Stellungnahme von Paul Gauselmann – Vorsitzender des VDAI e.V. –

VDAI-Wirtschaftspressekonferenz – 15. Januar 2007, Düsseldorf, Industrie-Club e.V.

Düsseldorf/Berlin. Das gerade beendete Jahr 2006 bleibt in der Geschichte der deutschen Unterhaltungsautomatenwirtschaft als ein außergewöhnlich bewegtes, aufreibendes aber auch richtungsweisendes Jahr dauerhaft im Bewusstsein, so der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie e.V. (VDAI), Paul Gauselmann.

Spielverordnung

Nach einem über siebenjährigen zum Teil verbissenen politischen Ringen und Tauziehen zeichnete sich im letzten Quartal 2005 endgültig ab, dass eine neue Spielverordnung politische Realität werden kann. Nach dem entsprechenden Beschluss des Bundesrates vom 14. Oktober 2005 und dem anschließenden Notifizierungsverfahren bei der EU-Kommission stand allerdings erst am 23. Dezember 2005 endgültig fest, dass die neue Spielverordnung zum 01. Januar 2006 in Kraft treten kann.

Da die endgültigen Eckdaten für Unterhaltungsspielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit jedoch nicht rechtzeitig zur Verfügung standen, da u. a. bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (BTP) ein drei- bis sechsmonatiger Geräteprüfungszeitraum einzuplanen ist, konnte es zum Jahresbeginn keine Geräte nach der neuen Verordnung geben. „Als Konsequenz sah sich der VDAI gezwungen, die traditionell zum Jahresbeginn stattfindende Internationale Fachmesse Unterhaltungs- und Warenautomaten (IMA) – damals noch in Nürnberg – ausfallen zu lassen“, so Paul Gauselmann.

Heute, zwölf Monate später, kommt diese Messe zu einem optimalen Zeitpunkt. Erstmals findet sie in Düsseldorf statt. Die deutschen Aufstellunternehmer haben in einer Befragung mehrheitlich für diesen Messestandort gestimmt. Schließlich ist Nordrhein-Westfalen der zentrale Kernmarkt der Branche mit den meisten Unternehmen, zirka 27.000 Arbeitsplätzen und der zentralen Industrie. Vom 16. – 18. Januar 2007 werden vielfältige Produktinnovationen präsentiert, in die erste Erfahrungen mit den Möglichkeiten und Chancen der neuen Spielverordnung eingeflossen sind. Das nationale und internationale Fachpublikum kann sich nach Meinung des Verbandsvorsitzenden auf jede Menge innovativer Spielsysteme freuen.

Die in die neue Spielverordnung gesetzten Branchenerwartungen, z. B. 27 Unterhaltungsspielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit, davon 15 Einzelspielgeräte und 2 Mehrplatzspielgeräte mit je 6 Spielplätzen, wurden nur zum Teil erfüllt. In Spielstätten dürfen nunmehr nur maximal 12, statt bisher 10 Unterhaltungsspielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit und in der Gastronomie drei statt zwei aufgestellt werden. Die Gewinnanreize bleiben klar begrenzt. Vermögensverschiebungen oder die Gefahr eines unangemessenen Verlustes in kurzer Zeit sind ausgeschlossen. Der maximale durchschnittliche Spielverlust je Stunde darf 33,00 EURO (bisher 28,96 EURO) nicht überschreiten. In der Praxis beträgt er im Durchschnitt 25,00 EURO. Die Summe der maximal möglichen Verluste in einer einzelnen Stunde beträgt 80,00 EURO (bisher 60,00 EURO) und die maximale mögliche Summe der Gewinne in einer Stunde beträgt 500,00 EURO (bisher 600,00 EURO).
Die Spielverordnung brachte darüber hinaus weitere wesentliche Einschnitte, so das Jackpot-Verbot und das sofortige Verbot von rund 60.000 Fun-Games.

Anderseits haben die neuen Eckdaten für Unterhaltungsspielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit den Spieleentwicklern aber einen größeren Gestaltungsspielraum eröffnet.

