Deutschschweizer verspielen 21,5 Millionen

Gestern war der Rekord von 288 Lotto-Millionen zu gewinnen. Für Euro Millions gaben die Deutschschweizer 21,5 Millionen aus, ebenfalls ein Rekord. Profiteure sind die Kantone.

Gestern um 21.30 Uhr wurde der grösste Lottojackpot Europas, jener von Euro Millions, in Paris geknackt. Zurück bleiben nach zwölf Spielrunden und nach Wochen eines epidemieartig sich verbreitenden Wettfiebers Scharen von Ernüchterten. Allein die Deutschschweizer haben in der letzten Runde für 21,5 Millionen Franken Euro-Millions-Scheine ausgefüllt, ein neuer Rekord. Als der Jackpot Anfang September das Minimum von 23 Millionen vorwies, zahlten die Schweizer 5 Millionen für die kleine Chance auf viel Geld.

Die Schweiz ist seit zwei Jahren an dieser europäischen Lotterie beteiligt. Mit seinem Umsatz bewegt sich die Schweiz im Mittelfeld der teilnehmenden Staaten; pro Kopf sähe dies anders aus, aber es existieren dazu offenbar keine genauen Zahlen. Gespielt wird ausser in der Schweiz in acht Staaten: In Frankreich, Spanien, England, Österreich, Belgien, Luxemburg, Irland und in Portugal. Da diese Lotterie in Deutschland nicht erlaubt ist, sind in letzter Zeit auffallend viele Deutsche in die Schweiz gereist, um Scheine zu zeichnen.
Je mehr Spieler bei Euro Millions einzahlen, desto weniger nimmt das herkömmliche Schweizer Lotteriespiel Swiss Lotto ein, das ebenfalls von den Staatsmonopolisten Swisslos (Deutschschweiz, Tessin und Liechtenstein) und der Loterie Romande (Westschweiz) durchgeführt wird. In diesem Jahre generierte Euro Millions laut Swisslos-Sprecherin Regula Huber-Süess etwa 10 Prozent mehr Umsatz als Swiss Lotto: wöchentlich im Durchschnitt 7,3 Millionen bei Euro Millions gegenüber 6,7 Millionen bei Swiss Lotto. Sobald der Euro-Millions-Jackpot aber wieder kleiner werde, könne sich das Verhältnis kehren, sagt Huber-Süess. Trotzdem ist klar, dass Euro Millions Swiss Lotto in Bedrängnis bringt. Immerhin fliessen beide Gewinne aber in dieselbe Kasse.

30 Prozent gehen an die Gesellschaft

Euro Millions ist also ein sehr profitables Geschäft für die Lotteriegesellschaften. Jede von ihnen verdient übrigens an den eigenen Spielern. Das heisst: Knapp 30 Prozent des von den Schweizern einbezahlten Betrages nehmen Swisslos und die Loterie Romande als Reinertrag ein. Rund 50 Prozent werden an die Spieler ausbezahlt, und zirka 20 Prozent gehen nach eigenen Angaben hauptsächlich für den Betriebsaufwand und die Provisionen an die Verkaufsstellen weg. Der gleiche Schlüssel gilt auch für Swiss Lotto. Darüber hinaus nimmt der Staat über Steuern auf die Lottogewinne gleich nochmals Geld ein.

Die Reinertrag von Swisslos und Loterie Romande wird jeweils an die beteiligten Kantone ausgeschüttet. Der Verteilschlüssel berechnet sich nach Bevölkerung und Umsatz in den Kantonen. Das Geld soll für gemeinnützige und wohltätige Zwecke verwendet werden, wobei jeder Kanton selber entscheiden kann, was darunter zu verstehen ist. Im letzten Jahr verteilte Swisslos 309 Millionen Franken an die Kantone alleine in der Deutschschweiz und im Tessin. Um strengere Bundesregeln zu vermeiden, haben die Kantone sich auf eine interkantonale Vereinbarung geeinigt, die seit Mitte Jahr in Kraft ist.

Gefahr aus dem Internet

Die fetten Jahre der mächtigen und von Konkurrenz behüteten Lotteriegesellschaften dürften trotzdem in absehbarer Zeit vorüber sein. Gefahr droht aus dem Internet und dem Fernsehen. Vor allem in Europa tobt ein Kampf der Staatsmonopolisten gegen private Anbieter von Wetten und anderen Glücksspielen. Immer mehr bieten die Privaten im Netz Sportwetten, Lotterien und Casinospiele mit attraktiveren Gewinnquoten an als bei den Staatlichen. Auch Schweizer wetten zunehmend im Internet, was nicht verboten ist, wie Reto Brand vom Bundesamt für Justiz bestätigt. Verboten sei lediglich, solche Wetten von der Schweiz aus anzubieten.

Weil Spieler ins Internet abwandern, ist das Schweizer Sport-Toto ins Hintertreffen geraten. Die Konkurrenz ist gewaltig, und die staatlichen Gesellschaften wehren sich entsprechend heftig. Doch auch die EU drängt die Staaten zu nicht diskriminierenden Regelungen; ein Ende der staatlichen Lotterie- und Wettmonopole ist absehbar. Dann wird der Druck auf die staatlichen Gesellschaften allerdings erst recht wachsen, denn das boomende Onlinegeschäft scheinen die Privaten besser zu beherrschen. Und sollte das interaktive Fernsehen dereinst Realität werden und jeder mit der Fernbedienung mitwetten und tippen können, dürfte der Kampf um Spieler vollends gnadenlos werden. Und mit jeder neuen Spielmöglichkeit nimmt noch etwas zu: die Spielsucht.