Interview mit Hartmut Nevries – Geschäftsführer der Ostsee-Spielbanken

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
E-Mail: info@isa-guide.de


ISA-CASINOS spricht mit dem Geschäftsführer der Ostsee-Spielbanken (Spielbank Heringsdorf und Spielbank Stralsund), Hartmut Nevries. Er ist 63 Jahre alt, verheiratet, Vater von 2 Kindern.

Eingebettet in eine der schönsten Urlaubslandschaften Deutschlands, auf der Insel Usedom, bildet die Spielbank Heringsdorf einen bedeutenden, touristischen Akzent.
Der Standort, inmitten „kaiserlicher“ Bäderarchitektur an der Strandpromenade des Seebades Heringsdorf, verleiht dieser Spielbank ihren klassischen Charakter.
In baulicher Einheit mit dem großen Kursaal der drei Kaiserbäder und dem Tagungs- und Wellnesszentrum des Hotels MARITIM, ist die Spielbank Heringsdorf Ausgangspunkt vieler kultureller und gesellschaftlicher Höhepunkte der Region.

Dem Charme der hanseatischen Backsteingotik und des unvergesslichen Seefahrers Störtebeker folgend, bietet die Spielbank Stralsund Unterhaltung mit maritimen Charakter.
Zentral gelegen im Hanse Center am Hauptbahnhof, zielt diese Spielbank gleichermaßen auf ein städtisches wie touristisches Publikum.

ISA-CASINOS, Chefredakteur, Reinhold Schmitt: Herr Nevries, seit wann sind Sie in der Spiel-Branche?

Hartmut Nevries: Es fing an im Jahre 1970 im Organisationskomitee für die Olympischen Spiele 1972 in München, als wir darüber nachdachten, wie man die Spiele finanzieren könne und zusammen mit dem deutschen Lottoblock die „Glücksspirale“ erfanden und organisierten. Diese sehr erfolgreiche Lotterie hat nicht nur die Olympischen Spiele, sondern auch den Ausbau der Stadien für die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 und bis heute viele karitative und sportpolitische Ziele mit finanziert.
Weiter ging es 1978 bei den „Westdeutschen Spielbanken“ in Münster in der Position des Abteilungsleiters für „Marketing, Verwaltung und Nebenbetriebe“. Der Weg führte mich dann von NRW in das benachbarte Niedersachsen, wo ich ab 1982 zunächst als zweiter Geschäftsführer und später als alleiniger Geschäftsführer für die Spielbanken in Bad Bentheim und Bad Zwischenahn und später auch für die Nordsee-Spielbanken Norderney und Borkum zuständig war.

ISA-CASINOS: Welche Funktion üben Sie heute aus?

Nevries: Meine derzeitige Funktion ist die des geschäftsführenden Gesellschafters bei den „Ostsee-Spielbanken“ (Heringsdorf und Stralsund), Aufsichtsratsvorsitzender bei den Tschechischen Casinos in Zelezna Ruda und Folmava, Aufsichtsratsmitglied bei den Spielbanken in Sachsen-Anhalt (Magdeburg und Halle).
Zusätzlich bin ich Vize-Präsident der „European Association for the Study of Gambling“ (EASG), einer internationalen Organisation mit Mitgliedern aus 28 europäischen und außereuropäischen Ländern, die sich um die Erforschung des Glücksspiels, der Risiken und Chancen, aber auch der wirtschaftlichen Bedeutung bemüht und im Rhythmus von 2 Jahren große internationale Kongresse in einem Mitgliedsland durchführt. Die nächste Konferenz findet im übrigen in 2005 in Malmö, Schweden, statt.

ISA-CASINOS: Welche Spiele werden in Ihren Häusern angeboten?

Nevries: In unseren deutschen Spielbanken sind es American Roulette und Black Jack sowie die gesamte Palette der technischen Glücksspiele, in den tschechischen Häusern kommt noch Poker und Punto Banco hinzu, für die es an der Ostsee keine Nachfrage gibt.

ISA-CASINOS: Was zeichnet Ihre Spielbanken besonders aus?