Spieleinsatzsteuer versus Umsatzsteuer

Waren die ersten Monate des Jahres als Konsequenz aus der neuen Spielverordnung von deutlichen Umsatzverlusten auf Seiten der Aufstellunternehmen durch den Wegfall des Gerätesegments „Fun-Games“ geprägt, verstärkte das Damoklesschwert einer Sondersteuer, die so genannte Spieleinsatzsteuer, das negative Investitionsverhalten der Aufstellunternehmen. Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2005 die Umsatzbesteuerung von Unterhaltungsspielgeräten mit Geldgewinnmöglichkeit wegen eines Verstoßes gegen EU-Recht gekippt hatte – weil die Automaten in den Spielbanken umsatzsteuerfrei waren – , verhinderten unterschiedliche politische Interessen zwischen dem Bund und den Bundesländern eine zeitnahe und rasche Klärung einer neuen Besteuerung des Unterhaltungsspiels mit Geldgewinnmöglichkeit.
„Monatelang wurde für uns Unternehmer zermürbend darüber gestritten“, so Paul Gauselmann. Die von den Ländern ins Spiel gebrachte Spieleinsatzsteuer, war in ihrer Konsequenz eine Existenzvernichtung. Erst am 07. April nahm der Bundesrat das bereits vom Bundestag verabschiedete „Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen“ an. Es konnte am 06. Mai 2006 in Kraft treten. Nunmehr unterliegen das gewerbliche Geld-Gewinnspiel und die Umsätze der öffentlichen Spielbanken der Umsatzsteuerpflicht. „Für mich“, so Paul Gauselmann, „war dies eine erneute Geburtsstunde der Unterhaltungsautomatenwirtschaft. Endlich gab es für die Unternehmen wieder Planungssicherheit und das Investitionsklima in Verbindung mit der neuen Spielverordnung hat sich im zweiten Halbjahr 2006 merklich verbessert.“

Föderalismusreform

Mit großer Aufmerksamkeit hat die Unterhaltungsautomatenwirtschaft die politische Debatte um die Föderalismusreform verfolgt. Natürlich haben auch die Unternehmen der Automatenwirtschaft die Bestrebungen zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung begrüßt. Lobenswerter- und konsequenterweise wurde mit der Föderalismusreform das „Recht der Spielhallen“ vom Bund auf die Länder verlagert. Denn Fragen der Spielhallenstandorte, des Baurechtes und der Öffnungszeiten waren immer schon in der Zuständigkeit der Länder bzw. kommunalen Gebietskörperschaften.

Wirtschaftliche Lage 2006

Diese politischen Prozesse, die ihnen immanenten Chancen und Risiken und letztendlich ihre Ergebnisse blieben konsequenterweise nicht ohne Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage und Entwicklung der Unterhaltungsautomatenwirtschaft im Jahr 2006.

Zuwachs bei Unterhaltungsspielgeräten mit Geldgewinnmöglichkeit

Über das Jahr wurden deutschlandweit insgesamt zirka 96.000 Musik-, Sport- und Unterhaltungsautomaten mit und ohne Geldgewinnmöglichkeit abgesetzt. Dies entspricht einer Steigerung von 14,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Bedingt durch die Möglichkeiten der neuen Spielverordnung verzeichnete insbesondere die wichtigste Produktgruppe der Unterhaltungsspielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit einen Zuwachs von 28,3 Prozent. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) vermeldete 94.995 Neuzulassungen. Da nicht alle erteilten Neuzulassungen zu einem Absatz von Geräten führen, ist das tatsächliche Marktvolumen weit geringer. Die Zahl der verkauften, vermieteten und verleasten Unterhaltungsspielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit lag 2006 bei rund 90.000. Diese positive Entwicklung konnte aber den Trend des Geräteabbaus nicht stoppen, der durch den sofortigen Abbau von Fun-Games auf Grund der neuen Spielverordnung 2006 massiv verstärkt wurde.

