Interview mit Rainer Dittrich – Direktor der Ostsee-Spielbanken

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
E-Mail: info@isa-guide.de


ISA-CASINOS spricht mit Rainer Dittrich, dem Direktor der Ostsee – Spielbanken in Heringsdorf und Stralsund. Rainer Dittrich ist 47 Jahre alt, verheiratet und Vater von 3 Kinder.

Eingebettet in eine der schönsten Urlaubslandschaften Deutschlands, auf der Insel Usedom, bildet die Spielbank Heringsdorf einen bedeutenden, touristischen Akzent.

In baulicher Einheit mit dem großen Kursaal der drei Kaiserbäder und dem Tagungs- und Wellnesszentrum des Hotels MARITIM, ist die Spielbank Heringsdorf Ausgangspunkt vieler kultureller und gesellschaftlicher Höhepunkte der Region.

Dem Charme der hanseatischen Backsteingotik und des unvergesslichen Seefahrers Störtebeker folgend, bietet die Spielbank Stralsund Unterhaltung mit maritimen Charakter.

Zentral gelegen im Hanse Center am Hauptbahnhof, zielt diese Spielbank gleichermaßen auf ein städtisches wie touristisches Publikum.

Als Reminiszenz an die Hansestadt, die 2003 zum Weltkulturerbe erklärt wurde, wird die Spielbank im kommenden Jahr im historischen Herzen der Stadt, am Neuen Markt eröffnen.

ISA-CASINOS, Chefredakteur, Reinhold Schmitt: Welche Funktion üben Sie heute aus?

Rainer Dittrich: Direktion der Spielbanken Heringsdorf und Stralsund.

ISA-CASINOS: Sind sie noch in anderen Bereichen der Spielbank Branchen tätig?

Dittrich: Nein.

ISA-CASINOS: Sofern Sie schon länger im Spielbankbereich tätig sind: Wo liegen die markantesten Veränderungen?

Dittrich: Ich bin seit 1978 in Spielbanken tätig. Die markanteste Veränderung bei den Spielbanken liegt sicherlich im Siegeszug der Automatisierung der Glücksspiele und ihrer Überwachung. Damit einher geht ein signifikanter Wandel des Unterhaltungsangebotes und des Publikums der Spielbanken.

ISA-CASINOS: Welche Spiele werden in ihren Häusern angeboten?

Dittrich: Das Spielangebot ist in beiden Häusern identisch: Black Jack und American Roulette als klassisches Spiel, neueste Automaten und Roulette-Großgeräte, sowie verschiedene Jackpots als Automatenspiel.

ISA-CASINOS: Immer wieder ist die Rede von der hohen Casinodichte, die es in Europa gibt. Glauben Sie, dass alle Casinos in der Schweiz trotz des zum Teil schlechten Starts wirtschaftlich überleben können?

Dittrich: Wie wir bereits aktuell verfolgen können, sind nicht alle Schweizer Spielbankstandorte wirtschaftlich rentabel. Spielbanken bieten eine sehr spezielle Dienstleistung, da ist die Gefahr, am tatsächlichen und kalkulierbaren Bedarf vorbei anzubieten, nicht nur in der Schweiz sehr groß.

ISA-CASINOS: Wie beurteilen Sie die ersten Resultate der neuen Schweizer Casinos?

Dittrich: Mich haben die ersten Resultate der Schweizer Spielbanken nicht überrascht. Die Casinos im unmittelbaren Einzugsbereich bevölkerungsreicher und wirtschaftlich attraktiver Städte konnten ihre Profitmargen ausweisen, die kleinen, auf saisonalen Tourismus ausgerichteten Standorte haben allerdings ihre Ziele weit verfehlt. Die Schweizer Resultate spiegeln insofern auch die deutsche Spielbankenwirklichkeit wider, als das Spielbankengeschäft schon längst kein Selbstläufer mehr ist und gerade heute Standortfragen mit bedeutend größerer Weitsicht behandelt werden müssen.

