spielhallengesetzes, erwartet einen deutlichen Fortschritt im Vorgehen gegen das öffentliche Glücksspiel, wenn die Gerichtsverfahren ihren Weg durch die Instanzen genommen haben. „Ich rechne damit, dass am Ende etwa 300 Spielhallen übrig bleiben“, sagte der Sozialdemokrat. Ihm ist es ein Dorn im Auge, dass Berliner immer noch 600.000 Euro täglich an Glücksspielautomaten ausgeben, dass sich solche Etablissements immer noch vor allem in sozial schwachen Stadtteilen konzentrieren und schätzungsweise 50.000 Berliner ein problematisches Spielverhalten zeigen, die Hälfte davon sogar als spielsüchtig gilt. Zudem haben Razzien der Polizei stets eine große Zahl von Rechtsverstößen in diesem Milieu offengelegt. Nur eine deutliche Minderheit hält sich nach Einschätzung des Senats an alle gesetzlichen Vorgaben. Sechs Schwerpunkt-Razzien in Wettcafés und Spielhallen deckten 143 Straftaten auf, meist illegales Glücksspiel. Hinzu kamen 335 Ordnungswidrigkeiten. Drei Betriebe wurden sofort geschlossen.

Die Automatenwirtschaft beklagt, dass das strenge Spielhallengesetz auch seriöse Betreiber in ihrer Existenz gefährde. Mit technischen Neuerungen wie einem Gesichtsscanner am Eingang, der Minderjährige oder regis­trierte gesperrte Spielsüchtige erkennen kann, hofft die Branche auf mildere Regeln. Dazu ist aber die Berliner Politik nicht bereit.

Schließlich verfolgt der Senat eine harte Linie: „Berlin ist Vorbild im Kampf gegen Spielhallen“, sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). Die neuen Zahlen zeigten, dass „unsere Maßnahmen zur Bekämpfung der Glücksspielsucht richtig“ seien.

Juristisch sehen sich Senat und Bezirke auf der sicheren Seite. Bisher haben alle Gerichte die Rechtmäßigkeit des Berliner Gesetzes bestätigt, zuletzt das Bundesverfassungsgericht vor einem Jahr und das Bundesverwaltungsgericht Ende 2016. Auch Berlins Verfassungsgerichtshof hatte das Vorgehen der Politik gegen die Risiken des Glücksspiels 2014 bestätigt. Dennoch zieht es sich hin: „Aufgrund einer Vielzahl anhängiger Rechtsschutzverfahren nimmt das Verfahren einige Zeit in Anspruch“, sagt Wirtschaftsstaatssekretär Christian Rickerts.

Zuletzt hat es in einigen Bezirken Stillstand gegeben. So wurde im vergangenen Jahr in Reinickendorf von 30 Spielhallen keine geschlossen, ebenso sah es in Pankow mit seinen 26, Neukölln mit 49, Lichtenberg mit zehn und Steglitz-Zehlendorf mit neun Spielhallen aus. In Treptow-Köpenick verschwanden drei von 15 Hallen, in Marzahn-Hellersdorf zwei von 35. In Spandau schlossen zwei von 39 Casinos, in Friedrichshain-Kreuzberg eines von 51, in Tempelhof-Schöneberg ebenfalls eines von 45.

In Mitte, mit weitem Abstand das Dorado für Automatenspieler, machten drei Etablissements dicht, es bleiben aber noch 124 offen. Einige Erfolge verzeichnete die City West, wo die Zahl der Spielhallen um acht auf noch 53 zurückging.