Interview mit Rolf Gellings – Technischer Leiter der Spielbank Stuttgart

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
E-Mail: info@isa-guide.de


Stuttgart, Baden-Baden und Konstanz firmieren von August an als Baden-Württembergische Spielbanken GmbH mit Sitz in Baden-Baden – obwohl die Spielbank Stuttgart das größte der drei Casinos ist.

Die Spielbank Stuttgart zählt zu den modernsten und anspruchsvollsten Spielbanken in Deutschland. Mit 650.000 Gästen jährlich hält sie eine Spitzenposition unter den 60 deutschen Spielbanken. Sie ist ein solider Arbeitsgeber für rund 250 Beschäftigte und da sie zu 100% in staatlicher Hand ist, kommen die Steuergelder vor allem gemeinnützigen Aufgaben zugute.

ISA-CASINOS, Chefredakteur, Reinhold Schmitt: Herr Gellings, seit wann sind Sie in der Spielbranche?

Rolf Gellings: Seit 1984.

ISA-CASINOS: Welche Funktion üben Sie heute aus?

Gellings: Technischer Leiter der Spielbank Stuttgart, zuständig für den Bereich Klassisches Spiel.

ISA-CASINOS: Sofern Sie schon länger im Spielbankbereich tätig sind: Wo liegen die markantesten Veränderungen?

Gellings: Eine drastische Veränderung, die in der Spielbankenlandschaft sehr augenfällig ist, ist die geradezu inflationäre Vermehrung der Spielbanken. War die Zahl der Spielbanken vor rund 20 Jahren noch deutlich unter 50, sind es heute bereits über 80 Spielbanken, inklusive der jeweiligen Dependancen.
Deutlich verändert hat sich auch das Verhältnis zwischen Klassischem Spiel und dem Automatenspiel, hin zu einer klaren Dominanz zu Gunsten des Automatenspiels.
Auch das Freizeitverhalten hat sich verändert. Häufig möchte man in seiner freien Zeit nicht nur eine Veranstaltung besuchen (z.b. Casinobesuch), sondern gerne auf mehreren „Hochzeiten tanzen“. Hieraus kann meines Erachtens beobachtet werden, dass die Verweildauer an einem Veranstaltungsort ( z.b. Spielbank) immer kürzer wird.

ISA-CASINOS: Welche Spiele werden in ihren Häusern angeboten?

Gellings: Euroulette, American Roulette, French Roulette, Baccara und Black Jack.

ISA-CASINOS: Was zeichnet die Spielbank, für die Sie arbeiten, besonders aus?

Gellings: Die Spielbank Stuttgart ist ein junges und modernes Unternehmen. Ein junges Unternehmen bezogen auf die Zugehörigkeit zur Spielbankenlandschaft und auch bezogen auf das Durchschnittsalter der Mitarbeiter/innen. Ein modernes Unternehmen, hinsichtlich einer Geschäftsführung und einer Mitarbeiterschaft, die beiderseits gewillt sind, stetig innovative Neuerungen bzw. Veränderungen anzugehen und umzusetzen.

ISA-CASINOS: Automatenspiele erlangen allein durch ihre technische Innovation immer größere Beliebtheit. Ist das klassische Spiel nicht mehr attraktiv?

Gellings: Vielleicht kann man es modern gesagt folgendermaßen umschreiben, dass das Klassische Spiel vielleicht zur Zeit nicht ganz so angesagt ist. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass sich das Angesagte auch wieder hin zum Klassischen Spiel wenden wird. Das Klassische Spiel hat seine Attraktivität nicht verloren. Im Vergleich zum Automatenspiel ist es dem Klassischen Spiel einfach nicht möglich, in gleichem Maße oder in der selben Geschwindigkeit technische Neuerungen (Spielautomaten) in den Spielbetrieb zu integrieren.

ISA-CASINOS: Was halten sie vom Baccara in den Spielbanken und welche Chancen räumen sie diesem Spiel weiter ein?

Gellings: Das Baccara ist eine feste Größe im Spielangebot der Spielbank Stuttgart. Nur noch ein paar wenige Spielbanken haben dieses interessante Spiel in Ihrem Angebot. Täglich von 19:00 Uhr bis 05:00 Uhr kann man in Stuttgart Baccara spielen. Da wir uns sehr um den Erhalt des Baccara Spiels bemühen (tägliche Spielgarantie, Baccara Turnier usw.) sehe ich auch eine gute Chance dafür, dass dieses Spiel fortbestehen wird.

