Interview mit Michael Seegert – Geschäftsführender Gesellschafter der Spielbank Bad Neuenahr

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
E-Mail: info@isa-guide.de


Wir sprechen mit Managern, Direktoren, Aktionären und Persönlichkeiten aus der Spielbank- und Casinobranche. ISA-CASINOS hinterfragt Aktuelles und Interessantes für Sie. Heute sprechen wir mit Michael Seegert, geschäftsführender Gesellschafter der Spielbank Bad Neuenahr.

ISA-CASINOS, Chefredakteur, Reinhold Schmitt: Herr Seegert, sie sind seit 1986 in der Spielbankbranche. Heute sind Sie geschäftsführender Gesellschafter. Wie kamen sie zur Spielbank und welche Aufgabengebiete umfasst ihre Tätigkeit?

Michael SeegertMichael Seegert: Zur Spielbank kam ich wie die Jungfrau zum Kinde, wie viele andere auch, als Exot. Ich habe nach einer Tätigkeit bei der Bundeswehr, bei der ich 12 Jahre als Offizier verpflichtet war, ein neues Tätigkeitsfeld gesucht, die großen Zeitungen studiert und bin auf eine Anzeige „Dynamische Kraft für ein Unternehmen der Freizeitbranche gesucht“ gestoßen. Ich hatte mich damals auf eine Chiffre Anzeige beworben. Danach habe ich ein Vorstellungsgespräch geführt, bei dem sich der Anbieter Bad Neuenahr offenbart hatte und später wurde ich als Assistent der Geschäftsführung eingestellt. Wie ich heute weiß, standen fast 200 Bewerber zur Auswahl.
Nach eineinhalb Jahren wurde ich Prokurist und habe von Beginn an die Leitung der Spielbank Bad Dürkheim übernommen. Am 1. Januar 2003 bin ich als geschäftsführender Gesellschafter eingetreten und habe die alleinige Geschäftsführung der Gesellschaft übernommen. Bad Neuenahr und Bad Dürkheim sind ja in einer Gesellschaft zusammengefasst. Daneben haben wir direkte Beteiligungen in Sylt, Flensburg, Mainz, Trier und Bad Ems, in Berlin am Potsdamer Platz und in Aalborg.
Dort bin ich Vertreter in den jeweiligen Gesellschafterversammlungen, bzw. Aufsichtsräten. Darüber hinaus haben wir indirekt über die German Casino Management Group Beteiligungen in Mecklenburg-Vorpommern (Schwerin, Warnemünde und Waren), in Frankfurt am Flughafen, wo ich auch Geschäftsführer bin, und neuerdings in der Schweiz in Locarno; das ist die Gruppe „Bad Neuenahr“.

ISA-CASINOS: Welche Spiele werden in ihren Häusern angeboten?

Seegert: In unseren Spielbanken haben wir die bekannten klassischen Spiele, das Roulette in den verschiedenen Varianten, Black-Jack, Baccara nur in Bad Neuenahr. Selbstverständlich haben wir Automatenspiele in allen Varianten mit verschiedensten Jackpot-Systemen, sowie in Kürze auch das elektronische Multi-Roulette.

ISA-CASINOS: 2005 soll das Spielcenter in Duisburg eröffnet werden. Welches bedarfsgerechte Spielangebot wollen sie in der Spielbank Bad Neuenahr dem entgegensetzen?