Nevries: Die Ostsee-Spielbanken in Heringsdorf und Stralsund sind nicht die größten im Land, sie zeichnen sich aber durch ihre gute Lage direkt an der Ostsee, durch ihr maritimes Ambiente und – da es die Gäste immer wieder betonen – unser sehr freundliches Personal aus.

ISA-CASINOS: Ist Ihrer Ansicht nach eine Marktsättigung bei Casinos in Europa erreicht?

Nevries: In einigen Ländern sicherlich ja, beispielsweise in Großbritannien mit über 160 Casinos, Frankreich mit über 150 und Deutschland mit 50 Spielbanken und 25 Automatensälen, aber Finnland hat nur eine und Italien nur 3 Spielbanken. Die Probleme in der Schweiz mit 21 neuen Konzessionen bei bestehenden Casinos in den Nachbarländern werden schon jetzt deutlich, die erwarteten Umsatzzahlen werden nicht erreicht, das Spielangebot wird eingeschränkt und Mitarbeiter bedauerlicherweise freigestellt.
Ich glaube, diese Frage kann man nur im Zusammenhang mit der gesamten Palette des legalen Glücksspielangebotes sehen, das in fast allen europäischen Ländern noch Wachstumsraten aufzeigt, aber auch schon „Kannibalisierungs-Effekte“ deutlich werden lässt.
Gerade der Staat sollte sich auf seine Kernkompetenz, der Kontrolle des konzessionierten Glücksspiels und auf die Kanalisierung bestehender Glücksspiele beschränken und nicht ständig neue Glücksspiele zulassen, um Haushaltslücken mit neuen Glücksspielsteuern auszugleichen. In einigen Ländern decken die Einnahmen aus Glücksspielen schon 5 % des nationalen Budgets, in Deutschland ist das Steueraufkommen aus Glücksspielen auch nicht gerade gering. Es liegt bei ca. 6 Mrd. Euro und hiervon fast 800 Mio. Euro nur aus konzessionierten Spielbanken.

Brüssel, als Sitz der EG, hält sich zum Thema Glücksspiele erstaunlich bedeckt und scheint noch keinen Regulierungs- oder Harmonisierungsbedarf zu sehen, nachdem der erste Versuch im Jahre 1991 an dem Widerspruch aller Mitgliedsländer scheiterte. Möglicherweise wird diese Frage im Zusammenhang mit dem „e-gaming“ im Internet wieder aufgegriffen. Zur Zeit herrscht das Prinzip der Subsidiarität auch in Deutschland, d.h. jedes Land macht das, was es für richtig hält im Sinne der Besteuerung, des Angebotes, der Regulierungen und der Ordnungskriterien. Und hier ist die Sichtweise unter den Nationen sehr unterschiedlich.

ISA-CASINOS: Automatenspiele erlangen allein durch ihre technische Innovation immer größerer Beliebtheit. Ist das klassische Spiel nicht mehr attraktiv?

Nevries: Die Entwicklung der technischen Glücksspiele ist in der Tat in den letzten Jahren explodiert und die Innovationen berücksichtigen das Spielambiente unserer Kunden, während sich die klassischen Tischspiele in den letzten 250 Jahren nur marginal verändert haben.

In unserer schnelllebigen Zeit erscheinen sie möglicherweise langweilig, langsam und ohne visuelle Animation. Wenn man dann auch sieht, wie in vielen Casinos diese Spiele teilnahmslos und ohne Engagement präsentiert und wie unerfahrene Spielbankbesucher belehrt und belächelt werden, statt ihnen zu helfen, muss man sich über den wirtschaftlichen Abschwung dieser Sparte nicht wundern.
Ich persönlich halte an den klassischen Glücksspielen fest und denke stets zusammen mit den Mitarbeitern darüber nach, wie man diese Spiele attraktiveren und besser präsentieren kann, um an den Tischen mehr Spielfreude zu erreichen.

ISA-CASINOS: Die Spielautomaten folgen Trends. Ist für Sie das stetige Anpassen an neue Generationen sinnvoll oder steht mehr die Spielgewohnheit im Vordergrund?