ISA-CASINOS: Turniere sind ein attraktives Special. Sehen Sie weiteren Bedarf gerade beim Black Jack?

Gellings: Zweifellos müssen Spiel-Turniere und sonstige Events im Veranstaltungskalender einer Spielbank stehen. Für die Zukunft planen wir auch entsprechende Veranstaltungen für den Bereich Black Jack.

ISA-CASINOS: Die wirtschaftliche Lage in Deutschland erfährt derzeit einen Abwärtstrend. Inwieweit sind auch die Spielbanken betroffen?

Gellings: Leider sind auch Spielbanken vom allgemeinen Abwärtstrend nicht verschont geblieben. Auch deshalb leider, weil die frühere Meinung der Spielbanken nicht mehr greift, nach der landläufig davon ausgegangen wurde, dass Zeiten allgemeiner wirtschaftlicher Rezession als Nebeneffekt zu einer Belebung der Spielbanken führten.

ISA-CASINOS: Ist Ihrer Ansicht nach eine Marktsättigung bei Casinos in Deutschland erreicht?

Gellings: Unsere österreichischen Nachbarn haben vor einigen Jahren für die Austria Casinos die Parole ausgegeben: Qualität statt Quantität. Vielleicht sollte das ein künftiger Leitfaden für die Szene der Deutschen Spielbanken werden.

ISA-CASINOS: Welche Konkurrenz empfinden Sie bei den Online-Spielbanken und welche Gefahr sehen Sie bei dieser Form des Glücksspiels?

Gellings: Vermutlich wird sich diese Form des Glücksspiels nicht aufhalten lassen. Zwangsläufig entsteht dadurch der bisherigen Form des Glücksspiels – Automaten- wie Klassisches Spiel – eine zusätzliche Konkurrenz. Ich persönlich sehe im Online-Spiel die Gefahr, dass der gesetzliche Auftrag einer Spielbank, nämlich das Glücksspiel in gesetzlich geregelten Bahnen zu kanalisieren, z. B. durch die strengen Zugangskontrollen, untergraben wird.

ISA-CASINOS: Das Internet nimmt zwischenzeitlich einen bedeutsamen Raum im Informationsfluss für Konsumenten ein. Wie sehen hier Ihre Aktivitäten aus?

Gellings: Die Spielbank Stuttgart hat eine moderne und informative Homepage im Internet. Seit einiger Zeit arbeiten wir mit Ihnen von ISA-CASINOS zusammen.

ISA-CASINOS: Gut geschultes Personal ist das Nonplusultra im Spielbank-Sektor. Wie sieht bei Ihnen die Aus- und Fortbildung der Beschäftigten aus?

Gellings: Für unser Haus haben wir einen Ausbildungsplan erstellt. Die Ausbildung findet hausintern statt. Sämtliche Aus- und Fortbildungsmaßnamen werden von erfahrenen und qualifizierten Croupiers durchgeführt. Regelmäßige Besprechungen mit den Mitarbeitern werden dazu genutzt, den guten Ausbildungsstand unserer Mitarbeiter zu festigen.

ISA-CASINOS: Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an amüsanten Begebenheiten während Ihrer Tätigkeit denken?

Gellings: Es war eine Angelegenheit, die sich mehr vor als in der Spielbank abspielte.
Ein selbstständiger Unternehmer fuhr mit seinem großen Lastwagen, mit dem er natürlich keinen Parkplatz in der Tiefgarage oder sonst in der Nähe fand, direkt vor den Eingang der Spielbank und parkte vor der Einganstüre. Nachdem wir ihn am Spieltisch durch Ausrufen gefunden hatten und ihn darauf hinwiesen, dass hier absolutes Halteverbot sei und er sofort wegfahren müsste, erklärte er uns: „Sie müssen folgendes verstehen: ich fand keinen Parkplatz, aber ich hatte das Gefühl, dass ich, wenn ich in die Spielbank gehen werde, gewinnen würde. Also gab ich meinem Gefühl sofort nach und parkte dort, um schnellstens in die Spielbank zu kommen. Und es läuft gut.“

Er fuhr seinen LKW sofort weg und kam dann wieder zurück und spielte weiter. Der Gast gewann an diesem Abend einige Tausender, wie er uns danach mitteilte.

