EPT Finale in Monte Carlo

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


Von der Pokerszene sehnsüchtig erwartet und mit reichlichen Vorschusslorbeeren bedacht, startete am 28. März das wohl größte Pokerturnier, das Europa bis zu diesem Zeitpunkt gesehen hatte. Schon die Anzahl der vorher getätigten Reservierungen ließ darauf schließen, dass das diesjährige EPT Finale alle Rekorde brechen würde. Austragungsort war das in der Nähe des monegassischen Yachthafen gelegene Monte Carlo Bay & Ressort. Ein technisch hochmodern ausgestatteter, geräumiger Veranstaltungssaal, bestückt mit 40 Pokertischen, die besten Dealer aus aller Welt und die erfahrene Turnierleitung von Thomas Kremser sollten perfekte Voraussetzungen für eine rundum gelungene Veranstaltung schaffen.

Ich nahm am 26. März noch in Wales an einer Fernsehproduktion für 888.com teil, so dass ich am Dienstag von Cardiff über Amsterdam nach Nizza anreisen musste. Mit deutlicher Verspätung erreichte ich gegen 22 Uhr den Veranstaltungsort und stellte mich umgehend in der langen Schlange am Check in Schalter an. Meiner Bitte, am Tag 1 B spielen zu dürfen, wurde großzügigerweise von der Turnierleitung entsprochen, so dass ich nach den ziemlich stressigen letzten Wochen wenigstens noch einen Tag zur Regeneration und Akklimatisierung herausschinden konnte.

Das Buy in von 10.000 € in Verbindung mit den hohen Teilnehmerzahlen versprach einen außergewöhnlich hohen Preispool, so dass auch etliche Topprofis aus Amerika den Weg nach Monte Carlo auf sich nahmen. Als dann die offiziellen Zahlen veröffentlicht wurden, war wahrscheinlich selbst der Veranstalter positiv überrascht: 706 Spieler hatten ein Startgeld von 10.000 € auf den Tisch geblättert oder sich einen Seat online gesichert, so dass ein Preisgeld für den Gewinner von über 1,8 Millionen € lockte, selbst der zehnte Platz wurde noch mit knapp 100.000 € vergütet.

Aufgrund der hohen Teilnehmerzahlen wurde die Veranstaltung insgesamt um einen Tag verlängert, der Finaltisch sollte erst am 02. April ausgetragen werden. 7 Levels à 90 Minuten standen am jeweiligen Tag 1, der organisatorisch in ein Feld A und B aufgeteilt wurde, auf dem Programm. Die Startdotation an Chips betrug 15.000 und der erste Blindlevel war 25/50, alle Merkmale eines Deep Stake Turniers wurden also erfüllt. Am Tag 1A reduzierte sich das Feld von 329 gestarteten Spielern auf insgesamt 159, der Tag 1B hatte mit 377 Teilnehmern ein etwas größeres Starterfeld.

Pünktlich um 14 Uhr nahm ich an meinem Tisch Platz und musste zu meiner Überraschung feststellen, dass ich bis auf einen ziemlich locker spielenden Franzosen keinen einzigen weiteren Mitbewerber persönlich kannte. Die zwanglose Plauderei der nachfolgenden Minuten brachte etwas Licht ins Dunkel. 3 Amerikaner, die ihren Sitz mit Einsätzen zwischen 30 und 50 $ bei mehreren Onlinesatellites gewonnen hatten, 1 italienischer Geschäftsmann, der aus einer Laune heraus zum ersten Mal an einem Pokerturnier teilnahm und dafür 10.000 € hinblätterte, 2 Engländer, die ihren Sitz ebenfalls online ergatterten, sowie 2 weitere ziemlich verbissene Zeitgenossen, die mir nicht mal ihr Herkunftsland verraten wollten, bildeten die Anfangskonfiguration. Schon nach einer Stunde war mir klar, dass ich entweder mit mindestens 50.000 Chips den Tisch verlassen würde oder relativ früh die Segel streichen müsste. Der Italiener konnte nicht einmal vernünftig das Board lesen, gewann aber über irgendwelche Wunderkarten seine wiederholten All ins, nur um dann innerhalb von Minuten seine Chips erneut sinnlos am Tisch zu verteilen. Die 3 Amis spielten tatsächlich so, als ob es sich um ein 30 $ rebuy Turnier handeln würde, selbst Gus Hansen hätte deren Strategie als äußerst kreativ bezeichnet. Deren Schwäche lag eindeutig in einem massiven Overplay ihrer Karten und genau hier wollte ich meinen Hebel ansetzen, während ich geduldig auf meine Chance wartete. Besonders mein linker Nachbar zeigte ausgeprägtes Interesse an meinen Aktivitäten und callte jedes Raise von mir. Chance Nr. 1 bot sich, als ich am Button K-J suited dreifach raiste und sein Standard call aus dem Small Blind bekam. Der Flop schenkte mir mit J-10-6 das Toppaar und meine potsized Bet wurde natürlich wieder gecallt. Ein König am Turn gab mir Top 2 Paar, erneut wettete ich ungefähr Pot und wurde sofort gecallt. Der River brachte eine belanglose 4, allerdings lagen jetzt 3 Karos im Board. Er checkt zum dritten Mal, aber irgendwie schien ihm der River recht gut gefallen zu haben. Ich checke also ebenfalls und sofort präsentiert er mir mit Q-3 in Karo den zweithöchsten Flush. Zwei Stunden später renne ich wieder in ihn, diesmal mit A-J, erneut zeigt er mir einen Flush am River. Auf diese Art und Weise habe ich bis etwa 22 Uhr die Hälfte meiner Chips verbraten, ohne auch nur einen einzigen Showdown gewonnen zu haben. Vielleicht wendet sich jetzt das Blatt, denke ich noch, als ich in MP1 Pocket Asse finde, das erste hohe Paar des Turniers. Ich raise den dreieinhalbfachen Big Blind, das obligatorische Call meines linken Nachbarn natürlich erwartend. Er macht mir die Freude und wir sind Heads Up preflop. Das Board zeigt 10-8-2 rainbow, ich checke und er spielt mit 1.000 etwa halben Pot an. Nach kurzer Überlegung entscheide ich mich, gleich all in zu gehen und ohne viel Überlegung callt er meine restlichen 5.500. Im Showdown zeigt er 10-9 offsuit, ich bin also mit 78 % klarer Favorit und hoffe inständig, die Hand gewinnen zu können. Aber natürlich kommt am River die 9, er macht 2 Paar, meine Asse sind nur noch Schrott wert und das EPT Finale hat einen Spieler weniger.

Na gut, dann werde ich halt mein Glück in den angebotenen Nebenevents probieren, nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

Euer Michael