Deutsche Pokermeisterschaft 2006, Spielbank Berlin

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


Vom 16. bis 18. November 2006 wurden in der Spielbank Berlin die deutschen Pokermeisterschaften ausgetragen. Der Titel „Deutsche Pokermeisterschaften“ trifft vielleicht nicht ganz ins Schwarze. Bei der Veranstaltung handelt es sich um ein Turnier, das aus der Kooperation von 4 Spielbanken in Norddeutschland (Schenefeld, Hamburg, Bad Zwischenahn und Berlin) geboren wurde und nach seiner geglückten Premiere im Vorjahr im Casino Schenefeld – (ISA-CASINOS berichtete) nun eine Neuauflage in der Berliner Spielbank am Potsdamer Platz feierte.

Bereits das letztjährige Turnier in Schleswig-Holstein löste ein beachtliches Medieninteresse aus und so war es kein Wunder, dass Hunderte deutscher Pokerfans mit von der Partie sein wollten. Bedauerlicherweise war die Veranstaltung aus Kapazitätsgründen auf 100 Spieler begrenzt und so musste die überwiegende Mehrheit der Teilnahmewilligen auf 2007 vertröstet werden. Der Hype ging soweit, dass letzte Woche Teilnahmetickets (Wert: 440.- EUR) für unglaubliche 1.600.- EUR bei Ebay versteigert wurden.

Ich gehörte zu den Glücklichen, die auf regulärem Wege ein Ticket erhielten, so dass ich auch bei diesem Event die Firma 888 vertreten durfte. Wenn ich heute zu meinen positiven Eindrücken im Rahmen der Veranstaltung befragt werde, kann ich nur sagen: Sicher, das Buffet war ausgezeichnet und das freundliche Management samt Floormen war stets bemüht, das Turnier sowie die Cash-games in halbwegs geordneter Weise über die Bühne zu bringen. Was eindeutig fehlte, war Kompetenz!

Auf engstem Raum zusammengedrängt wurden 10 Tische in einem abgesperrten Bereich des Casinos aufgebaut, die in vollbesetzten Zustand den einzelnen Spielern einen Bewegungsspielraum ließen, der höchstens in wenigen Zentimetern gemessen werden konnte. Zu allem Überfluss handelte es sich bei 3 der Tische nicht um Poker-, sondern um Black Jack Tische. Jeder, der ein Casino schon mal von innen gesehen hat, möge sich vorstellen, wie man 10 Spieler an einem Tisch unterbringen will, der eigentlich nur für 6 Personen Raum bietet. Aber wie heißt es so schön in der Werbung eines japanischen Automobilherstellers: Nichts ist unmöglich,…!

Ein ebenso gewichtiges Problem zeigte sich im Ausbildungsstand der Croupiers: 5 bis 6 waren wirklich gut, weitere 5 – 6 waren einigermaßen dazu in der Lage, ein Pokerspiel zu dealen, aber mindestens 8 bis 10 konnten nicht einmal den minimalsten Anforderungen gerecht werden. Das fing schon beim simplen Mischen der Karten oder beim Wechseln von Jetons an. Je nach Ausbildungsstand der Dealer wurden somit an manchen Tischen nur 5 bis 6 Hände pro Level gespielt, was natürlich zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen des Gesamtturniers führte.

Weiterer Kritikpunkt ist die sehr „kreative“ Auslegung international gültiger Pokerregeln. Zur näheren Verdeutlichung sollen das folgenden Beispiel dienen.

v.l.n.r. Michael Keiner, Katja Thater und Todd Kobrin Am ersten Tag war das Turnier eigentlich durch das Ausscheiden des 21. beendet, da sich bekanntlich 20 Teilnehmer der ersten Runde für das Finale qualifizierten. An einem Tisch hatten die Spieler schon ihre Blinds für das nächste Spiel gesetzt, aber der Dealer hatte weder angefangen, die Karten neu zu mischen, geschweige denn eine einzige Karte ausgeteilt. Trotzdem bestand er darauf, noch ein Spiel zu geben. Auch heftigste Proteste der Teilnehmer konnten ihn nicht umstimmen. Bei Blinds von 5.000/10.000 hatte dieses Spiel bei einem durchschnittlichen Chipcount von 22.000 natürlich erhebliche Auswirkungen auf den weiteren Turnierverlauf, zumal es vorgesehen war, die Blinds im Finale wieder auf 100/200 zurück zu setzen. Eingeschüchtert durch das resolute Auftreten des verantwortlichen Dealers kamen die an diesem Tisch fast nur aus Hobbyspielern bestehenden Teilnehmer überhaupt nicht auf die Idee, einen Saalchef rufen zu lassen, der die komplett unvernünftige Entscheidung des Croupiers korrigiert. Wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren konnte, hatte die sehr erfahrene und zuverlässige Pokerabteilung des Casinos Schenefeld den Berlinern im Vorfeld des Turniers bereits ihre beratende Unterstützung angeboten. Über die Gründe, warum dieses Angebot letzten Endes nicht angenommen wurde, kann an dieser Stelle nicht einmal spekuliert werden.

Fairerweise gebe ich gerne zu, dass sich die chaotischen Verhältnisse am finalen Samstag deutlich besserten. 3 Tische wurden aus dem Pokerbereich entfernt, die Organisationsabläufe erschienen wesentlich routinierter und zusehends hellte sich auch die Stimmung der Gäste auf.

Mein Fazit:

Bei der diesjährigen „deutschen Pokermeisterschaft“ ist es zu erheblichen Pannen gekommen, aber kräftiges Nachwaschen rettet die Veranstaltung insgesamt auch nicht mehr. Meine Anregung für 2007 wäre die frühe Installation einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern des Spielbankenverbundes und erfahrenen Pokerspielern, die faire und transparente Qualifikationsbedingungen erstellt, für eine Anpassung an international anerkannte Pokerregeln sorgt, eine Turnierstruktur erstellt, die dem Titel „Deutscher Pokermeister“ gerecht wird, ein ausreichendes Platzangebot überprüft und dafür sorgt, dass nur adäquat ausgebildete Croupiers zum Einsatz kommen.

Ob meine Vorschläge irgendeine Form von Gehör finden werden, steht noch in den Sternen, aber wie heißt es so schön bei unserem japanischen Autohersteller: „Nichts ist unmöglich,…“

Euer Michael