Mit Royal Flush zum grossen Geld

Der Boom um Poker hält auch regional Einzug. Immer mehr Zocker finden den Weg in die Spielhöllen oder werden gar in Pokerkursen der Casinos geschult. Auch die Online-Glücksspiel-Branche könnte ab 2008 in Liechtenstein wachsen.

Von Patrick Burgmeier

Seit geraumer Zeit zeigen einige Sportkanäle hoch dotierte Pokerturniere wie die World Series of Poker (WSOP). Dabei geht es nicht mehr nur um Karten spielende Westernhelden, sondern um einen trendigen Denksport, bei dem einige Pokerfreaks mehr als nur ihr Taschengeld verdienen. Wie das Wirtschaftsmagazin «Cash» kürzlich berichtete, sollen bereits 220 000 bis 370 000 Schweizer vom Gamblerfieber angesteckt worden sein. Pokerprofi Rino Mathis schätzt zudem, dass es in der Schweiz rund zwei Duzend professionelle Pokerspieler gibt. Ins Rollen gebracht wurde das Ganze durch die grossen Online-Casinos wie Pokerstars oder Partypoker, die das Bluffen und Taktieren durch Millionenverträge mit den TV-Stationen direkt ins Wohnzimmer brachten und so das Interesse am strategischen Glückspiel vorangetrieben haben.

Casinos zeigen Reaktionen

In den österreichischen Casinos wurde nun im Rahmen der neuen Strukturen auch eine Poker-Initiative gestartet: Seit September bietet Casinos Austria allen Poker-Newcomern unter dem Motto «Sit&Go» die Möglichkeit, die weltweit populärste Pokervariante Texas Hold’em unter der Anleitung von Croupiers zu erlernen. Das Spiel mit dem Glück dauert rund 45 Minuten und ist die «ideale Spielvariante für alle Pokerneulinge, die fasziniert sind von den spannungsgeladenen TV-Übertragungen», sagt Bettina Strobich, Leiterin Public Relations Casinos Austria AG. «Österreichweit nehmen an den Sit&Go-Spielen an einem Freitag etwa 800 Gäste teil. Damit konnte gegenüber anderen Tagen eine Besuchersteigerung von 23 Prozent erzielt werden.»
Auch das Grand Casino St. Gallen hat sein Angebot erhöht und veranstaltet jeden Dienstag ein Texas Hold’em No-Limit-Pokerturnier. No-Limit bedeutet lediglich, dass nach Belieben gesetzt werden kann. Das Casino in Luzern gab zudem bekannt, dass ab 2007 Pokerturniere durchgeführt werden sollen.

B-Casinos eingeschränkt

Das Casino Bad Ragaz besitzt hingegen als B-Casino einen geringeren Entscheidungsspielraum als beispielsweise das A-Casino St. Gallen. «Als B-Casino ist es nur erlaubt, drei Tischspiele anzubieten. Wir bieten nebst Roulette und Black Jack einen Stud-Poker-Tisch an, an welchem die Gäste aber gegen die Bank und nicht gegen andere Gäste spielen», sagt Jürg Kugler, Geschäftsführer der Casino Bad Ragaz AG. Dadurch erhält Poker eine eher geringere Bedeutung. «Unser Aushängeschild sind die Geldspielautomaten, bei welchen wir unseren Gästen immer die neuesten Spiele anbieten. Die Slots machen rund 80 Prozent des Umsatzes aus, und von den restlichen 20 Prozent ist Roulette der stärkste Umsatzträger.»

Poker-EM in Baden

In einem grösseren Licht stand Poker dagegen vergangene Woche in der Pokerhochburg Baden bei Wien. Drei Pokerturniere lockten 780 Spieler in das grösste Casino Österreichs. European Poker Tour (EPT), Baden Open und die 17. Poker EM – insgesamt wurde um einen Pot von mehr als 2,3 Mio. Euro gezockt. 270 der besten Pokerspieler aus über 25 Nationen kämpften eine Woche lang um den Titel des Poker-Europameisters 2006. Gewinner Vlado Sevo aus Österreich kassierte rund 83 000 Euro. Dagegen konnte der Sieger des EPT-Turniers schon fast 490 000 Euro absahnen.

