Warum Sportler, Fans und Funktionäre mit Argusaugen nach Karlsruhe schauen

Von Heinz Marciniak

Wenn das Bundesverfassungsgericht am kommenden Dienstag mit einer Anhörung das Verfahren zum „Lotterie- und Sportwetten-Wesen“ eröffnet, schauen Sportlerinnen und Sportler, alle sportbegeisterten Fans und die Sportpolitiker des Landes mit Argusaugen nach Karlsruhe.

Was steht vor dem höchsten deutschen Gericht auf dem Prüfstand?

Eine private Buchmacherin beantragt, das per Staatsvertrag gewährte Monopol für den Deutschen Lotto- und Totoblock der Länder zu untersagen und private Anbieter zuzulassen. Mit einer Entscheidung wird voraussichtlich Anfang 2006 zu rechnen sein.

Für den gemeinnützigen Sport in Sachsen-Anhalt wäre eine Entscheidung im Sinne der Klägerin Existenz bedrohend. Von den etwa 11, 7 Millionen Euro, die wir als Landessportbund jährlich für Sportförderung in unseren 3196 Sportvereinen zur Verfügung haben, kommen allein 8, 5 Millionen aus der Konzessionsabgabe von Lotto an das Land Sachsen-Anhalt.

Diese stabile Finanzierung von Seiten des Landes halte ich für gefährdet, sollte der Sportwettenmarkt künftig für jeden privaten Anbieter, auch aus dem Ausland, geöffnet werden. Ohne Lottomittel wären zahlreiche Projekte im Breitensport, in der Kinder- und Jugendarbeit, der Nachwuchsförderung sowie im Behindertensport massiv gefährdet.

Lotto Sachsen-Anhalt förderte darüber hinaus aus den Zweckerträgen in den letzten 14 Jahren rund 1100 Sportveranstaltungen sowie die Vereinsarbeit im Land mit insgesamt fast 21 Millionen Euro. Sportveranstaltungen wie jüngst der Magdeburg-Marathon mit über 4000 Teilnehmern oderdie vom 9. bis 13. November in der Bördelandhalle stattfi ndenden „German Open“, zu der die Weltelite im Tischtennissport in Sachsen-Anhalt erwartet wird, wären ohne Lotto-Unterstützung aus den Zweckerträgen nicht denkbar. Bei dieser Konstellation wage ich gar nicht darüber nachzudenken, was passieren würde, wenn die Lotto-Quelle für den Sport in Sachsen-Anhalt versiegen würde.

Viele Sportler sind auch begeisterte Sportwetter. Da wird nach dem eigenen Punktspiel schon mal im Vereinslokal auf den Ausgang der aktuellen Bundesligaspiele getippt. Oft hört man dabei Unverständnis darüber, dass die Gewinnquoten beim ODDSET schlechter sind als bei so manchem privaten Anbieter.

Wenn man aber die oben erwähnten Lotto-Abgaben an das Land für gemeinnützige und wohltätige Zwecke vergleicht mit beispielsweise 0, 18 Prozent Steuern, die ein in Deutschland und Europa agierender Wettanbieter mit Sitz in Gibraltar abzuführen hat, ist schnell klar, warum dabei bessere Quoten für den Tipper entstehen. Das Argument der privaten Wettanbieter zur Öffnung des Marktes verkehrt sich da schnell ins Gegenteil. Als Sportler würden wir sagen, das ist unfair und hat nichts mit Chancengleichheit für alle Wettbewerber zu tun.

Wenn nun aber ein Sportfreund wegen der besseren Quote irgendwo in Europa und nicht in Sachsen-Anhalt wettet, kann sein Spieleinsatz oder ein Teil davon auch nicht dem Sport hierzulande zugute kommen. Letztendlich könnte das zum Aus für so manches Sportvorhaben führen.

Zum Glück ist die Gesetzeslage hierbei in Sachsen-Anhalt klar geregelt. In Sachsen-Anhalt ist das Wetten auf den Ausgang von Sportveranstaltungen nur bei ODDSET, dem Sportwettenanbieter von Lotto-Toto, erlaubt.

Mut machen uns auch die jüngsten Urteile zum Thema Sportwetten in Deutschland und Europa. So bestätigte das Bundesverfassungsgericht vor wenigen Tagen das Verbot unerlaubter Sportwetten in Sachsen-Anhalt. Private Vermittler von Sportwetten aus Halle und Magdeburg hatten dagegen geklagt.

Auch das oberste belgische Gericht hat kürzlich das staatliche Glücksspielmonopol im Land für europarechtskonform bestätigt. In der veröffentlichten deutschen Übersetzung heißt es, ausschließlich die staatlich veranstaltete und kontrollierte Nationallotterie habe das Recht, Wetten, Glücksspiele und öffentliche Lotterien über das Internet anzubieten.

Der belgische Schiedshof bezog sich in seiner Entscheidung auch auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft. Ausdrücklich bestätigt wurde, dass Belange des Allgemeinwohls eine Beschränkung der durch den EG-Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten des freien Wettbewerbs erfordern.

Ich bin mir sicher, dass der organisierte Sport, der in Karlsruhe am 8. November durch den Deutschen Sportbund vertreten sein wird, in dieser Diskussion Stimme und Gewicht findet.

Unsere Aufgabe als Interessenvertreter des Sports in Sachsen-Anhalt sehen wir darin, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zum Thema Sportwetten aufzuklären, egal ob Politiker, Handballfan des SC Magdeburg oder Mutti und Vati eines Kindes, das regelmäßig seinen Lieblingssport zu moderaten Mitgliedsbeiträgen im Verein ausüben kann.

In Sachsen-Anhalt ist jeder Lottospieler und ODDSET-Tipper ein kleiner Sportförderer, und wir werden alles dafür tun, dass das auch so bleibt!

(VS)
Quelle: Volksstimme