WSOP 2011 Durchhalten!

[key:keiner]

Jetzt ist es soweit! Die Temperaturen haben heute die 42° C Marke geknackt und damit habe ich mich bedauerlicherweise auch mit meiner täglichen Golfrunde strecken müssen. In den vergangenen Tagen habe ich jedes Mal einen neuen Platz gespielt, Wüstenplätze, Bergplätze, in noble Wohnsiedlungen eingebettete Plätze, aber die Krönung war vorgestern „Los Prados“ im Norden von Vegas. Es war mit Sicherheit der leichteste Platz, den ich jemals bespielt hatte und dementsprechend gut sah auch mein Score aus. Am letzten Loch liege ich mit 2 Schlägen auf dem Grün und habe eine kleine Außenseiterchance auf einen Birdie. Volle Konzentration ist angesagt und genau in dem Moment, als ich losputten will, nähert sich von hinten eine Krähe und stürzt sich mit lautem Gezeter auf meinen Rücken. Ja, ihr habt richtig gelesen: Ich bin tatsächlich von einer Krähe attackiert worden. Einen Schwan gab es ja schon mal, aber Krähen…Vielleicht war dieser Platz die Inspiration zu Alfred Hitchocks „Die Vögel“.

Ein paar Krähen treiben sich derzeit auch in der Cashgame Arena des RIOs herum. Zumindest was die Lautstärke der Schreie angeht, wenn mal ein Pot nicht in die gewünschte Richtung wandert. Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich doch einiges geändert. In den Potlimit Omaha Partien sind mehrere junge Amis aufgetaucht, die sich hauptsächlich mit markanten Sprüchen das Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit sichern wollen. Besonders mühsam wird es, wenn deren Buddies sich als Railbirds dem gerade bespielten Tisch nähern. Mit umständlichen, dafür aber umso massiver vorgetragenen Erklärungsversuchen werden die übrigen Gegner nach Schweregrad des „Fischlevels“ eingeteilt, aber das Resümee ist immer gleich: Hätte der Erklärende doch nicht so unendlich viel Pech, müsste ihm konsequenterweise schon das gesamte Geld am Tisch gehören. Und um dieser Forderung nach Korrektur des doch so ungerechten Schicksals ein wenig nachzuhelfen, wird der Railbird sofort um 5.000 USD angepumpt, damit unser Hero wieder seiner naturgemäßen Bestimmung entsprechend alle anderen Spieler am Tisch covern kann. Tja, es lohnt sich nicht wirklich, die Gesichter oder Namen dieser aufsteigenden Kometen einzuprägen, über 80 % davon werden nächstes Jahr wieder verschwunden sein, was den sozialen Aspekten des Pokerspiels sicher mehr nützt als schadet.

Bei mir selbst läuft es regelrecht „durchwachsen“. Am Ende der ersten und Anfang meiner zweiten Woche hatte ich 4 katastrophale Sessions hingelegt, die mich mal eben 25.000 USD in die Miesen geschossen hatten. Dabei hatte ich überhaupt keine Gelegenheit, irgendwelche groben Fehlentscheidungen treffen zu können. Das Board brachte jedes Mal ziemlich genau das Gegenteil von dem, was ich in der Hand hielt. Im Prinzip folgten dann zwei verschiedene Szenarios: Beim ersten kam die Flop-Action schon mit einem Raise bei mir an und zwang mich zum Fold. Beim zweiten Szenario wurde meine Contibet von einem Checkraise eines Gegners quittiert, was wiederum zu meinem Fold führte. Wenn das 4 mal 8 bis 9 Stunden lang ohne Unterbrechung passiert, sind 25 K weg, ohne dass irgendetwas Großartiges geschehen ist. Danach ging es zwar jeden Tag stetig aufwärts, aber ich bin unter Berücksichtigung der Reise- und Lebenshaltungskosten immer noch im Minus.

Getreu meiner anfänglich aufgestellten Regeln bedeutete dies auch die weitere konsequente Abstinenz von sämtlichen Turnieren, denn ich verspüre überhaupt keine Lust, Las Vegas mit einem Minus in der Buchhaltung zu verlassen. Was ich komplett vermisse, sind jene Einzelsessions, die in Europa hin und wieder regelmäßig und letztes Jahr hier überraschend häufig auftraten. Jene Partien, in denen auch mal ein großer Multiway-Pot zu mir wandert und ich die Partie mit 8.000 USD oder mehr im Plus beenden kann. Momentan ist jeder Dollar hart erkämpft und ein Gewinn von 2 K stellt schon ein besonderes Erfolgserlebnis dar. Fazit: „Durchhalten“ ist angesagt!

Euer Michael „The Doc“ Keiner von Pokerstars