ISA-CASINOS: Wie schätzen Sie die heutige Casinolandschaft ein?

Dittrich: Im Vordergrund steht die schwierige Aufgabe, die vorhandenen Marktanteile der Spielbanken zu halten und sie weiter auszubauen. Der mühevolle Wandel deutscher Spielbanken von der Stätte elitärer und privilegierter Gesellschaftsbegegnung zur legeren Unterhaltung für jeder Mann scheint nunmehr vollzogen. Heute sehen sich Spielbanken einer verschärften Konkurrenz verschiedenster Lotterien, Sportwetten, Glücksspiralen bis hin zu Spielhallen ausgesetzt. Spielbanken beschäftigen eigene Marketingabteilungen und versuchen sich zusehends als Event – Agenturen. Die heutige Casinolandschaft ist also wirklich in Bewegung. Das Angebot lizensierten Glücksspiels allein reicht nicht mehr aus, eine Spielbank erfolgreich zu betreiben.

ISA-CASINOS: Sehen Sie Möglichkeiten, die Attraktivität von Spielstätten zu erhöhen, auch durch Änderungen seitens des Gesetzgebers?

Dittrich: Themenbezogene Spielstätten können u.U. die Attraktivität fördern, wenn es das Umfeld des Standortes hergibt. Der Gesetzgeber könnte insofern Einfluss auf eine mögliche Steigerung der Attraktivität nehmen, würde er z.B. den Betreibergesellschaften mehr Einfluss auf die Auswahl von Standorten lassen, sein Glücksspielmonopol lockern, sodass z.B. Sportwetten in das Casinogeschäft integriert werden könnten, und würde er die Abgabensätze auf ein Maß reduzieren, das den Betreibergesellschaften grundsätzlich mehr Investitionen erlaubt.

ISA-CASINOS: Automatenspiele erlangen allein durch ihre technische Innovation immer größere Beliebtheit. Ist das klassische Spiel nicht mehr attraktiv?

Dittrich: Das klassische Spiel hat sicherlich in seiner heutigen Darbietung den Zenit der Popularität merklich überschritten. Es trägt zusehends musealen Charakter und hat an Unterhaltungswert, besonders im Vergleich zu den Automaten, verloren. Das hat verschiedene Gründe, die zum einen auf der Seite der Rezipienten mit ihren sich laufend verändernden Vorstellungen von Amüsement und Spaß liegen, und zum anderen auf der Seite der Spielbanken mit ihren Anpassungsschwierigkeiten an diese Veränderungen gerade in der Abteilung klassisches Spiel. Automaten kann ich jederzeit umbauen und updaten, die Tradition des klassischen Spiels und die dazugehörigen Belegschaften lassen das in diesem Tempo nicht zu.

In den Häusern der Ostsee-Spielbanken erwirtschaften die Automaten rund 80% des gesamten Bruttospielertrages. Dieses Ergebnis resultiert aus der ausgewogenen Strategieeiner ständigen Aktualisierung von Spielen und Techniken einerseits, sowie der Wahrung einer gewissen Kontinuität einzelner Spieltypen andererseits. Nicht jede Automateninnovation kommt an unseren Standorten gleich gut an, Stammkunden orientieren sich mitunter an ihren Gewohnheiten, Erstbesucher dagegen suchen häufig Novitäten.

ISA-CASINOS: Sind die Dependancen zukunftsträchtig?

Dittrich: Dependancen haben vor allem dann Zukunft, wenn sie dort eröffnet werden können, wo ein erkennbarer Bedarf bereits vorhanden ist oder aber mittelfristig geschaffen werden kann. Spielbanken müssen grundsätzlich beweglicher werden. Das unterstellte Grundbedürfnis Spielen kann heute so mannigfaltig gestillt werden, sodass den Entscheidungsgründen wie Anfahrtszeit und Weg mehr Beachtung geschenkt werden muss.

