Interview mit Tony Marshall – Entertainer und ehemaliger Croupier

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
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Das historische Klondyke-Pferderoulette der Spielbank Baden-Baden drehte sich im Juni 2003 ein letztes Mal im Stadtmuseum im Baldreit und Tony Marshall moderierte. Anlässlich dieses Ereignisses traf sich ISA-CASINOS mit dem Entertainer und ehemaligen Croupier aus Baden-Baden zu einem Interview.

Zur Person: Am 3. Februar 1938 wurde Tony Marshall als Herbert Anton Hilger in Baden-Baden geboren. 1962 heiratete Anton seine „Sandkasten-Spielgefährtin“ Gaby, und 1965 bestand er sein Staatsexamen als Opernsänger an der Karlsruher Musikhochschule. 1966 gewann Tony Marshall einen Nachwuchswettbewerb. Den Durchbruch schafft er 1971 mit der „Schönen Maid“. Dieses Lied begründete seinen Ruf als Star bei allen Schunkelfesten. „Heute hau’n wir auf die Pauke“ oder „Junge, die Welt ist schön“ sind weitere bekannte Lieder.

ISA-CASINOS, Chefredakteur, Reinhold Schmitt: Tony, Sie sind ein sehr populärer Popstar. Nach unseren Informationen haben Sie auch mal als Croupier hier in Baden-Baden gearbeitet. Wann war das und wie kam es dazu?

Tony Marshall: Ich war Croupier von 1959 bis 1962 in der Spielbank Baden-Baden. Das war damals einer der begehrtesten Berufe überhaupt. Normalerweise hatte man einen Handwerksberuf erlernt oder, wenn man einen Hochschulabschluss hatte, ist man auf einen akademischen Beruf gegangen. Ich war damals – 1959 –verlobt und somit im Begriff, eine Familie zu gründen. Und dazu brauchte man Geld. Und wo konnte man das Geld als schnellstens verdienen? Als Croupier in der Spielbank Baden-Baden. Und genau das habe ich gemacht. Allerdings nur drei Jahre.

ISA-CASINOS: Vom Croupier zum Popstar, das ist ein etwas ungewöhnlicher Weg. Was war der Auslöser für diesen mittlerweile sehr erfolgreichen Wechsel?

v.l.n.r. Tony Marshall, Fr.<br>Kronenwet, Technischer Direktor der<br>Spielbank Baden-Baden Hr. VerschlMarshall: Ich habe dann als Croupier sehr spektakulär aufgehört. Ein Kollege hat mich da immer „gepiesackt“, weil ich ja ein Musikstudent war. Ich denke, dass er mich nicht leiden konnte. Er hinterließ auch den Eindruck, mich als oberflächlich einzuschätzen, somit also meinen Job nicht ernst nehmen würde. Damals machte ich kein Hehl daraus, dass ich Opernsänger werden wollte. Er provozierte mich bei jeder Gelegenheit, die sich ergab. Es war der Renntag 1962 – ich war bereits drei Monate verheiratet – hat er mir während des laufenden Spiels die von mir als „Saltier“ sortierten Jetons einfach wieder in den sog. „Salat“ zurück geschoben. Dieses war der Moment, bei dem ich aufstand und ihn böse anschaute. Ich drehte mich dann um und sagte den anwesenden Gästen: „Das war es, meine Damen und Herren, auf Wiedersehen.“ Das war ein sehr spektakulärer Abschied, den es meinem Wissen nach in noch keinem Casino dieser Welt gegeben hat. Ein „Ausstieg“ während des Spieles ist eigentlich nicht üblich. So habe ich aber meistens meine Entscheidungen gefällt, klar und konsequent.

ISA-CASINOS: Sie sind sehr stark in Anspruch genommen durch Ihre Fans. Konzerte, Fernsehauftritte und sicher auch neue Plattenprojekte lassen Ihnen zeitlich kaum Raum. Finden Sie, trotzdem auch heute noch Zeit, sich mal in einer Spielbank umzuschauen?

Marshall: Natürlich, ich als Baden-Badener sowieso. Auch mit meinen Freunden, die ich in allen Ecken dieser Welt habe und die mich besuchen, ist oft der erste Gang, ihnen das Baden-Badener Casino zu zeigen. Es gehört schon zu den traditionellen Handlungen bei mir. Dabei zeige ich meinen Freunden sehr gerne die Schauplätze meiner Jugend. Wie z.B. das alte Schloss, die Burgruine oder die „Gönneranlage“. Und eines ist sicher: Zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten hier gehört nach wie vor die Spielbank, in der man Geld gewinnt oder auch verliert.