Nevries: Die Einführung der Glücksspielautomaten in das Angebot der Spielbanken erfolgte 1977 in Niedersachsen, und zwar in Bad Zwischenahn und Bad Bentheim. Deutsche Spielbankdirektoren betrachteten die „Einarmigen Banditen“ in den heiligen Hallen ihrer Spielbanken als Sakrileg. Wir wurden belächelt und beschimpft, weil wir mit der französischen Tradition des klassischen Casinospiels brachen. Heute würde keine Spielbank in Deutschland ohne Automatenspiel bei den hohen Abgaben überleben können. Und dies auch nur, weil sich das Automatenspiel stets den Wünschen der Spieler und dem Bedürfnis nach spannender Unterhaltung, Nervenkitzel und hohem finanziellen Risiko angepasst hat. Nicht jede neue Generation löst gleich einen Trend aus. Der Spieler merkt sofort, welche Automaten seinem individuellen Spielverlangen und seinem Adrenalinausstoß am meisten entsprechen. Als die ersten Feature-Geräte auf den Markt kamen, haben sie mit ihren hohen Einspielergebnissen überrascht. Die Bonusspiele boten bisher unbekannte Gewinnchancen. „Hand-pays“, d.h. Auszahlungen oberhalb der Automatengrenze – früher eher eine Seltenheit – wurden zur geübten Praxis und veränderten das „cash-handling“ im Automatenspiel total. Mit der Auszahlung per Hand wurde eine neue Erwerbs-Quelle für die Spielbank gefunden, die zu versiegen drohte, das Trinkgeldaufkommen. Heute wird in manchem Automatensaal nicht nur wesentlich mehr Bruttospielergebnis, sondern auch wesentlich mehr Tronc als im so genannten klassischen Spiel eingenommen.

Die neuen Automaten sind nicht nur bunter und spielanregender, sie sind leider auch sehr viel teurer als frühere Automaten-Generationen, obwohl ihr Innenleben nur noch aus einigen bedruckten Platinen, Zufallsgeneratoren und e-proms besteht. Da unsere Abgaben an das Land nicht gesenkt wurden, müssten die teureren Automaten aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch länger „in Betrieb“ bleiben. Dies geht wiederum aus Marketingsicht nicht, da man sonst bald einen überalterten Automatenpark hätte, von dem für die Spieler weniger Animation ausgehen und der Erfolg nachlassen würde. Vergleicht man heute die Automateneinspielergebnisse mehrerer vergleichbarer Automatenstandorte, dann stellt man erhebliche Unterschiede fest. Häufig wird das Defizit jedoch zu spät bemerkt, weil das Einspielergebnis immer noch die Kosten deckt, nicht jedoch die Rücklagen für neue Automaten. Die neueste Generation der Novo-Multiroulette oder der vollelektronischen Touch Bet Roulette-Automaten oder der Money-Train-Gruppe sind mit Investitionen von 150.000 – 250.000 US-Dollar verbunden. Durch ihre hohe Ausschüttungsquote (über 95 %) sind sie für den Spieler hochinteressant und für den Spielbankbetreiber erst langfristig amortisiert und rentabel bedingt durch die hohen Abgaben und durch die Tatsache, dass diese hohen Investitionen nur über viele Jahre abgeschrieben werden können und diese Investitionen die Spielbankabgaben nicht senken. Hier gerät gerade eine kleinere Spielbank, die diese Geräte aus Wettbewerbsgesichtspunkten haben muss, in die Situation, dass das Gerät zwar gut bespielt wird, aber nicht kostendeckend arbeitet. Letztendlich können nur große, publikumsstarke Spielbanken die volle Bandbreite der innovativen aber auch hochpreisigen Geräte anbieten. Die kleineren bleiben zurück, vergleichbar mit den „Tante-Emma-Läden“ zu den hochmodernen Supermärkten.

ISA-CASINOS: Sehen Sie Möglichkeiten, die Attraktivität von Spielstätten zu erhöhen, auch durch Änderungen seitens des Gesetzgebers?

