Portugal im Spielfieber

Einweihung eines Kasinos in Lissabon

In Portugal, wo die Wirtschaft seit Jahren kriselt und die Arbeitslosigkeit im Aufwind ist, sorgte in diesen Tagen eine ungewöhnliche Investition für Schlagzeilen. Für 109 Millionen Euro hat die Gesellschaft Estoril Sol in Lissabon ein neues Spielkasino eröffnet. Zu den Hauptfiguren bei der Einweihung mit Glanz, Glamour und viel Prominenz zählte der über 80-jährige Haupteigner der Betreibergesellschaft, Stanley Ho, der als Kasino-Magnat des einst portugiesischen und jetzt chinesischen Fernost-Territoriums Macao bekannt ist. Mit von der Partie waren auch mehrere Minister. Immerhin versprechen die Betreiber des neuen Kasinos, das im Osten von Lissabon auf dem Gelände der Weltausstellung «Expo 98» entstand und auch ein breit gefächertes Kulturprogramm bieten will, 500 direkte und 1500 indirekte Arbeitsplätze.

Eine krisenfeste Branche

Erwartet werden 6000 Besucher pro Tag oder 2 Millionen pro Jahr. Wenig mehr als 30 Kilometer entfernt betreibt das gleiche Unternehmen zwar schon das legendäre Kasino des Seebades Estoril. Und doch soll sich das Kasino von Lissabon seinen eigenen Markt erschliessen. Selbst die Beschäftigten der umliegenden Büros können nach der Arbeit nun ihr Glück beim Roulette oder an einem der 800 Spielautomaten versuchen. Während dem Fiskus saftige Steuereinnahmen winken, profitiert auch die Stadt. Als Gegenleistung für die neue Konzession versprach Estoril Sol vorab 30 Millionen Euro für Projekte im Bereich von Kultur und Sport. Portugal hat zurzeit neun Spielkasinos. Für insgesamt vier weitere Kasinos auf dem Festland sowie in den Inselregionen Azoren und Madeira wurden bereits Konzessionen erteilt. Über mangelnden Zustrom machen sich die Betreiber allem Anschein nach keine Sorgen. Von Krisenstimmung ist in dieser Branche trotz – oder vielleicht gerade wegen – der schwierigen wirtschaftlichen Lage wenig zu spüren.

Das Spiel als Wirtschaftsfaktor

Im Jahr 2005 summierten sich in Portugal die Einsätze bei legalen Spielen und Wetten auf fast 3,1 Milliarden Euro, rund 2,1 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Über die Umsätze von illegalen Etablissements oder Online-Kasinos gibt es keine offiziellen Schätzungen. Auf eine Rekordhöhe von über 1,5 Milliarden Euro kletterten im letzten Jahr derweil die Einsätze in den konzessionierten Kasinos und Bingo-Salons.

Ebenfalls mehr als 1,5 Milliarden Euro betrugen die Ausgaben für Lotterien, Lotto-Spiele, Fussball-Toto und Rubbellose. Eine regelrechte «Euromillionen»-Euphorie bescherte diesem Spiel im letzten Jahr ein Plus von 51 Prozent. Vor allem wenn es Jackpots zu knacken gibt, sind freitags die langen Schlangen vor den Annahmestellen unübersehbar. Nach Angaben der gemeinnützigen Organisation Santa Casa de Misericórdia de Lisboa, die bei diesen Spielen federführend ist und die Überschüsse für soziale Zwecke verteilt, hat der Erfolg dieses grenzüberschreitenden Lottospiels «alle Erwartungen übertroffen».