Pläne zur Öffnung des Sportwettmarktes schlummern in den Schubladen der Ministerpräsidenten

Wenn die Ministerpräsidenten an diesem Mittwoch zu ihrer Konferenz nach Bad Pyrmont anreisen, stehen die Chancen gut, dass der Entwurf des neuen Lotteriestaatsvertrags nun doch nicht bei allen Länderchefs auf Zustimmung stoßen wird, so berichtet der FOCUS. Nach den Berichten der letzten Wochen über ein angeblich einstimmiges Votum der Ministerpräsidenten bleibt es also weiter spannend. Keiner kann die Lage derzeit realistisch einschätzen.

Seit der Verband Europäischer Wettunternehmer (VEWU) in der vergangenen Woche auf ein internes Papier vom Februar 2006 aufmerksam wurde, ist die Verwirrung perfekt. Zu dem Papier und seiner Historie: Im Juni 2005 hatte die Ministerpräsidentenkonferenz eine Arbeitsgruppe (Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz) beauftragt, angesichts des bevorstehenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts Eckpunkte für eine Neuordnung des Rechts der Sportwetten zu erarbeiten. Diese Kommission legte im Februar 2006 Empfehlungen für eine Liberalisierung des Sportwettenmarktes schriftlich vor. Da das Urteil aus Karlsruhe im März 2006 offenbar auch für die Politik nicht wie erwartet ausfiel, wurden diese Empfehlungen jedoch nie erörtert, sondern die Ministerpräsidenten stimmten auf ihrer Sitzung am 22. Juni 2006 für die Alternative, am staatlichen Wettmonopol festzuhalten.

Die Empfehlungen, die die Arbeitsgruppe in ihrem internen Papier zur Neuordnung des Rechts der Sportwetten ausgesprochen hat, sind angesichts der aktuellen Diskussion schwer zu glauben. „Die Ausführungen der Kommission lesen sich in vielen Punkten so, als hätten die privaten Anbieter sie selbst geschrieben“, kommentiert Markus Maul, Präsident des VEWU, das Papier. So stellt die Kommission einleitend fest, „dass die gesellschaftlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen im nationalen wie internationalen Bereich sowie die Globalisierung durch die Fortentwicklung der Kommunikationstechnologie (…) eine Überprüfung und Neuordnung des Rechts der Sportwetten (…) erfordern“. Darüber hinaus ist in dem Papier die Rede von einer dualen Wettordnung mit gleichen Rahmenbedingungen für private und staatliche Wettanbieter, von der Notwendigkeit einer Besteuerung, die international wettbewerbsfähig ist und eine nachhaltige Sportförderung ermöglicht und von einer Erschließung der bislang den Sportveranstaltern nicht zugänglichen Wertschöpfung. Der Vorschlag der Kommission, dass „Bund und Länder …im Rahmen ihrer Zuständigkeiten mit einem nationalen Ordnungsrahmen … Vorbild für vergleichbare Regelungen auch in den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sein (sollten)“, ist für Markus Maul ein bemerkenswerter Satz. „Im Februar wollte man noch eine Vorbildfunktion innerhalb der EU übernehmen. Zwischenzeitlich hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil es gegen die Richtlinien des EG-Vertrags verstößt. Ungeachtet dieser Abmahnung beharrt die Politik jedoch weiter auf ihrem Glücksspielmonopol. Die Glaubwürdigkeit der Politik sinkt gegen Null.“, so Maul.

Mit diesen internen Empfehlungen zur Neuordnung des Wettmarktes werden alle aktuellen Argumente der Politik für den Erhalt des Staatsmonopols ad absurdum geführt. Das zentrale Argument der Spielsuchtprävention ist nur vorgeschoben und keineswegs vorrangiges Anliegen der Politik. Wie sonst hätte die Arbeitsgruppe noch im Februar 2006 solch liberale Empfehlungen aussprechen können? Der Verband Europäischer Wettunternehmer bedauert sehr, dass diese konstruktiven Ideen aus den Reihen der Politik nie in die Öffentlichkeit gelangt sind, sondern in den Schubladen verstauben mussten.

Vielleicht haben ja ein paar Regierungschefs den Mut, dieses Papier wieder auszugraben und sich gegen einen Staatsvertrag auszusprechen, der aufgrund einer rigiden Einschränkung von Werbung und Vertrieb für alle Glücksspielangebote den Ländern herbe Einnahmeverluste bescheren und u.a. die künftige Finanzierung des Sports und anderer gemeinnütziger Einrichtungen erschweren wird.

Verband Europäischer Wettunternehmer (VEWU) www.vewu.com
Ingrid Sebald