ISA-CASINOS: Turniere sind ein attraktives Special wie zum Beispiel das Poker oder Black Jack. Allerdings nehmen immer weniger Interessierte teil. Viele beklagen die überhöhten Startgelder in Europa. Sehen Sie hier Handlungsbedarf?

Dittrich: Die Balance zwischen Startgeld, Siegprämie und Serviceleistungen während des Turniers entscheidet zunehmend über den Erfolg eines Spielwettbewerbes. Da haben durchaus auch kleine Spielbanken ihre Chance. Überfrachtete Turniermodalitäten oder eine überzogene Veranstaltungsdauer über mehrere Tage sind dagegen schädlich.

ISA-CASINOS: Gut geschultes Personal ist das Nonplusultra im Spielbank-Sektor. Wie sieht bei Ihnen die Aus- und Fortbildung der Beschäftigten aus?

Dittrich: Bei der überschaubaren Mitabeiterzahl in den Ostsee-Spielbanken erfolgt die ständige Leistungsmotivation und Verbesserung auf einer sehr persönlichen Ebene. Zudem ist die Selbstkontrolle innerhalb kleiner Abteilungen beachtlich. Darüber hinaus bedienen wir uns aber auch der Erkenntnisse externer Beobachter, die in unregelmäßigen Abständen die Güte unserer Dienstleistungen beurteilen. Die Ergebnisse dieser Qualitätskontrollen sind Ausgangspunkt unserer Trainingsprogramme.

ISA-CASINOS: Die wirtschaftliche Talfahrt konnte bislang nicht zum Stillstand gebracht werden. Inwieweit sind auch Ihre Spielbanken betroffen?

Dittrich: Angetrieben von einem steigenden Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern konnte die Spielbank Heringsdorf in diesem Jahr den Spielumsatz und Vertrag leicht steigern. Die Spielbank Stralsund kämpfte in diesem Jahr zuerst gegen handfeste Standortprobleme und dann erst gegen den negativen Wirtschaftstrend.

ISA-CASINOS: Das Internet nimmt zwischenzeitlich einen bedeutsamen Raum im Informationsfluss für Konsumenten ein. Wie sehen hier Ihre Aktivitäten aus?

Dittrich: Unsere Zielsetzung der Internetpräsentation heißt „informieren ist werben“. Von daher liegen unsere Schwerpunkte mehr auf aktuellen Informationen und weniger auf Design und folgerichtig erstellen wir unsere Homepage selbst. Die enge Zusammenarbeit mit der ISA-CASINOS Plattform hat die Zugriffe auf unsere Site vervielfacht. Die Anfragen insbesondere auf unsere Casino-Arrangements haben zugenommen, sodass wir im kommenden Jahr noch intensiver als Unterhaltungs- und Event – Veranstalter auftreten werden.

ISA-CASINOS: Wie stehen Sie zum Online-Casino und würden Sie in diesem Bereich auch Aktivitäten anstreben?

Dittrich: Alle Aktivitäten, die mit dem Internet der ganzen Welt ein Casino anbieten, in dem dann aber nur die Bewohner einer einzigen Stadt in Deutschland mitspielen dürfen, halte ich nicht für unterstützenswert. Solche Ansätze sind politisch wie technisch paradox. Im Übrigen halte ich solange virtuelle Casinos für keine ernsthafte Konkurrenz zu den realen Casinos, solange es gelingt, die gesellschaftlichen und atmosphärischen Annehmlichkeiten des Glücksspiels in einer Spielbank unserem Publikum nachhaltig zu vermitteln.

ISA-CASINOS: Immer mehr Spielbanken stellen sich auch dem Problem der Spielsucht und werden damit ihrem gesellschaftlichen Auftrag gerecht. Welche Aktivitäten unterstützen Sie diesbezüglich in Ihrem Unternehmen?