ISA-CASINOS: Sie haben heute das Klondyke-Pferderoulette moderiert. Wenn Sie das Ambiente einer Spielbank spüren, an was denken Sie da zuerst?

v.l.n.r. Tony Marshall, K. BuschMarshall: An Reichtum, wie die meisten Spielbankbesucher. Aber bei mir schwingen natürlich auch sehr stark die Erinnerungen mit, verbunden mit meiner damaligen Tätigkeit als Croupier. Es waren immerhin drei Jahre. Damals nannte man das noch „Aushilfscroupier“. Ich habe diesen Beruf als Aushilfsjob ausgeübt. Und man verdiente zur damaligen Zeit – das kann ich ja heute ruhig sagen – 35 Mark am Tag, netto auf die Hand. Das war zu der Zeit ein Vermögen.

ISA-CASINOS: Dafür mussten sie aber auch einiges tun.

Marshall: Sicherlich. Ich musste an Wochenenden und nachts arbeiten. Aber es ist mir nicht schwergefallen. Mein Interesse war schon recht ordentlich. Mich interessierten die Menschen, die ich währende des Jobs kennenlernen durfte, und genoss den Umgang mit ihnen. Es kamen Besucher aus aller Welt, wie es ja heute auch noch so ist.

ISA-CASINOS: An welche Persönlichkeiten erinnern Sie sich die damals die Spielbank besucht haben?

Marshall: Eine der interessantesten Begegnungen für mich war, dass plötzlich an meinem Tisch einer der größten Opernsänger, den es jemals gab, stand und gespielt hat: Thomas Semrau Giuseppe Di Stefano. Sie können sich vorstellen, was für eine Gänsehaut ich bekam. Ich war nicht mehr in der Lage, das Spiel zu bedienen oder mich zu konzentrieren. Da steht ein Star, vergleichbar mit beispielsweise Enrico Caruso. Ich kann mich heute noch recht genau dran erinnern. Er spielte am Tisch fünf im grünen Saal. Solche Ereignisse vergisst man niemals.

ISA-CASINOS: Könnten Sie sich vorstellen, heute nochmals als Croupier zu arbeiten?

v.l.n.r. K. Busch, Tony Marshall,<br>G. SteebMarshall: Ich denke, so nach 14 Tagen „in Klausur“ würde ich es wieder packen. Ich habe es ja auch hier probiert. Ich kann immer noch ganz leicht so 15 Jetons aufnehmen und platzieren, wie gerade beim letzten Spiel des historischen Klondyke-Pferderoulettes. Sie dürfen nicht vergessen: Es war eine sehr intensive Schulung, die ich in Baden- Baden genossen und somit auch gelernt habe. Sie dauerte drei Monate, täglich drei Stunden intensivsten Trainings. Aber, nicht nur Geschick im Umgang mit Jetons, Karten oder Roulettekugeln, auch psychologisch wurden wir geschult. Die Croupiers, die beispielsweise auszahlen, müssen in sekundenschnelle multiplizieren können und immer einen Überblick über das ganze Geschehen haben. Schlafmützen oder Traumtänzer haben in diesem Beruf nichts zu suchen, deswegen habe ich nach wie vor einen großen Respekt von den Menschen, die diesen Beruf ausüben und in den Casinos auf der ganzen Welt arbeiten.

ISA-CASINOS: Was schätzt Tony Marshall so an der Stadt Baden-Baden.

Marshall: Erstes mal ist es meine Geburtsstadt, das ganze Flair, Baden-Baden ist einmalig weltweit. Man braucht nicht einen Sitz an der Côte d’Azur oder an sonst welchen schönen Plätzen der Welt. Baden-Baden, eingebetet in den Ausläufern des nördlichen Schwarzwaldes, ist für mich einmalig.

ISA-CASINOS: Zu Ihren persönlichen Projekten: Was haben Sie derzeit in Planung bzw. worauf dürfen sich die Marshall-Fans freuen?

Marshall: Ich bereite mich gerade vor die Rolle des „Tewje“ aus dem Musical Anatevka vor. Im Jahre 2004 feiert das Stück sein 40jähriges Bestehen, es wurde 1964 in New York uraufgeführt. Ich werde dann der erste „Tewje“ sein, der auch Geige spielt, denn das Musical heißt ja auch noch „Fiedler on the Roof“.

ISA-CASINOS: ISA-CASINOS betreibt ein eigenes Internet-Radio. Wären Sie bereit, dort mal ein Interview zu geben und Fragen von Fans zu beantworten?

Marshall: Natürlich bin ich gerne dazu bereit. An dieser Stelle grüße ich herzlich aus Baden-Baden, meiner Heimatstadt, alle Hörerinnen und Hörer von ISA-CASINOS Radio: Bleiben sie diesem Radio treu und wir hören uns wieder. Tschüß ihr Tony Marshall.

ISA-CASINOS: Vielen Dank für das Interview.

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