NRW-Innenminister Dr. Ingo Wolf zum staatlichen Sportwettenmonopol

Pressemitteilung des Innenministerium Nordrhein-Westfalen vom 6. April 2006 (www.im.nrw.de)

Plenarrede von Innenminister Dr. Ingo Wolf vom 06.04.2006 anlässlich der Aktuellen Stunde „Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 zum staatlichen Sportwettenmonopol“

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 28. März 2006 festgestellt, dass das staatliche Sportwettenmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nicht vereinbar ist. Das beklagte Land Bayern muss daher bis zum 31.12.2007 entweder präzise gesetzliche Regelungen zur Bekämpfung der Spielsucht erlassen oder private Wettunternehmen zur Veranstaltung von Sportwetten zulassen. Ein verfassungsmäßiger Zustand kann damit auf zwei Wegen erreicht werden: Entweder durch eine konsequente Ausgestaltung des derzeitigen Wettmonopols, die sicherstellt, dass das Monopol wirklich der Suchtbekämpfung dient. Als verfassungsrechtlich ebenso zulässige Alternative kommt auch eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Wettunternehmen durch private Veranstalter in Betracht. Unabhängig davon, für welche dieser Alternativen sich die bayerische Landesregierung entscheidet, muss die Werbung für die staatliche Sportwette ODDSET unverzüglich deutlich zurückhaltender betrieben werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat darüber hinaus entschieden, dass in Bayern bis zu einer gesetzlichen Neuregelung des bayerischen Sportwettengesetzes die bisherige Rechtslage anwendbar ist. Die Ordnungsbehörden, die bislang mit Rücksicht auf schwebende Gerichtsverfahren den Vollzug von Ordnungsverfügungen ausgesetzt haben, können diese in der „Übergangsfrist“ bis zum 31.12.2007 vollstrecken.

Eine Neuregelung des Rechts der Sportwetten kommt nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich sowohl durch den Bundes- wie durch den Landesgesetzgeber in Betracht.

Die Landesregierung ist sich bewusst, dass das Urteil unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen hat. Das nordrhein-westfälische Sportwettengesetz sieht – bei allen Unterschieden im Wortlaut einzelner Regelungen – ebenso wie das bayerische Sportwettengesetz ein Staatsmonopol vor. Träger eines Wettunternehmens kann nach § 1 Abs.1 Satz 2 Sportwettengesetz NW nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des privaten Rechts sein, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören. Zwar sieht § 4 Abs. 2 des Gesetzes vor, dass ein Teil des durch Sportwetten erzielten Gewinns für Hilfeeinrichtungen für Spielsüchtige zu verwenden ist. Den weitergehenden Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an einen effektiven Spielerschutz trägt das Sportwettengesetz dagegen nicht Rechnung. Es enthält insbesondere keine Vorschriften zur Begrenzung der Werbung.

Die Landesregierung ist sich darüber hinaus des Umstands bewusst, dass das Bundesverfassungsgericht dem Ziel, Spielsucht effektiv zu bekämpfen, eine große Bedeutung beimisst. Sie weiß auch, dass das mit großer Spannung erwartete Urteil erhebliche Auswirkungen auf die Finanzierung des Sports und anderer öffentlicher Belange haben kann, die zur Zeit aus den Erträgen der staatlichen Sportwette „ODDSET“ gefördert werden.

Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich am 30. März 2006 mit dem gesetzgeberischen Handlungsbedarf befasst. Sie erwarten, dass die zuständigen staatlichen Stellen die vom Bundesverfassungsgericht für die Übergangszeit bis zu einer Neuregelung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten gemachten Vorgaben für das staatliche Wettangebot beachten und gegen illegale Sportwettanbieter einschließlich ihrer Werbung konsequent vorgehen.

Vor diesem Hintergrund wird die Landesregierung vorschlagen, das Sportwettengesetz innerhalb der durch das Bundesverfassungsgericht gesetzten Übergangsfrist zu ändern. Sie wird den Vollzug des geltenden Rechts unverzüglich an die Vorgaben des Urteils anpassen.

Das Innenministerium wird zeitnah prüfen durch welche Maßnahmen die Vorgaben des Urteils umgesetzt werden können, die Belange eines effektiven Spielerschutzes bei der Veranstaltung der Sportwette ODDSET zu gewährleisten. Zu diesem Thema findet ein erstes Gespräch mit dem Unternehmen Westlotto in dieser Woche statt. Die dem Unternehmen erteilten Auflagen sollen anschließend ergänzt werden. Die Bezirksregierungen sollen gebeten werden, die Ordnungsverfügungen, deren Vollzug auf Wunsch der Gerichte bislang ausgesetzt war, nunmehr zügig zu vollstrecken und konsequent gegen die illegale Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten vorzugehen.

Eine Arbeitsgruppe der Glücksspielreferenten der Länder wird in der nächsten Woche der Frage nachgehen, welcher konkrete Handlungsbedarf sich aus der Urteilsbegründung für bundesweite gesetzliche Regelungen ergibt, die gegebenenfalls durch einen Staatsvertrag der Länder zu treffen sind.

Die Landesregierung wird im übrigen sorgfältig prüfen, für welche der beiden Alternativen sie sich entscheidet, die das Bundesverfassungsgericht als rechtlich zulässig ansieht. Bei der Prüfung, die eine sorgfältige Abstimmung zwischen den mit der Veranstaltung von Glücksspiel befassten Ressorts erfordert, wird sie sich unter anderem von der Frage leiten lassen, wie die Regelungskompetenz der Länder auf Dauer gesichert werden kann. Zugleich wird sie sich dafür einsetzen, die finanziellen Einnahmen für die Finanzierung des Sports und anderer öffentlicher Belange, die bislang aus den Erträgen der staatlichen Sportwette „ODDSET“ gefördert werden, auf dem aktuellen Niveau zu erhalten.