ISA-CASINOS: Immer mehr Spielbanken stellen sich auch dem Problem der Spielsucht und werden damit ihre gesellschaftlichen Auftrag gerecht. Welche Aktivitäten unterstützen Sie diesbezüglich in Ihrem Unternehmen?

Gellings: Seit den Gründungstagen der Spielbank Stuttgart besteht eine Kooperation zwischen der Spielbank und einer Evangelischen Arbeitsgemeinschaft (eva) in Stuttgart. Diese Evangelische Arbeitsgemeinschaft ist schwerpunktmäßig im Bereich der allgemeinen Suchthilfe und Suchtprävention tätig. Entsprechende Hinweis-Flyer, die in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft und der Spielbank erstellt wurden, liegen in den öffentlichen Räumen der Spielbank Stuttgart aus. Der Hinweis auf eine kostenlose Beratung und die entsprechende Telefonnummer befinden sich in dem Flyer. Die gesamte Führungsmannschaft unserer Spielbank wurde in Seminaren zur Spielsuchterkennung und den gegebenenfalls durchzuführenden Maßnahmen geschult.

ISA-CASINOS: Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was fällt Ihnen mal abgesehen von Reichtum spontan ein?

Gellings: Wünschen….. wünschen würde ich mir, dass ich zusammen mit meiner Frau ein gesunder Großvater werden kann. Mit einem Heißluftballon würde ich vorher noch gerne die Alpen überqueren.

ISA-CASINOS: Mit dem Begriff „Spielbanken“ und „Casinos“ verbinden die Konsumenten nicht nur das Ambiente, sondern auch das Glück des großen Gewinns. An welche großen Ausschüttungen, die Ihre Gäste erfahren haben, erinnern Sie sich?

Gellings: Noch zu D-Mark Zeiten stand das Glück einem Baccara-Spieler bei, der in einer spannenden Baccaranacht mit einem tollen Lauf (lange Hand) über 200.000 DM gewinnen konnte.

ISA-CASINOS: Sehen Sie Möglichkeiten, die Attraktivität von Spielstätten zu erhöhen, auch durch Änderungen seitens des Gesetzgebers?

Gellings: Sicherlich wäre es einer Prüfung wert, die – im internationalen Vergleich hohen – Spielbank-Abgaben maßvoll zu reduzieren. Die finanziellen Möglichkeiten, die dem Spielbankbetreiber daraus entstehen würden, könnten zur Attraktivitätssteigerung von Spielbanken verwendet werden.

ISA-CASINOS: Spielbanken und Casinos werden einerseits mit schillerndem Ambiente in Verbindung gebracht, andererseits führen Horrorgeschichten über Verluste in unvertretbarer Höhe bei den Besuchern zu negativen Eindrücken. Was müsste man Ihrer Meinung nach tun, um das Innenleben von Spielbanken und Casinos der Bevölkerung näher zu bringen?

Gellings: Die richtige Mischung aus beiden Clichés ist doch schon ein Teil der Werbung für Spielbanken. Die schillernde Glitzerwelt und das etwas Anrüchige werden auch zukünftig immer mit Spielbanken in Verbindung gebracht werden. Ziel muss es sein, die ohne Zweifel vorhandenen Berührungsängste durch professionelles Marketing aufzulösen.

ISA-CASINOS: Bis vor Jahren galt eine strenge Kleiderordnung beim Besuch von Spielbanken. Zwischenzeitlich gelockert, legen aber trotzdem die meisten Häuser auch heute noch sehr viel Wert auf große Abendgarderobe. Wie sehen Sie dies?

Gellings: Persönlich bemühe ich mich in unsrem Haus ganz aktuell um eine Lockerung der bestehenden Kleiderordnung, die ja in der Hauptsache die Garderobe der männlichen Spielbankbesucher regelt. Auch die Kleiderordnung der Spielbank Stuttgart soll nicht von heute auf morgen gänzlich an den Kleiderhaken befördert werden, sondern sich in kleinen Schritten dem geänderten Freizeitverhalten anpassen.

ISA-CASINOS: Vielen Dank für das Gespräch