Casinos als Entertainment-Zentren

Der Vorstandsvorsitzende der NovomaticAG, Dr. Franz Wohlfahrt, im „FORMAT“ –Interview (Format 51-52/05) mit Mag. Michaela Knapp über die Trends im internationalen Glücksspielbusiness.

Format: Live-Games wie Roulette, Black Jack oder Poker sind weltweit rückläufig. Rund 70 % der Spielbankenerträge werden derzeit mit Hightech-Slotmaschinen und interaktiven Games erwirtschaftet. Wie erklären Sie sich diesen Trend?

Wohlfahrt: Die soziokulturellen Rahmenbedingungen haben sich einfach geändert. Die Generation der Spieler, die ausschließlich Live-Games gewohnt waren, ist älter geworden. Und die jüngere Generation ist bereits mit TV, PC und Internet aufgewachsen und bevorzugt diese Vertriebsschiene. Dennoch: Das Live-Spiel wird zwar in Teilbereichen von den Automaten substituiert, aber immer ein Kernbereich des Spielbankenwesens bleiben.

Format: Sie haben vor acht Monaten Europas größtes Wettcasino, das im ägyptischen Stil gehaltene „Casino Admiral Prater“ eröffnet, das auf eine höchst erfolgreiche Besucherquote verweisen kann.

Wohlfahrt:
Wenn man sich die Besucherfrequenz und Struktur anschaut, ist das eine Stätte des Vergnügens, für Alt und Jung und durchaus ein Standard, an den wir uns auch künftig halten werden. Vor allem der weibliche Anteil der Kunden konnte gesteigert werden, weil Frauen in der gehobenen Atmosphäre unseres Entertainmentcenters keine Berührungsängste haben und die angebotenen Spiele immer anspruchsvoller werden. Aber auch Touristen, die den Prater frequentieren, besuchen das Casino – und viele Gäste einfach um gut zu essen. Ein perfektes Konzept.

Format: Ein Leitbild für Folgeprojekte?


Wohlfahrt:
Das Konzept wird natürlich in anderen Staaten umgesetzt, geplant sind vorerst Slowenien und Kroatien. Wann in Österreich ein zweiter Betrieb startet, ist noch nicht fixiert. Wichtig ist uns, zu zeigen, dass die Glücksspielindustrie als Teil der Freizeit- und Unterhaltungsindustrie zu sehen ist, wo sich Menschen, abseits von ihren Alltagssorgen in eine angenehme Welt versetzt fühlen. Man muss dem Kunden mehr bieten, als die reine Dienstleistung. Wir veredeln das Glücksspiel mit Qualität und Niveau.

Format: Verführt die herrschende Ruhmsucht auch zum Glücksspiel?


Wohlfahrt:
Das wirklich große Geld gibt es nur im Lotteriebereich und in den Casinos. Bei uns kann man mit Kleineinsätzen Kleingewinne erzielen. Wir verkaufen Unterhaltung und angenehme Zeit und nicht die Chance auf den Millionengewinn. Daher sind wir mehr im Entertainment- Bereich. Der Trend wird dann wieder vom Internet weggehen, wenn man merkt, dass das Spielen ohne Kommunikation und Austausch mit anderen Menschen doch nicht soviel Spaß macht. Auch Sportwetten in gehobener Atmosphäre erfreuen sich derzeit schon großer Beliebtheit, weil man nicht nur die Möglichkeit hat, seine Wetten zu platzieren, sondern auch die Ereignisse mit Freunden live erörtern und diskutieren kann. Da entstehen neue Communitys. Das Wettcafé hat sich zum Kommunikationszentrum entwickelt. In Österreich besuchen etwa sieben Prozent der Bevölkerung Wettlokale. In Großbritannien sind es derzeit 70 Prozent. Da gibt es noch genügend Potenzial.

Format: Die österreichischen Casinos hingegen melden einen Besucherrückgang um 5 Prozent. Wie ist ihr derzeitiges Verhältnis zum Monopolisten?

Wohlfahrt: Absolut friktionsfrei. Wir haben eine sachliche Geschäftsverbindung. Ein Drittel aller Automaten in den Spielbanken in Österreich kommt ja aus unserer Produktion.

