Glücksspiel Akute Gefahr für Saartoto-Kassen aus Kiel

Saarbrücken · Die neue Jamaika-Regierung lehnt den Glücksspielstaatsvertrag ab.

 Chris Fleischhauer war im Juli 2013 der erste Mann, der beim SR die Ziehung der Lottozahlen im Internet moderierte.

Chris Fleischhauer war im Juli 2013 der erste Mann, der beim SR die Ziehung der Lottozahlen im Internet moderierte.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Es sind gerade mal acht Zeilen unter dem Titel „Glücksspiel“, auf die sich die neue Jamaika-Koalition von CDU/FDP und Grünen in Schleswig-Holstein verständigt hat. Exakt dieser kleine Absatz im Kieler Koalitionsvertrag kann letztlich gravierende Folgen für das kleine Saarland haben. Von der Kieler Förde zieht in Sachen Glücksspiel und Regulierung des nationalen Glücksspielmarktes eine politische Unwetterfront heran. Wörtlich heißt es in dem Vertragswerk unter anderem: „Die Koalition wird dem zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag im Parlament nicht zustimmen. Schleswig-Holstein wird den Glücksspielstaatsvertrag kündigen und mit anderen Ländern (z.B. Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen) nach einer tragfähigen, europarechtskonformen Lösung für den gesamten Bereich der Sportwetten einschließlich des Online Casinospiels sowie des Pokerspiels suchen.♦.♦.“

Setzen die Kieler ihre Ankündigung in die Tat um, verabschieden den Staatsvertrag bis zum Jahresende nicht per Landtagsbeschluss, findet das Trauerspiel um die staatliche Kontrolle des deutschen Glücksspielmarktes seine Fortsetzung. Konzessionen für Sportwetten-Anbieter, um die sich auch die staatliche ODS bewirbt, wird es dann bis auf Weiteres kaum geben. Insbesondere die Liberalen im Norden der Republik sehen sich wohl bei der einflussreichen Lobby der Glücksspielbranche im Wort.

Bei der Saarland-Sporttoto GmbH (Saartoto), einer gemeinsamen Gesellschaft des Landes und des Landessportverbandes (LSVS) beobachten die Geschäftsführer Peter Jacoby (CDU) und Michael Burkert (SPD), deren Verträge bis Ende 2019 verlängert werden, die Entwicklung durchaus mit Sorge. Sie sagen: „Der Staat muss sich doch irgendwann gegen illegales Glücksspiel wehren. Der Markt richtet es nicht.“ Sie setzen aber vorerst weiter auf Verhandlungen und eine Kompromisslinie mit Schleswig-Holstein. Sie hoffen, dass die Jamaikaner in Kiel doch noch einlenken. Da die 16 Bundesländer weitgehend für die Regulierung von Sportwetten, Lotterien und Casinos zuständig sind, bauen die Saartoto-Chefs auch auf eine Verständigung in der Ministerpräsidentenkonferenz. Dort übernimmt im Oktober Saar-Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) den Vorsitz. Drei Monate bleiben dann zur Moderation und Verständigung, um die Staatsvertragsänderung zu Sportwetten-Lizenzen gemeinsam zu verabschieden.

Gelingt dies nicht, droht im Glücksspielmarkt letztlich das große Chaos, können beispielsweise Online-Casino-Anbieter mit Sitz in einem Steuerparadies problemlos in Deutschland abzocken. Offiziell sind Online-Poker und Online-Casino derzeit untersagt. Der Schwarzmarkt blüht, macht Riesenumsätze. Die Folgen der Glücksspielsucht muss der Staat tragen. Die sozialen Kosten werden auf bis zu zehn Milliarden Euro geschätzt.

 Saartoto-Geschäftsführer Michael Burkert (SPD).   Foto: obs/Saarland Sporttoto GmbH

Saartoto-Geschäftsführer Michael Burkert (SPD). Foto: obs/Saarland Sporttoto GmbH

Foto: obs/Saarland Sporttoto Gmbh
 Saartoto-Geschäftsführer Peter Jacoby (CDU).   Foto: Becker&Bredel

Saartoto-Geschäftsführer Peter Jacoby (CDU). Foto: Becker&Bredel

Foto: BeckerBredel

Christdemokrat Jacoby und Sozialdemokrat Burkert wissen, dass im allerschlimmsten Fall für das Saarland das Lotto-Monopol kippen kann. Dann wären gravierende Umsatzeinbrüche bei Saartoto eine Folge, mit spürbaren Konsequenzen für Sportverbände, Vereine, Kultur sowie Naturschutzorganisationen. Der Geldsegen aus den Kassen von Saartoto für gemeinwohlorientierte Zwecke ist demnach ernsthaft bedroht. 2016 buchte Saartoto einen Rekordumsatz von 125 Millionen Euro. Davon gingen 15,6 Millionen Euro an den Saar-Sport, Kultur und Naturschutz wurden mit 6,1 Millionen Euro bedient, In die Landeskasse flossen 20,3 Millionen Euro Lotteriesteuer.

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