WSOP 2007 – Teil 5: Von Seitenwetten und unterschiedlichen Turnierstrategien!

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


Vorgestern stand das $ 3.000 7-Card Stud Hi/Lo auf meinem Turnierplan. Als braver WSOP Turnierteilnehmer nahm ich pünktlich um 17 Uhr meinen Sitzplatz ein. Um mich herum 6 unbekannte Gesichter und ein leerer Platz mit Chips, von dem aber fleißig das Ante eingezogen wurde. Üblicherweise werden die verwaisten Chips nach 60 Minuten eingezogen, nicht so dieses Mal. Der Phantomplatz wurde weiterhin im Turnier belassen und um 19:15 Uhr klärte sich das Rätsel dann auch. Ein heiter und ausgelassen wirkender Daniel Negreanou erschien und nahm den Platz ein. Als Erstes zählte er seine Chips nach. Wir starteten mit 6.000 und Daniel hatte trotz der Pflichteinsätze noch 5.710 vor sich stehen, also nicht mal 5 Prozent seines Stakes verloren.

Ich kenne Daniel schon ziemlich lange und bei unserer Begrüßung feixte er ein wenig herum: „Michael, wie lange sitzt Du schon hier?“
„Seit 5 Uhr“, entgegnete ich.
„Und wie viele Chips hast Du jetzt?“, bohrte er weiter.
„6.450“, lautete meine Antwort.
Mit einem leicht hämischen Grinsen meinte er darauf hin: „Bist Du wirklich der Meinung, dass die gut 700 mehr Chips, die Du jetzt besitzt, es wert waren, hier am Tisch zu sitzen? Ich habe die letzten 2 Stunden in meinem Whirlpool verbracht.“
„O.K. Daniel“, gab ich zurück, „Du bist der bessere Spieler von uns beiden, also brauche ich mehr Zeit als Du, um notwendige Informationen über meine Kontrahenten zu sammeln.“
Offen gestanden hätte ich selbst nicht gedacht, dass sich Turnierstrategien so sehr voneinander unterscheiden können…

Daniel war es überhaupt während der Anfangsphase des Turniers ziemlich langweilig. Ständig suchte er weitere Betätigungsfelder. Er wurde bald bei Phil Ivey und Eric Lindgren fündig, indem er ihnen eine ziemlich kuriose Wette anbot. Wer zuerst von allen Dreien anfing, mit seinen Chips zu spielen und sie mit der Hand zu mischen, sollte den anderen Beiden jeweils 10.000 $ zahlen. Eric lief prompt zum „Grinder“ Michael Mizrachi und erzählte ihm von der Wette.
„Was meinst Du damit, die Chips mit der Hand zu mischen?“ fragte der Grinder.
„Na einfach so“, antwortete Eric und machte es ihm mit seinen Chips überdeutlich vor. Phil und Daniel konnten sich kaum noch vor Lachen auf ihren Stühlen halten. Keine 2 Minuten, nachdem sie die Wette gestartet hatten, war Eric Lindgren schon der Verlierer.
Übrigens war Daniels Turnierstrategie nur unbedeutend erfolgreicher als meine. Ich schied nachts um 2:30 Uhr aus und er folgte mir nur wenige Minuten später.

Zur Zeit spiele ich das $ 5.000 H.O.R.S.E Turnier. Diese Kombination aus verschiedenen Pokervarianten ist eines meiner Lieblingsspiele. Das schnelle Umschalten zwischen verschiedenen technischen Varianten liegt mir. Den Tag 1 habe ich gut überstanden, es sind noch etwa 100 Leute im Turnier und ich bin mit 19.000 Chips gut im Durchschnitt. Wie es weitergeht, erfahrt Ihr demnächst an dieser Stelle.

Euer Michael von free-888.com