Format: Sie sind unbestrittener Technologieführer im Spielautomatenbau, produzieren sozusagen die „Ferraris“ der Branche.

Wohlfahrt: Man kann uns durchaus mit der Autoindustrie vergleichen. Wir sind im Premium-Segment wie Audi, Mercedes oder BMW vertreten. Dieser Status rechtfertigt auch Premium-Preise zwischen 10.000 und 20. 000 Euro. Unser teuersten Apparate, die Multiplayer- Anlagen, kosten rund 250.000 Euro.

Format: Die Novomatic-Group feierte heuer ihr 25jähriges Bestehen. Hinter der spanischen Cirsa-Gruppe sind Sie Europas zweitgrößter Glücksspielkonzern. Wie schaut der weitere Expansionskurs aus?

Wohlfahrt: Ziel ist natürlich, Nummer eins zu werden, nicht mit Gewalt, sondern mit nachhaltigem Wachstum. Das bedeutet, dass wir unsere Marktpräsenz verstärken müssen, vor allem in den neuen Beitrittsländern.

Format: Was ist mit dem asiatischen Markt?

Wohlfahrt: Den beobachten wir natürlich intensiv, er ist allerdings noch sehr eingeschränkt, weil Glücksspiel nur in sehr wenig Jurisdiktionen erlaubt ist. Aber in Singapur gibt es Ausschreibungen für zwei Spielbanken und wir sehen da durchaus Absatzmärkte für unsere Automaten.

Format: „Vorsprung durch Innovation“ ist ein Slogan Ihres Hauses. Zehn Prozent des Produktionsumsatzes gehen in die Forschung. Was bringt das?


Wohlfahrt:
Der Spiele-Zyklus wird immer schneller, bestehende Spiele werden in immer rascherer Frequenz durch neue ausgetauscht. Um wettbewerbsfähig zu sein, muß man die aktuellsten und beim Publikum am besten ankommenden Spiele entwickeln. Dazu gehört intensive Forschungstätigkeit. Wir werden das Segment Entwicklung als eines unserer Kernkompetenzzentren noch verstärken. Das wird unseren Weg zur Nummer Eins begleiten.

Format: Wohin geht die technologische Entwicklung

Wohlfahrt:
Ich sehe die Entwicklung zu Videolotterie-Terminals – das sind mit einem zentralen Server vernetzte Spielautomaten. Ein weiterer Bereich, der künftig eine Rolle spielen wird, ist das interaktive Fernsehen: Wenn die Technik soweit ist, wird das Fernsehen für bestimmte Glücksspielsegmente wie Bingo oder kleine Automatenspiele ein interessanter Vertriebskanal sein.

Format: Wo liegt diesbezüglich, wie auch im Internet-Bereich, noch die Regulierbarkeit?

Wohlfahrt: Es wäre schon ein Durchbruch wenn die europäische Union nachdem das Glücksspiel zu Recht nicht in die Dienstleitungsrichtlinie einbezogen wurde, eine spezielle Glücksspielrichtlinie erließe, in der man einheitliche Rahmenbedingungen schafft, was die Qualifikation, die Bonitätsausstattung und die technische Spezifikation des Glücksspielequipments der Marktteilnehmer betrifft und auch die Spielerschutzvorschriften. Ich schätze, dass so eine grundsätzliche Entscheidung der EU 2007 fallen wird.
Ich glaube, dass der Markt die Spreu vom Weizen trennen wird. Und dass, wie die Praxis in anderen bisher monopolisierten Breichen gezeigt hat, ein vielfältiges Angebot letztlich zu günstigeren Konditionen für den Konsumenten führen wird. Die Ausschüttungsprozentsätze der Glücksspielveranstalter werden zu Gunsten der Spielteilnehmer erhöht werden.

Format: Welches Spiel bevorzugen Sie als Privatmann?

Wohlfahrt: Schach. Das spiele ich auf allen Vertriebskanälen, und seit einem halben Jahr auch auf der Internet-Seite www. schacharena.de.