Verhandlungen zur Gründung des 888 Pokerteams endgültig gescheitert

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


Eine triviale Posse in 3 Akten

Im vergangenen Februar deutete sich erstmals an, dass ein lange geplantes und gehegtes Projekt Realität werden könnte. Die Gründung eines deutschen Pokerteams, das auf internationaler Ebene bei erstklassigen Wettbewerben an den Start gehen könnte. Was in den vergangenen Jahren der Hendon Mob, Full Tilt Poker und Ultimate Bet mit ihren jeweiligen Spielerteams sehr erfolgreich praktizierten, sollte nun auch in Deutschland aus der Taufe gehoben werden. Das Spielerpotential ist zweifellos vorhanden und endlich einmal deutsche Gesichter in internationalen Spitzenevents zu sehen, die bei DSF und Eurosport übertragen werden, würde sicherlich nicht gerade zur Senkung der Zuschauerquote führen.

1. Akt

Nach der exzellenten Performance des deutschen Teams beim Poker Nations Cup in Cardiff sprach uns der Deutschlandmanager von 888, Todd Kobrin, an, ob wir uns nicht vorstellen könnten, als Pokerteam bei großen Turnieren Deutschland und natürlich auch 888 zu repräsentieren. Bei den Repräsentanten sollte es sich um Katja Thater, Andreas Krause, Roland Specht und meine Person handeln. Noch am letzten Abend in Cardiff wurden in einer dreistündigen Besprechung die Rahmenbedingungen abgesteckt. Todd beauftragte uns mit der Erstellung eines Konzeptes, einer Übersicht der in Frage kommenden Turniere und eines Budgetplans. Voller Enthusiasmus gingen wir die neue Aufgabe an.

2. Akt

Roland Specht In den nachfolgenden Wochen glänzten wir vorwiegend durch eifrige PR-Arbeit für 888. Katja gab unzählige Interviews in den verschiedensten Magazinen (immer in Bezug auf 888), Roland und ich traten bei etlichen Liveveranstaltungen als 888 Repräsentanten auf und wir alle wurden nicht müde, unser Umfeld mit unserer Begeisterung für 888 und Pacific Poker anzustecken. Gelegentliche Nachfragen bei unserem Sponsor mit der Bitte, die Zusammenarbeit endlich auch in Form eines schriftlichen Vertrages zu formulieren, wurden lapidar beantwortet, dass der Vertrag nur eine reine Formsache sei und in allerkürzester Frist vorliegen werde. Zwischenzeitlich erhielten Katja und ich bereits unabhängig voneinander 2 Angebote weiterer Firmen für eine umfangreiche Zusammenarbeit, die wir jedoch aus Loyalität zu 888 ablehnten.

3. Akt

Nachdem das Datum des ersten großen Events, die World Heads Up Championship in Barcelona immer näher rückte und noch kein schriftlicher Vertrag vorlag, wurden unsere Anfragen intensiver und gleichermaßen unsere Verwunderung über den Grad an Unprofessionalität seitens 888 immer größer. Am Freitag, dem 12. Mai wurde uns schließlich das konkrete Angebot übermittelt. Andreas Krause und Roland Specht wurden komplett aus dem Team wegrationalisiert, das Angebot für Katja und mich lag bei ca. 10 % des ursprünglich vereinbarten Budgets. Wir hätten gerade mal ein großes Turnier spielen können!
Keine Frage, dass wir mit einer kategorischen Ablehnung antworteten.

Schlussbemerkung

Anstelle eines eigenen Kommentars zur Firmenpolitik des börsennotierten Branchenriesens 888 überlasse ich das Wort meinen beiden Teamkollegen Katja Thater und Roland Specht, deren Aussagen ich mich jedoch inhaltlich voll anschließen kann.

Katja Thater:

Katja Thater Das Angebot von 888 ist für mich völlig inakzeptabel. Ich vertraute 888 und hörte wiederholt in den vergangenen Monaten: „Sei unbesorgt, Du bekommst einen guten Vertrag.“ Ich bin gewohnt, professionell zu arbeiten und 888 konnte dies täglich während unserer Kooperation sehen und sie konnten die Resultate meiner Arbeit ernten, ohne einen Pfennig dafür zu bezahlen. Ich habe nicht in erster Linie selbst nach einem Sponsorvertrag Ausschau gehalten, sondern 888 kontaktierte mich für das deutsche Pokerteam. Nun sieht alles wie heiße Luft aus. Die Belohnung für meine perfekte Arbeit ist ein Schlag ins Gesicht.“

Roland Specht:

„Was ich in den letzten 3 Monaten an Zeit und Energie in das Thema 888 investiert habe, was uns zugesagt und versprochen und was davon eingehalten wurde, nämlich nichts, spottet jeder Beschreibung. In meinen Augen haben wir es mit einem Unternehmen im Bereich Poker zu tun, welches doch sehr amateurhaft geführt wird. Ich vermute, dass der Deutschland-Manager seinen Kompetenzbereich bei Weitem überschritten hat. Vielleicht war alles keine böse Absicht, nur die Form des Vortrags (nicht enden wollende Konzepte und Analysen) war doch ein sehr stilloses Hinhaltemanöver.

Welche Art von Überlegungen und Diskussionen hinter den Vorstandstüren von 888 stattgefunden haben, um ein derart übles Spiel mit uns zu treiben, kann ich nicht beurteilen.
Mit Sicherheit kann ich aber sagen, dass hier eine Riesenchance für die Entwicklung des deutschen Pokermarktes verpasst wurde. Unser Team ist kompetent und ergänzt sich perfekt. Die Einschaltquoten bei TV Übertragungen mit deutscher Beteiligung würden sich glatt verdoppeln, ein Phänomen, was in den vergangenen Jahren bei den verschiedensten Sportübertragungen immer wieder deutlich nachvollzogen werden konnte. Die deutsche Pokerszene wäre aus der Anonymität herausgekommen und 888 hätte ganz nebenbei seine Marktanteile signifikant steigern können. Und was bleibt jetzt als Resultat der gesamten Arbeit? 888 hat durch uns einige Hundert Neukunden gewinnen können, für unser Pokerteam steht am Ende: Außer Spesen nix gewesen!“

Euer Michael

Anmerkungen sind jederzeit unter info@michaelkeiner.de hochwillkommen!