Seegert: Ich kenne die Planung für die Spielbank Duisburg – Thema Casinoliner – verfolge auch schon seit Jahren die politische Situation auf kommunaler Ebene, die ja nicht uninteressant ist. Erst vorletzte Woche war ich im provisorischen Automatenangebot und habe mir auch die Umgebungssituation angeschaut, z.B. die Entfernung zu Bad Neuenahr, um auszuloten, wie sich das neue Angebot in unseren Einzugsbereich drängen wird. Wir sind uns darüber klar, dass, wenn der Casinoliner so realisiert wird, dies ein Massenangebot wird ähnlich wie in Stuttgart. Es macht für uns keinen Sinn, in Bad Neuenahr gleiches zu betreiben. Wir können sicher das, was in Duisburg geboten wird, nicht in gleichem Umfang bieten, aber wir werden uns auf die Angebote konzentrieren, welche in Duisburg nicht angeboten werden können und diese in Bad Neuenahr etablieren. Wir möchten ein kleines, aber feines Angebot in Neuenahr schaffen mit eleganter, gediegener und etwas intimeren Atmosphäre, sowohl für den klassischen Bereich wie auch im Automatenangebot.

ISA-CASINOS: Planen sie Events, die mit in das Spielbankgeschehen eingebunden werden können, wie Golfturniere oder wie in Bad Dürkheim bei der „Kurpark-Gala“ mit dem grössten Roulette der Welt?

Seegert: Events gehören auf alle Fälle mit zu unseren Marketing-Überlegungen. Wir müssen im Veranstaltungsbereich viel mehr bieten. Man muss immer den Unterschied zwischen einer Grossstadt- oder einer Kurstadtspielbank wie in Bad Neuenahr sehen. Wir haben keinerlei Laufkundschaft. Jeder Besucher, der zu uns kommt, muss mit dem Auto kommen, muss also motiviert werden „Setze dich in dein Auto, und besuche uns“. Wir müssen dem Besucher entsprechende Gründe liefern und dabei zählt der Veranstaltungsbereich bei uns mit zu den wesentlichen Überlegungen. Insbesondere, weil wir damit in Bad Dürkheim grosse Erfolge gemacht haben. Vielleicht werden wir etwas ähnliches wie die Kurparkgala in Bad Dürkheim auch in Bad Neuenahr machen, wenn wir die entsprechenden Partner aus der Wirtschaft finden. Das muss natürlich auch, wie z.B. das größte Roulette der Welt in Bad Dürkheim, ein Spielbank-Thema sein, und da sind wir im Moment bei den Überlegungen, was man machen könnte. Ziel ist, eine Hauptveranstaltung pro Jahr und mehrere kleinere Veranstaltungen übers Jahr verteilt zu bieten, um dem Besucher „Komm Gründe“ zu liefern.

ISA-CASINOS: Wie ist die Entwicklung des Frankfurt Airport Casinos?

Seegert: Das Frankfurt Airport Casino ist, wenn ich nur den Vergleich des ersten und zweiten Geschäftsjahres sehe, überaus erfolgreich, weit über den Branchenentwicklungen und auch weit über unseren Erwartungen. Die Zahlen sind ja veröffentlicht worden. Auch in 2003 setzt sich dieser Trend, der zunehmenden Besucher, erfolgreich fort. Aber wenn ich natürlich die Erwartungen sehe, die man im Vorfeld an dieses Casino gestellt hat, ist es eine Enttäuschung, weil diese Erwartungen noch lange nicht erfüllt sind und auch auf absehbare Zeit nicht erfüllt werden. Insgesamt würde ich sagen, dass wir aus dem Tal der Tränen heraus und auf dem aufsteigenden Ast sind. Wenn die Entwicklung so weitergeht, gehe ich davon aus, dass wir noch Freude an dem Casino haben werden.

ISA-CASINOS: Sind inzwischen Verbesserungen in der Werbung gemacht worden? Denn zu Beginn der Eröffnung gab es keine Hinweisschilder.

Seegert: Das ist sicher auch eine der Hauptursachen der guten Besucherzahlen, dass wir die örtliche Beschilderung verbessert haben. Dadurch ist auch der Bekanntheitsgrad des Casinos gestiegen. Wir können leider nicht so frei operieren, wie man das woanders kann, da auf einem Flughafen jedes Schild separat genehmigt werden muss und deshalb alles sehr schwierig und langwierig ist. Aber ich denke, dass die Beschilderung weitestgehend optimiert ist.