Nevries: Die Schlüsselfigur in dem Zusammenspiel von Spielbankunternehmer und Spielbankbesucher ist der Gesetzgeber mit seinen Spielbankabgaben und Spielordnungen. Die Formel ist sehr einfach: Werden die Spielbankabgaben – wie zur Zeit leider im Trend – ständig erhöht, weil der Gesetzgeber keine Rücksicht auf die negative Troncsituation, die Personalkosten, die stets steigenden technischen Kosten für die eben beschriebenen technischen Glücksspiele und die notwendigen Marketingkosten der Spielbanken nimmt, muss der Spielbankbetreiber, um überleben zu können, an Attraktivität, Service und Spielangebot bis hin zu den Öffnungszeiten sparen. Vergleichen wir die Abgabensätze in Deutschland mit denen unserer Nachbarn in Holland, Belgien, Frankreich und Österreich, dann haben sie eine Erklärung dafür, warum in diesen Ländern in den Spielbanken und Casinos viel mehr für den Gast getan werden kann als in Deutschland. Die Abgaben sind wesentlich niedriger. Deshalb verlieren wir auch viele Gäste, die mobil genug sind, an unsere Nachbar-Casinos. Die Forderung des Gesetzgebers in Deutschland, die Gewinne des Spielbankbetreibers „bis zur Wirtschaftlichkeitsgrenze“ abzuschöpfen, wird in deutschen Landen sehr unterschiedlich gehandhabt, da sehr viele Spielbanken vom Land selbst oder landeseigenen Gesellschaften betrieben werden.

Es gibt zum Glück erfreuliche Ansätze in einigen Bundesländern, in denen man erkannt hat, dass eine geringere Besteuerung zu mehr Attraktivität, zu mehr Besuchern und letztendlich zu einem besseren Ergebnis für alle Beteiligten geführt hat. Es reicht heute einfach nicht mehr, nur Spieltische und ein paar alte Automaten aufzustellen und die Massen strömen herein. Spielbanken bewegen sich im Wettbewerb mit Spielhallen einerseits und andererseits mit vielen staatlich konzessionierten legalen Glücksspielen wie Lotto, Toto, Oddset, Bingo und anderen Sportwetten aber auch mit den vielen tausend Spiel- und Einsatzmöglichkeiten in Printmedien, auf nahezu allen TV-Kanälen und mittlerweile auch, wenn auch nicht legal, im Internet.

Der Bürger des Jahres 2003 hat allein im legalen Bereich 20 Mal mehr Möglichkeiten, sein “Glück zu versuchen“, als noch vor 20 Jahren. Spielbanken sind immobil, sie haben ein begrenztes, stets gleich bleibendes Angebot. Die Regeln sind international genormt und Einsätze sowie Gewinnchancen sind gleich. Wir stehen im Wettbewerb zu wechselnden Märkten, wechselnden Verbrauchergewohnheiten und Trends, denen wir mit den Produkten begegnen müssen, die außerhalb des reinen Spielangebotes liegen. Spielbanken wechseln von Kurhäusern zu Einkaufszentren, sie umgeben sich mit publikumsintensiven Stätten wie Shoppingcenter, Theater, Musical Halls bis hin zu Flughäfen. D.h. sie warten nicht mehr auf die Besucher in Kurparks, sondern sie gehen dort hin, wo ihre potentiellen Gäste schon sind. Ihr Publikum besteht nicht mehr aus gelangweilten Kurgästen des europäischen Hochadels oder der Gelddynastien. Ihr Publikum ist ein Querschnitt aus allen Altersgruppen, Berufsschichten und Bildungsgraden beiderlei Geschlechts. Für sie muss ein zeit- und marktgerechtes Angebot „geschnitzt“ werden.

Zu den Attraktionen und dem Werben um das attraktive Publikum gehören casinospezifische Wettbewerbe und Turniere, die sich inflationär entwickelt haben, weil jede Spielbank glaubte, sich eine Scheibe von diesem „High-Roller“-Kuchen sichern zu müssen. Weil es zwischenzeitlich fast jeder macht, ist die individuelle Attraktivität ebenso gesunken wie das Preisgeld und die Qualität der Teilnehmer. Die Spielbanken in Deutschland und im europäischen Ausland haben eingesehen, dass Turniere zwar den Medienauftritt erhöhen, aber auch die mit diesem Turnier verbundenen Kosten. Will man bekannt werden oder sein Image verbessern, dann sollte man hoch dotierte Turniere veranstalten; will man Geld verdienen, dann sollte man sich auf sein hauseigenes Publikum konzentrieren.