Dittrich: In unserem Mitarbeiterkreis haben wir eine diplomierte Psychologin, die mit dem Thema Spielsucht intensiv vertraut ist. So haben wir die Möglichkeit, bei offenkundig problematischem Spielverhalten den Betroffenen ganz individuell anzusprechen. Im Fall der Selbstsperren bieten wir den Antragstellern grundsätzlich einen Gesprächstermin an, um sich fachlich kompetent und problemorientiert informieren zu können. Wir sind erfreut, wie häufig auf dieses Angebot eingegangen wird.

ISA-CASINOS: Mit dem Begriff Spielbanken und Casinos verbinden die Konsumenten nicht nur das Ambiente, sondern auch das Glück des großen Gewinns. An welche großen Ausschüttungen, die Ihre Gäste erfahren haben, erinnern Sie sich?

Dittrich: Besonders gerne erinnere ich mich an eine ältere Dame, die in Heringsdorf einen Jackpot in Höhe von 30.000 Euro knackte, und spontan diesen Gewinn als Anzahlung nahm, um sich eine Ferienwohnung im Ort zu kaufen. Sie kommt uns jetzt im Sommer regelmäßig besuchen.

ISA-CASINOS: Spielbanken und Casinos werden einerseits mit schillerndem Ambiente in Verbindung gebracht, andererseits führen Horrorgeschichten über Verluste in unvertretbarer Höhe bei den Besuchern zu negativen Eindrücken. Was müsste man Ihrer Meinung nach tun, um das Innenleben von Spielbanken und Casinos der Bevölkerung näher zu bringen?

Dittrich: Gerade während der Saison führen wir zum Teil täglich Einführungsveranstaltungen durch, bei denen nicht nur die Häuser gezeigt und die Spiele erklärt werden, sondern der Gast auch einen Überblick über die Geschichte der Spielbank und des Glücksspiels erhält. Diese Veranstaltungen werden seit Jahren sehr gut besucht und gehen hin und wieder auch durch die lokale Presse. Um Schwellenängste abzubauen, ist Öffentlichkeitsarbeit ganz wichtig. Einen Rest Spielbankmythos jedoch kultivieren wir ganz bewusst.

ISA-CASINOS: Bis vor Jahren galt eine strenge Kleiderordnung beim Besuch von Spielbanken. Zwischenzeitlich gelockert legen aber trotzdem die meisten Häuser auch heute noch sehr viel Wert auf große Abendgarderobe. Wie sehen Sie dies?

Dittrich: Junge Spielbanken leiden weniger unter den Zwängen alter Traditionen. Insofern haben wir in unseren Häusern von vorne herein die Kleiderordnung so gelockert, dass der Spielbankbesuch in gehobener Freizeitkleidung, also ohne Schlips und Sakko möglich war. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht und konnten darüber hinaus feststellen, dass sich der Großteil des Publikums ohnehin sehr schnell mit seiner Garderobe dem gebotenen Ambiente und Stil des Hauses angleicht.

ISA-CASINOS: Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an amüsanten Begebenheiten während Ihrer Tätigkeit denken?

Dittrich: Besonders amüsiert war ich im Februar 2002 mit einem Roulettetisch mitten in der Ostsee und um mich herum unerschrockene Eisbader, die bei 4 Grad Wasser- und 6 Grad Lufttemperatur mit Einswürfel Roulette spielten.

ISA-CASINOS: Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was fällt Ihnen mal abgesehen von Reichtum spontan ein?

Dittrich: Gesundheit, einen erfüllenden Familien- und Freundeskreis, sowie allzeit gute Geschäfte.

ISA-CASINOS: Wie sieht Ihr freizeitlicher Ausgleich aus?

Dittrich: Mir gefällt, dass sich Beruf und Freizeit durchaus vermengen. Da sind gute Gespräche, ob privat oder geschäftlich, ebenso ein willkommener Ausgleich, wie die ein oder andere interessante Lektüre. Ich liebe das Kino und verreise gerne. Die kulturelle Abgeschiedenheit meiner Standorte in Mecklenburg-Vorpommern empfinde ich immer wieder als eine Belastung.

ISA-CASINOS: Vielen Dank für das Gespräch