ISA-CASINOS: Ist der Spielbankmarkt mit den zahlreichen Casinos in Deutschland gesättigt?

Seegert: Ich glaube, dass jedem, der sich auf einer Landkarte die Casino-Standorte ansieht, auffallen wird, dass der Markt in gewissen Gebieten nicht nur gesättigt, sondern übersättigt ist. Das zeigt ja auch die Entwicklung der Spielbanken insgesamt, da der Markt immer mehr stagniert. Da sich aber der Markt dann auf mehr Anbieter verteilt, bleibt für den Einzelnen ein kleineres Stück vom Kuchen. Ich persönlich sehe die Entwicklung mit Sorge, wenn immer weiter neue Spielbanken eröffnet werden.

ISA-CASINOS: Der allgemeine Trend beim Spielen geht hin zum Automatenspiel. Ist das klassische Spiel nicht mehr attraktiv?

Seegert: Ja und nein. Wir erkennen, dass es heute noch Liebhaber gibt, die die Besonderheiten des klassischen Spiels bevorzugen, wie z.B. das Ambiente, den Nervenkitzel, das Livespiel und die Kommunikation mit den Croupiers, aber deren Anteil wird immer geringer. Das erkennen wir z. B., wenn wir Werbemaßnahmen, welcher Art auch immer praktizieren: Von 10 Besuchern, die wir gewinnen, gehen 6-7 ins Automatenspiel und 2-3 ins klassische Spiel. Das ist auch ein gesellschaftlicher Trend, den wir zu akzeptieren haben. Wenn sie sich zum Beispiel die Spielbanken – Messe in Las Vegas o. ä. ansehen, wer macht sich denn da Gedanken über die Verbesserung der Attraktivität des klassischen Spiels? Nur sehr wenige. Dagegen ist eine wahnsinnige Innovationsbereitschaft im Automatensektor.

ISA-CASINOS: Liegt das vielleicht auch daran, dass immer mehr im Internet gespielt wird?

Seegert: Das ist sicher richtig. Die Berührungsangst von Tätigkeiten am PC zum Automaten sind wesentlich geringer als die am Spieltisch, wo ich mit einem Croupier oder auch mit anderen Gästen kommunizieren muss.

ISA-CASINOS: Was halten sie vom Pokerspiel in den Spielbanken und welche Chancen räumen sie diesem Spiel weiter ein?

Seegert: Wir haben die Anfänge von Poker erlebt. Zu Beginn wurde Poker in den Spielbanken mit grosser Euphorie und guten Ergebnissen gespielt, aber nach und nach haben sich dann die Pokergruppen z. T. aus den Spielbanken zurückgezogen. Ich glaube schon, dass Poker ein attraktives Spiel für die Spielbank sein könnte, allerdings kommt an diesen Tischen zu wenig Tronc zustande. Diese Erfahrung haben wir auch in Dänemark gemacht. Wenn sie aus dem Ergebnis beim Poker sowohl die Personalkosten bedienen und die hohen Abgaben zahlen sollen, ist Poker dafür einfach nicht geeignet.

ISA-CASINOS: Sollten Spielbanken mehr Turniere im Black-Jack anbieten?

Seegert: Wir sind in Bad Neuenahr sowie auch in Bad Dürkheim in der Planung, haben das aber selbst noch nicht gemacht. Ich sehe aber dort ein Potential, gerade im Black-Jack Bereich gibt es Publikum, das man neu gewinnen kann.

ISA-CASINOS: Wie sehen sie die gesamte wirtschaftliche Lage in den Deutschen Spielbanken?