ISA-CASINOS: Die wirtschaftliche Talfahrt konnte bislang nicht zum Stillstand gebracht werden. Inwieweit sind auch Ihre Spielbanken betroffen?

Nevries: Wir haben uns in der Tat an jährliche Zuwachsraten im 2-stelligen Bereich gewöhnt und waren überrascht, dass erstmals in 2001 dieser Wachstumstrend abrupt gestoppt wurde. Der Schock durch die Attentate des 11. September 2001 in New York haben ja nicht nur ihre Auswirkungen in Amerika, sondern auch in Europa in Bezug auf das Freizeitverhalten, das Konsumverhalten und die Feriengewohnheiten gehabt. Die Einführung des Euro und der völlige Zusammenbruch des „Neuen Marktes“ und die damit verbundenen Milliardenverluste an der Börse haben ihr Übriges getan, die Ergebniskurven der Spielbanken abknicken zu lassen. Hiervon waren wohl alle mehr oder weniger betroffen. Mehr betroffen waren die kleineren Banken in Tourismusgebieten, wie bei uns an der Ostsee mit durchschnittlich 5 weniger Ertrag bei den Automaten und 15 bei den Tischspielen. Wir hoffen, dass sich dieser Abwärtstrend im nächsten Jahr wieder umkehrt, die ersten Anzeichen hierfür sehen wir schon im 3. Quartal dieses Jahres.

ISA-CASINOS: Welche Konkurrenz empfinden Sie bei den Online-Spielbanken und welche Gefahr sehen Sie bei dieser Form des Glücksspiels?

Nevries: Das Internet birgt Riesen-Chancen für den interkontinentalen und somit internationalen Datenverkehr, den damit verbundenen Handel, die Nachrichtenübermittlung sowie den direkten und leichten Zugriff auf alle Wissensgebiete. Leider ist dort, wo sehr viel Licht ist, auch sehr viel Schatten. Das Internet wird leider auch genutzt von Personen und Institutionen, die dem Menschen schaden und ihn ausbeuten wollen. Glücksspiele im Internet gehören zu den gefährdeten Bereichen, die, wenn die falschen Personen dahinter stehen, sehr leicht missbraucht werden können. Die Möglichkeit an sich, das Internet auch für Unterhaltung und Glücksspiele nutzen zu können, ist nicht verwerflich. Es sollte jedoch nach Regeln ablaufen, die dem Benutzer nicht schaden, ihn nicht ausbeuten oder erpressen. Auf diese Regeln müsste man sich international, d.h. innerhalb von Staatengemeinschaften verständigen, denn die weltumspannende Vernetzung macht vor Landesgrenzen oder gar Ländergrenzen nicht halt. Die Kontrolle ist, wie wir täglich aus der Presse erfahren können, außerordentlich schwierig und gerade Deutschland tut sich hier besonders schwer, da es in seinem Regelungsbedürfnis besonders hohe Maßstäbe ansetzen möchte. Dadurch werden deutsche Betreiber jedenfalls für unsere Branche gegenüber anderen Anbietern aus dem Ausland erheblich benachteiligt und in vielen Entwicklungen durch Verbote behindert. Hierin sehe ich die größere Gefahr als die des Missbrauchs, denn jeder Nutzer von Angeboten wird letztendlich den Anbieter bevorzugen, der das Spiel fair und transparent betreibt und nicht den, der „falsch spielt“. Aus diesem Grunde unterstützt meine Gesellschaft den Aufbau einer Online-Plattform unter einem vertrauen erweckenden Namen zusammen mit mehreren deutschen Spielbankgesellschaften, um den ruinösen Wettbewerb untereinander auszuschließen. Der Zusammenschluss der Mehrzahl der deutschen Spielbanken zu einem gemeinsamen Auftritt ist ein guter Weg, auch vor dem Hintergrund, dass wir umgeben sind von großen internationalen Gesellschaften im europäischen Ausland.