Geringe Einnahmen

Ob das Geschäft mit dem Poker für die Casinos eine Goldgrube darstellt, ist fraglich. Gerade bei Pokerturnieren der kleineren Art decken die Einnahmen gerade mal den Aufwand. Die Casinos verdienen nur an einem kleinen Bruchteil des Gewinn-Pots. Ob es sogar Kannibalisierungseffekte durch den Poker-Boom gibt, lasse sich erst Ende Jahr genauer sagen, so Strobich. «Ich denke jedoch, dass es sich dabei eher um Neukunden handelt, die vorher unter anderem online gespielt haben.»

«Game over» für Online-Gambler

Apropos online: Seit einer Woche sind in den USA Online-Glücksspiele im Internet verboten. Das Gesetz verbietet Kreditkartenfirmen, Banken und Bezahldiensten, Geld an die meist ausserhalb der USA ansässigen Glücksspiel-Betreiber zu überweisen. Betroffen sind rund 23 Mio. US-Bürger, die im vergangenen Jahr fast 6 Mrd. Dollar verzockt haben.
Der österreichische Anbieter Bwin, der etwa ein Fünftel seines Umsatzes im US-Geschäft erwirtschaftet hat, will sich nach der neuen Gesetzesänderung völlig aus den USA zurückziehen. Das Unternehmen begründete seinen Rückzug neben dem Risiko einer Strafverfolgung auch mit erheblichem Druck der Banken. Lichtblick bei Bwin sind die Sportwetten, die nach einem Gerichtsentscheid in Deutschland weiterhin legal angeboten werden können.
In der Schweiz sind laut Spielbankengesetz Internetcasinos nicht gestattet. «Die telekommunikationsgestützte Durchführung von Glücksspielen, insbesondere mittels Internet, ist verboten.» Weiter heisst es jedoch: «Grundsätzlich nicht strafbar macht sich, wer privat auf der Seite eines Internetcasinos spielt», das bedeutet also, dass lediglich der Betrieb und die Mitarbeit an einem solchen strafrechtlich verfolgt wird, die Teilnahme an sich aber legal ist.

Casinomarkt gesättigt?

In Liechtenstein befindet sich der Entwurf zum Spielbankengesetz noch immer in Erarbeitung. Bis zum Abschluss wird es aber mindestens 2008 werden. Ob das geplante Projekt «Hotel und Casino» («Wirtschaft regional» vom 10. Juni) im Vaduzer Zentrum tatsächlich realisiert werden kann, wird sich zeigen. Dass die Konkurrenz Skepsis zeigt, ist klar. Jürg Kugler vom Casino Bad Ragaz sieht keinen Bedarf für ein zusätzliches regionales Casino. «Die Region ist mit den vier Casinos Bad Ragaz, St. Gallen, Davos und Bregenz bereits heute schon gesättigt. Ein Casino in Vaduz würde den Umsatz nur mit Einbussen der bestehenden Casinos erwirtschaften können, da das Potenzial in der dünn besiedelten Region ausgeschöpft ist.» Insbesondere für das Casino Bad Ragaz hätte ein Casino in nächster Nähe schwerwiegende Folgen, so Kugler. «Wir müssten mit einigen Millionen weniger rechnen.»
Auf dem Onlinemarkt ist «Plus Lotto» aus Eschen das einzige Unternehmen in Liechtenstein, das eine Spezialbewilligung für eine Internetlotterie besitzt. Diese wird von der Liechtensteiner Regierung kontrolliert und autorisiert. «Plus Lotto» gehört der Internationalen Lotterie in Liechtenstein Stiftung (ILLF) – eine wohltätige Stiftung, die diverse Internetlotterien betreibt. Paul Sinclair, CEO der ILLF, attestiert Liechtenstein grosses Potenzial in Sachen Online-Gaming, vorausgesetzt das Glückspielgesetz wird 2008 in Liechtenstein erlassen.

Poker statt Englisch

Auch die Migros-Klubschule ist auf den Pokerzug aufgesprungen und bietet neu in Aarau, Basel und Bern zusammen mit den Casinos Pokerkurse an. Ein sogenannter Shiftmanager vermittelt die Grundlagen, eine Diplompsychologin weist daneben auf die Suchtgefahren hin. Die bisherigen Kursteilnehmer seien grösstenteils 20 bis 30 Jahre alt. Zudem werde bereits mit Taktikkursen geplant, hiess es bei der Klubschule. Eine Taktik, die dann am Pokertisch aufgehen kann – oder eben auch nicht.