Die Zahl der in Deutschland aufgestellten Unterhaltungsautomaten geht seit vielen Jahren beständig zurück. Nahm ihre Zahl zwischen 2001 und 2005 um insgesamt 51.000 aufgestellte Automaten ab, so brachte das zurückliegende Jahr einen dramatischen Abwärtstrend. Allein in diesem Jahr ist ein Minus von 42.000 Automaten zu vermelden. Insgesamt waren zum Jahresende nur noch 321.500 Unterhaltungsautomaten in Deutschland aufgestellt. Im Jahre 2001 belief sich ihre Zahl hingegen noch auf 414.500.
Diese Zahlen belegen den Anteilsverlust des gewerblichen Geldgewinnspiel von 24,3 Prozent (1995) auf 21,5 Prozent (2005) am gesamten Glücks- und Gewinnspielmarkt in Deutschland. Gewinner waren hier die staatlichen (Länderrecht) und staatlich konzessionierten Unternehmen, die bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Sachen Sportwetten vom März 2006 und den Auseinandersetzungen zwischen dem Bundeskartellamt und den Lotto-Gesellschaften, uneingeschränkt neue Angebotsformen auf den Markt bringen konnten.

Die Bruttospieleinsätze des Glücks- und Gewinnspielmarktes beliefen sich 2005 auf zirka 27 Mrd. EURO.

Abbau der Fun-Games

Auslöser des massiven Geräteabbaus ist das seit dem 01. Januar 2006 geltende Verbot von Fun-Games. Aufgrund dieses Verbotes in der neuen Spielverordnung mussten ohne zeitliche Übergangsregelung rund 60.000 Geräte abgebaut werden. Im Schnitt wurden zuvor in Spielstätten zwischen acht und neun Fun-Games bei 10 Geld-Gewinn-Spiel-Geräten betrieben. Im Gegenzug gestand die Politik allerdings nur eine Erhöhung der Anzahl der maximal in einer Spielstätte erlaubten Unterhaltungsspielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit von 10 auf 12 zu. In der Gastronomie wurde ihre Anzahl von zwei auf drei erhöht.

Sonderkonjunktur Sportspielgeräte

Eine kleine Sonderkonjunktur erlebten in 2006 die Sportspielgeräte. Ihr Absatz hat mit hoher zweistelliger Rate zugenommen. Aber trotz der Impulse durch die Fußball-WM handelte es sich zum großen Teil um Ersatzbeschaffungen nach einer jahrelangen Investitionszurückhaltung. Die Anzahl der aufgestellten und gewerblich betriebenen Sportspielgeräte erhöhte sich auf nunmehr 55.500.

Umsatzrückgang von 3,4 Prozent

Die drei Branchenstufen der Unterhaltungsautomatenwirtschaft – herstellende Industrie, Großhandel und Betreiber/Aufstellunternehmen – realisierten 2006 einen aufaddierten Umsatz von 3,74 Mrd. EURO. Dies entspricht insgesamt einem Minus von 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Während sowohl die Gerätehersteller als auch der Großhandel, mit etwas schwächerer Dynamik, kräftige Umsatzzuwächse erzielen konnten, kam es auf Seiten der Aufstellunternehmen zu einem Umsatzeinbruch von sieben Prozent im Jahresdurchschnitt. Die Umsätze sanken von 3,2 Mrd. EURO (2005) auf 2,97 Mrd. EURO in 2006. Die Spieleinsätze beliefen sich insgesamt auf ca. 6,8 Mrd. EURO. Hiervon wurden mehr als 60 Prozent als Spielgewinn wieder ausgeschüttet.

Ursächlich für diese Umsatzentwicklung waren die Auswirkungen der neuen Spielverordnung. Die Unternehmen waren gezwungen, ihre Kapazitäten bei Fun-Games vollständig abzubauen, ohne dass zunächst ausreichende Möglichkeiten zur Kompensation durch Unterhaltungsspielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit nach neuer Spielverordnung bestanden. Verlorenes Terrain konnte erst wieder im Verlauf des 2. Halbjahres gut gemacht werden. Bei Geld-Gewinn-Spiel-Geräten expandierte das Geschäft im 4. Quartal kräftig.

Die Investitionsquote der Aufstellunternehmen hat zwischenzeitlich deutlich angezogen und nach der Talsohle von 2003 (18,2 Prozent) in 2006 ihren bisherigen Höhepunkt mit 26 Prozent erreicht. Für Paul Gauselmann zeigt dies, dass sich das Investitionsklima spürbar verbessert hat. Dies ist sicherlich aber auch darauf zurückzuführen, dass auf Grund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes viele Unternehmen mit nicht rechtskräftigen Steuerbescheiden Umsatzsteuer insgesamt in Milliardenhöhe zurückerstattet bekamen.