Inwieweit unsere landgestützten Spielbanken darunter leiden, wird sich erweisen, hier wage ich keine Prognosen und Spekulationen ebenso wenig für den Bereich des finanziellen Erfolges des e-gaming. Alle Möglichkeiten des Internet für den Bereich der Kommunikation und Information werden von uns genutzt mit Ausnahme des direkten Spielens. In diesem Zusammenhang möchte ich den ISA-CASINOS ein großes Lob aussprechen, da wir durch die täglichen Updates sehr gut informiert werden, und zwar nicht nur über Jack Pot-Gewinne, sondern auch über kritische Berichterstattung zu unserer Branche.

ISA-CASINOS: Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an amüsante Begebenheiten während Ihrer Tätigkeit denken?

Nevries: Der tägliche Umgang mit Menschen bringt nahezu täglich „amüsante Begebenheiten“. Es ist schwer, eine besondere Begebenheit heraus zu filtern. Wir hatten Besuch von einer Gruppe von Novizinnen (Nonnenschülerinnen) eines benachbarten Klosters, die sich einmal per Augenschein über den Sündentempel Spielbank informieren wollten. Ich habe sie begrüßt mit dem gebührenden Respekt, habe ihnen die Spielsäle und Spielmöglichkeiten gezeigt und anschließend hat jede Novizin ein Geldstück bekommen, um einmal persönlich einem „Einarmigen Banditen“ die Hand zu geben. Keine weigerte sich. Jede nahm die Gelegenheit gerne wahr, das Glück zu versuchen. War es der Zufall oder himmlische Fügung – eine Klosterschülerin gewann 500 DM, bedankte sich mit dem Hinweis, dass dies ein Fingerzeig des Himmels sei und man versicherte mir, dass dieser Besuch doch dem besseren Verständnis gedient habe. Über die abgeschnittenen Ohren in unserem Casino Dschingis Khan in Ulaan Baator in der Mongolei werde ich das nächste Mal berichten.

ISA-CASINOS: Wie kommentieren sie die Schliessung des Online Roulette in der Spielbank Hamburg?

Nevries: Der Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichtes hat sich die Entscheidung über die Normenkontrollklage von 50 Mitgliedern der Hamburger Bürgschaftsfraktionen der GAL und SPD nicht leicht gemacht und in seiner Urteilsbegründung deutlich herausgestellt, dass der Schutz der Spieler vor krimineller Ausbeutung und vor ruinösem Spiel Priorität habe.
Dieser Schutz kann nach Meinung des Verfassungsgerichtes besser in einer „echten Spielbank“ gewährleistet werden als durch die Teilnahme am Spiel über das Internet.
Man sieht an diesem Beispiel deutlich, wie viel Aufklärungsarbeit von Seiten der Hamburger Spielbank noch betrieben werden muss, um die Angst vor der Benutzung des Internet zu nehmen.
Gerade das Internet macht den anonymen Spieler zu einem völlig durchsichtigen Spielteilnehmer, dessen Identität und Spielablauf in jedem Schritt nachvollziehbar dokumentiert wird. Jeder Spielzug, jeder Einsatz, jeder Gewinn oder Verlust wird festgehalten, im Gegenteil zum Verhalten eines natürlichen Spielers in der Spielbank Hamburg an einem Spieltisch oder an einem Automaten. Voraussetzung ist natürlich, dass die Angaben des „Internetspielers“ überprüft werden können und das jedes noch so geschickte Täuschungsmanöver von Seiten des Internetteilnehmers aufgedeckt wird.
Hiervon gehe ich nach Kenntnis der Sicherheits- und Kontroll-Checks der Hamburger Spielbank aus. Es konnte möglicherweise dem Gericht und den klagenden Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft, hinter denen mit Sicherheit Interessensgruppen stehen, nicht entsprechend deutlich gemacht werden.
Es erinnert mich stark an die Kommentare zum ersten Automobil, dem keine große Zukunft gegeben wurde, weil es als zu gefährlich für den normalen Fußgänger angesehen wurde.
Die Entwicklung ist wohl bekannt.

ISA-CASINOS: Vielen Dank für das Gespräch