3 goldene Tage im Casino Schenefeld

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


Nachdem die Pokercrew des Casinos Schenefeld bei Hamburg bereits im November 2005 die „neue“ deutsche Meisterschaft so überzeugend organisierte, konnte und wollte ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, bei nächster sich bietender Gelegenheit dort wieder einzufallen. Beste Gelegenheit bot sich anlässlich einer kleinen No Limit Holdem Turnierserie, die vom 09.03 bis 11.03.06 dort veranstaltet wurde. Die positiven Erfahrungen vom letzten Spätherbst haben sich natürlich in Windeseile in der deutschen Pokerszene herumgesprochen, so dass die zur Verfügung stehenden Plätze an den 6 Tischen schon 3 Wochen vor Veranstaltungsbeginn restlos ausgebucht waren. Glücklicherweise reagierte unsere Teamkollegin Katja Thater sehr schnell und reservierte 4 Plätze, damit das Team 888 mit Katja, Andreas, Roland und mir geschlossen antreten konnte. Halt, so ganz stimmt dies auch wieder nicht. Roland Specht lag bei der over all Wertung im Rahmen der Bad Homburger Turnierserie in aussichtsreicher Position, so dass er auf den ersten Event in Schenefeld verzichten wollte, um seine Ambitionen in Bad Homburg ausleben zu können. Weise Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte, denn Roland gewann den Event in Bad Homburg souverän und führt jetzt klar die Gesamtwertung an. Well done!!!

Alle Turniere wurden als No Limit Holdem Events ausgetragen, das buy in am Donnerstag lag bei 100,- EUR, gefolgt von einem 200,- EUR Turnier am Freitag und einem 300,- EUR Turnier am Samstag. Für den 1. Tag wurde eine Entry Fee von 10,- EUR und für Tag 2 und 3 jeweils 20.- € erhoben. Unglaublich, was für diesen bescheidenen Obolus von unseren Gastgebern alles geboten wurde. Softdrinks und Kaffee gab es gratis, dazu jede Menge Snacks und obendrein noch ein super Buffet in der Turnierpause, welches die Pokergäste bei dem im gleichen Gebäude ansässigen Italiener genießen durften. Das Preis/Leistungsverhältnis bekommt von mir eine 1 mit Sternchen.

Meine Kritik am Zeitplan der deutschen Meisterschaft ist bei dem Turnierdirektor, Herrn Markus Jost auf offene Ohren gestoßen und diesmal wurden wir Turnierjunkies mit etwas verlängerten Zeitfenstern und humaner ansteigenden Limits konfrontiert. Der neu gewählte Rahmen bot wirklich Zeit zum Entwickeln einer vernünftigen Turnierstrategie. Überhaupt haben die Mitarbeiter deutlich unter Beweis gestellt, dass sie für Anregungen aus dem Kreis der Gäste immer ein offenes Ohr haben und jeden gut gemeinten Rat gerne annehmen.

Das erste Turnier war mit 63 Spielern komplett ausgebucht und ging relativ pünktlich um 20.30 Uhr los. Endlich lief alles wieder einmal wie am Schnürchen für mich, relativ gute Karten zum richtigen Zeitpunkt und durch den Schenefelder „Wohlfühlfaktor“ geschärfte Sinne halfen mir, meinen Weg durch das Turnier zu finden und schließlich kam ich als deutlicher Chipleader ziemlich stressfrei an den Finaltisch. Hier hatte ich dann den Vorteil, dass meine Mitspieler meinen Türmen an Jetons doch relativ viel Respekt zollten und konsequent jede Konfrontation mit mir vermieden. Nach altbewährter Taktik vermied ich fast jeden Showdown, sammelte in aller Ruhe eine Menge Blinds ein und überließ die harten Konfrontationen den Anderen. Als es schließlich zur Heads up Situation kam, stapelten sich vor mir etwa 75 % aller Chips. Um 3.50 Uhr morgens war es dann endlich soweit: mein Mitspieler geht all in und mit König Dame calle ich recht schnell seinen Move. Er zeigt mir Dame Bube und diesmal hält meine Hand. Ich kann Euch versichern, es ist ein unglaublich schönes Gefühl, nach so einer langen Durststrecke wieder mal ein Turnier zu gewinnen.

Angespornt durch den Erfolg, ging ich Tag 2 ebenfalls recht optimistisch an. Leider hatte der erneute Wintereinbruch in Deutschlands Norden einigen Leuten die Lust am Turnier etwas genommen. Schenefeld ähnelte nach 24 Stunden ununterbrochenen Schneefalls mehr einem Wintersportort in den Hochalpen, so dass leider nur 54 Teilnehmer den Weg ins Casino fanden. Mit etwa halbstündiger Verspätung ging das Turnier los und anfangs erschien es mir wie eine Wiederholung des Vortages. Scheinbar mühelos bahnte ich mir meinen Weg durch das Feld, wenngleich auch eine Durststrecke an spielbaren Händen in Kombination mit einigen „unbluffbaren“ Gegnern kaum Platz ließen, mehr als durchschnittliche Jetons anzusammeln. Als wir noch 11 Spieler waren, bahnte sich der unvermeidliche Showdown an. Ich war im Big Blind, alle folden zum Button und der raist mich von 1.500 auf 5.000. Meine Hole Cards geben mir den Blick auf ein entzückendes Paar 6 frei und ich gehe mit 22.000 all in. Wieder Erwarten callt mein Gegner in Sekundenfrist und dreht dabei eine As 3 offsuit Kombination um. Gar nicht mal so übel, ich habe immerhin 70 % Siegchancen. Der Flop und Turn sehen noch prima aus, doch ein As am River schickt mich leider an die Auslinie. Tröstlich, das wenigstens 2 meiner 888 Teamkollegen den Finaltisch erreichten. Andreas wurde 7. und Roland, der sich ebenfalls wieder in ausgezeichneter Form präsentierte, wurde mit einem 3. Platz belohnt.

56 Spieler traten am Samstag zum dritten und zugleich lukrativsten Turnier an. Erneut war der Beginn und Mittelteil des Turniers recht einfach zu handhaben, in der Endphase wurde ich dann allerdings bei einigen Bluffversuchen recht kalt erwischt und musste mehrmals meine Hand aufgrund eines kräftigen Reraise aufgeben. Als bei noch 13 verbliebenen Spielern der Finaltisch erneut in greifbare Nähe rückte, kam es schließlich zum perfekten Deja vu. Alle Spieler folden zum Button und der macht sich gar nicht erst die Mühe eines adäquaten Raise, sondern geht sofort mit 17.000 an Chips all in. Ich kann den Stehlversuch förmlich riechen und As Dame in Herz, diesmal im small Blind, sind mehr als genug, um ohne weitere Überlegung zu callen. Der Big Blind wirft weg und der Buttonspieler gibt mir mit As 9 offsuit zumindest das klare Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Für die Statistiker: meine Hand hat 75 % auf Sieg. Aber, Ihr könnt es Euch schon denken, natürlich erscheint eine 9 im Flop, während die Dame zu schüchtern ist, auch noch ihren Weg in das Board zu finden. In Hamburg sagt man „Tschüss…“ Und ratet mal, wer das Turnier gewonnen hat; natürlich mein Mitspieler, der mich mit As 9 aus dem Turnier befördert hat.

Euer Michael