So erlebte ich die World Series of Poker 2005 im Casino Rio in Las Vegas – Teil 4

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


Internet und Fernsehen dominieren die WSOP in diesem Jahr. Das Pot Limit Omaha Turnier war das beste Beispiel, wie weit dies gehen kann. Angesetzt als Rebuyturnier und vorangekündigt als ausführlicher Fernsehübertragungsevent, kamen die amerikanischen Superstars schon reichlich aufmunitioniert an den Tisch. Rebuy bedeutet, dass während der ersten 2 Stunden jeder Spieler, der 2.000 oder weniger an Turnierjetons hat, für 2.000 harte Dollar weitere 2.000 Turnierjetons dazukaufen kann. Das Erreichen des Finales ist gleichzusetzen mit langer Präsenz im Fernsehen, also setzen einige Profis, die mit sehr guten Sponsorverträgen ausgestattet sind, natürlich alles daran, gleich zu Beginn massiv Chips aufzubauen.

Mit Poker hatte das jedenfalls nur sehr entfernt zu tun

In der Praxis sah das dann an meinem Tisch so aus:

Phil Ivey am Poker Tisch Phil Ivey und Scotty Nguyen starteten gleich mal mit 4.000 an Chips, bevor die erste Hand gespielt wurde. Beide bauten neben ihren Turnierjetons dann noch 20.000 $ für die Rebuys auf. Mitten drin bezog ich etwas eingeschüchtert mit bescheidenen mit 2.000 Chips Stellung, weil in meinem Budget eigentlich kein Rebuy vorgesehen war. Ich fühlte mich ungefähr so, als sollte ich mit einem Schwert gegen eine Batterie Maschinengewehre antreten. Die Action während der ersten Stunde gestaltete sich dann folgendermaßen: Phil raiste blind, d.h. ohne überhaupt seine Karten anzuschauen, gefolgt von einem zwingenden Reraise durch Scotty, der meistens auch keine Lust hatte, einen Blick in seine Karten zu werfen. Die meiste Zeit spielten die beiden dann den Pot ohne störende Beteiligung weiterer Spieler unter sich aus, so dass sie recht zügig wahre Berge an Chips aufbauten. Das Ganze ähnelte eher einer Baccara Partie – mit dem Geschicklichkeitsspiel Poker hatte das jedenfalls nur sehr entfernt zu tun.

Was ist also die beste Strategie in einer solchen Situation, wenn man sich nicht mindestens 6 bis 8 Rebuys leisten kann oder will? Ehrlich gesagt, es gibt keine, außer auf reines Glück hoffen. Ich wollte auf eine sehr gute Hand warten und dann meine Jetons zusammen mit den beiden Raisemaschinen im Pot parken. Wenn ich auf diese Art und Weise zweimal gewinnen könnte, hätte ich genug Chips, um eine kleine Rolle zu spielen. Also, geduldig abwarten, Disziplin ist schließlich eines der Fundamente im Poker. Endlich, nach 1 ½ Stunden bekam ich As As Dame 8 in Kreuz und Karo. Ich stellte meine Munition mit einem heroischen Seufzer in die Mitte, während Phil, für den dieser Betrag nur „Peanuts“ waren, fast gelangweilt bezahlte. Der Flop brachte 4 4 9 und ohne weitere Hilfe auf Turn und River verlor ich gegen 2 4 9 Dame vierfarbig. Mit dieser „Traumhand“ bezahlte Ivey immerhin fast 2.000 vor dem Flop. Da ich keinerlei Ansätze einer masochistischen Veranlagung zeige, ersparte ich mir den Rebuy und verließ sofort den Ort des Geschehens.

Zum Relaxen zur Green Valley Ranch

Green Valley Ranch Ich hatte schon einen kleinen Durchhänger nach diesem Erlebnis und suchte dringend nach einem Stimmungsaufheller. Gut, dass es in Vegas auch dafür die geeignete Therapie gibt. Um präzise zu sein, nicht exakt in Vegas, sondern in Henderson.

Es sind nur 15 Minuten Autofahrt vom RIO Richtung Süden, vorbei am Flughafen, dritte Abfahrt vom Highway und man befindet sich in einer völlig anderen Welt: Die Green Valley Ranch! Hier wurde 2004 eine mit viel Liebe zum Detail geplante Anlage im mediterranen Stil fertig gestellt. Es ist der ideale Ort zum Abschalten. Etwa 300 Höhenmeter über Las Vegas findet man hier eine mit kleineren Parkflächen durchsetzte Einkaufstraße, Seitengassen mit gemütlichen Restaurants und Cafes, wie man sie sonst üblicherweise nur aus Südfrankreich, Spanien oder Italien kennt. In meinem Lieblingscafé sitze ich auf der Panoramaterrasse mit herrlicher Aussicht über die Stadt, genieße meinen Cappuccino und stelle zufrieden fest, wie der ganze Stress von mir abfällt und sich meine Batterien schon langsam wieder aufladen.

Euer Michael