Allerdings müssen immer noch Zweifel angemeldet werden, ob dieses Niveau ausreicht, die Herausforderungen des zunehmenden Wettbewerbsdrucks auf dem Glücks- und Gewinnspielmarkt seitens des Staatsmonopols und der Angebote im Internet erfolgreich zu bestehen.

Prävention wird groß geschrieben

Auch in Präventionsfragen habe die Unterhaltungsautomatenwirtschaft keinen Nachholbedarf. Der Auffassung, dass nur der Staat das Suchtpotenzial der Spieler verringern könne, widersprach der Verbandsvorsitzende. Das können auch Private. Federführend in der Glücks- und Gewinnspielbranche hat die Unterhaltungsautomatenwirtschaft hier Beispielhaftes geleistet. Seit Jahren gibt es klar definierte und umgesetzte Standards. Dazu zähle das Angebot der telefonischen Spielerberatung in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA), Warnhinweise an jedem Unterhaltungsspielgerät mit Geldgewinnmöglichkeit, Spielpausen nach einer Stunde ununterbrochenen Spiels an einem Gerät, Aufstellung der Geräte in getrennten Zweiergruppen, Schulungen des Personals, absolutes Alkoholverbot in Spielstätten, Auslage von Informationsmaterial und eine konsequente Einhaltung des Jugendschutzes: kein Zugang zu Spielstätten unter 18 Jahren! „Damit haben wir Zeichen gesetzt und fordern andere Anbieter zur konsequenten Nachahmung auf“, so der Verbandsvorsitzende.
Ein Abgleich von Spielerdaten bei ca. 8.000 Spielstätten und in rund 100.000 Gaststätten scheidet schon aus datenschutzrechtlichen Gründen aus, so Paul Gauselmann.

Ausblick

Der Verbandsvorsitzende geht verhalten optimistisch in das neue Jahr, denn nun gelte es verantwortlich die Chancen der neuen Spielverordnung zu nutzen und den Spielgästen in den kommenden Monaten ein innovatives und attraktives Freizeitangebot zur Verfügung zu stellen. Paul Gauselmann ist sicher, dass die mittelständisch strukturierten Unternehmen alle Kräfte mobilisieren, um sich positiv weiterzuentwickeln, auch um Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern und neu zu schaffen!

Der Verbandsvorsitzende forderte von der Politik ein konsequentes Vorgehen gegen illegale Angebote, nicht zuletzt um dem Schutz der Spieler vor wirtschaftlichen und psychischen Schäden sinnvoll zu entsprechen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um einen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen rechnet der Industrieverband immer noch mit einer verantwortlichen Liberalisierung des Marktes. Entscheidende Stichworte sind z. B. Europarecht und Dienstleistungsfreiheit. „Die bisherigen Staatsmonopolisten versuchen ihre Pfründe zu sichern. Eine verantwortliche Öffnung der Monopole ist aber notwendig um den unkontrollierten Abfluss von Spieleinsätzen ins Ausland einzudämmen und das illegale Spiel zu bekämpfen. Das schafft der Staat in der heutigen Welt nicht“, so Paul Gauselmann. Andere europäische Länder, wie England schon immer und neuerdings Österreich, Italien seit wenigen Wochen und in Zukunft die Region Madrid (Spanien) haben sich diesen Herausforderungen gestellt und ihre Wettmärkte liberalisiert. „Deutschland als Kernland Europas kann auf Dauer keine Festung für das überholte staatliche Monopol bleiben“, so der Verbandsvorsitzende. Auch in diesem Segment sieht er zukünftig weitere Marktchancen für die deutsche Unterhaltungsautomatenwirtschaft.
Eindringlich appellierte der Verbandsvorsitzende und Unternehmer an die kommunalen Gebietskörperschaften die Vergnügungssteuerschraube nicht zu überdrehen. Aber generell gilt: die Vergnügungssteuer ist ein Relikt des letzten Jahrhunderts. „Wie kann man verstehen, dass Spaß steuerpflichtig ist?“

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