Seegert: Ich kenne natürlich viele Spielbanken auch in Bezug auf Bilanzen und Jahresergebnisse, und da muss man sagen, dass diverse Spielbanken im Lande nur noch existieren können, weil die Landesregierungen die bisher sehr hohen Abgaben gesenkt haben, damit die Unternehmen noch wirtschaftlich arbeiten können. Man sieht ja, dass die Schraube der Abgabeerhöhung inzwischen in die andere Richtung gegangen ist. Wir waren in der Spitze mal bei 93 % Abgaben und das ist in den letzten 10 Jahren wesentlich weniger geworden. Diese hohen Abgaben waren in der Vergangenheit nur möglich, weil die Konzessionsgeber wußten, dass durch den „Tronc“ die Spielbanken überhaupt keine Personalkosten hatten. Solange das System gestimmt hat, konnte man auch hohe Abgaben rechtfertigen. Jetzt in der Zeit, in der die Trinkgelder schon lange nicht mehr ausreichen, um das Personal zu bezahlen, und die Spielbanken erhebliche Zuschüsse zu den Personalkosten leisten müssen, kann man so eine hohe Abgabenquote natürlich nicht mehr leisten.

ISA-CASINOS: Bilden sie in ihrem Haus eigene Croupiers aus?

Seegert: Wir bilden alle unsere Croupiers für den „Eigenbedarf“ in Bad Neuenahr und Bad Dürkheim aus.

ISA-CASINOS: Gibt es ein besonderes Erlebnis, an das sie sich gerne während ihrer Tätigkeit in der Spielbank erinnern?

Seegert: Ja, ich war noch relativ jung im Spielbankgeschäft, da hatten wir damals einen sehr hoch spielenden Gast, der spielte regelmäßig in Bad Dürkheim, ab und zu auch in Bad Neuenahr. An einem Tag habe ich dann erlebt, wie er 200.000 – 300.000 DM Stück für Stück am Roulettetisch verspielte. Er hatte sein gesamtes Kapital in 20.000,– DM Bündeln und in Couverts abgepackt. Als er zum Rest seines Kapitals kam, hat er dann seinen letzten Umschlag verspielt, diesen zusammengefaltet, ist aufgestanden und hat zu den Croupiers gesagt „Meine Herren, es war mir ein Vergnügen“ und ihnen ein fürstliches Trinkgeld gegeben. Das hatte Stil.

ISA-CASINOS: Was machen sie gezielt gegen die Spielsucht?

Seegert: Wir haben schon vor drei Jahren in Rheinland-Pfalz eine gemeinsame Initiative mit der Mainzer Gesellschaft gestartet. Wir haben ein Faltblatt, das der Gast, der sich selbst gefährdet sieht, lesen soll und sich selbst mit den dazugehörigen Fragen testen kann. Er kann dann eine Hotline anrufen, von der er dann zu einer Selbsthilfegruppe weitergeleitet wird. Das machen wir seit einigen Jahren und ist auch seitens des Innenministeriums sehr begrüßt worden. Jede Selbstsperre wird von uns unterstützt, wir haben unsere eigenen Mitarbeiter zu einer Schulung geschickt, die zum Thema Früherkennung von möglicherweise gefährdeten Spielern geschult worden sind.

ISA-CASINOS: Haben sie überhaupt bei ihrer Tätigkeit noch Freizeit?

Seegert: Ja, sie ist weniger geworden muss ich gestehen, aber ich nehme mir doch den nötigen Freiraum. Ich habe keine ausgeprägten Hobbies, aber ich habe 4 Kinder, von denen zwei noch klein sind. Für mich gibt es eigentlich nur, dass ich im Büro, bzw. geschäftlich unterwegs bin oder meine Zeit mit meiner Familie verbringe.

ISA-CASINOS: Welches Wunschziel haben sie für die Zukunft?

Seegert: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Spielbanken in Deutschland haben sich grundlegend verschlechtert. Ich würde mir wünschen, dass es mir gelingt, unsere Spielbanken auch in den schwierigen Zeiten, die auf uns zukommen, in eine erfolgreiche Zukunft führen zu können.

ISA-CASINOS: Ich bedanke mich für das Gespräch.