Die Pandemie hat Genting in schwere Turbulenzen gestürzt

Der malaysische Mutterkonzern des Eigners der MV Werften ist mit Glücksspiel, Freizeitangeboten und Kreuzfahrten gross geworden.

Matthias Kamp, Peking
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Bis zur Pandemie hatte das Genting vom globalen Boom beim Geschäft mit Kreuzfahrten profitiert. Seither sind die Aussichten weniger rosig. Im Bild ein Kreuzfahrtschiff des Unternehmens im Hafen von Hongkong.

Bis zur Pandemie hatte das Genting vom globalen Boom beim Geschäft mit Kreuzfahrten profitiert. Seither sind die Aussichten weniger rosig. Im Bild ein Kreuzfahrtschiff des Unternehmens im Hafen von Hongkong.

Paul Yeung / Bloomberg

Ende der 1990er Jahre und Anfang der 2000er Jahre pilgerten Chinesinnen und Chinesen in Scharen in einen Ort in den Bergen nördlich der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur: Genting. Dort betrieb der gleichnamige Konzern einen Freizeitpark mit Hotel und angeschlossenem Spielkasino. Damals wie heute war das Glücksspiel in China verboten, Reisen nach Macau mit seinen vielen Spielkasinos mit grossem Aufwand verbunden. Also zog es die glücksspielverrückten Chinesen nach Genting.

Lim Goh Tong

Lim Goh Tong

PD

Das Geschäft bescherte dem 1965 von dem chinesischstämmigen Malaysier Lim Goh Tong gegründeten Unternehmen einen Boom. Lim expandierte mit seiner Genting Group ins Geschäft mit Immobilien und Kreuzfahrten und betreibt in Malaysia sowie Indonesien mehrere Palmölplantagen. Im Jahr 2020 erzielte der inzwischen von Lims Sohn Lim Kok Thay geführte Konzern einen Umsatz in Höhe von umgerechnet knapp 2,6 Milliarden Franken – gegenüber 2019 eine glatte Halbierung. Die Pandemie hinterlässt Bremsspuren.

Beteiligungen an Kreuzfahrtlinien

Und das auch bei der in Hongkong kotierten Tochter, der 1993 gegründeten und von Lim Kok Thay geführten Genting Hongkong. Zu dem Unternehmen gehören unter anderem die Kreuzfahrtanbieter Star Cruises und Crystal Cruises; ausserdem ist Genting Hongkong am amerikanischen Anbieter Norwegian Cruise Line beteiligt. Über Beteiligungen gehört dem Unternehmen auch die deutsche MV Werften, die am Montag Insolvenz beantragte, nachdem Gespräche zwischen den örtlichen Behörden und dem Hongkonger Eigentümer über eine mögliche Rettung ergebnislos abgebrochen worden waren.

Während der ersten sechs Monate des vergangenen Jahres schrumpfte der Umsatz der Genting Hongkong auf gut 182 Millionen Dollar nach etwas mehr als 226 Millionen Dollar im Vorjahreszeitraum. Mithilfe massiver Kosteneinsparungen konnte das Unternehmen im selben Zeitraum immerhin seinen Nettoverlust deutlich reduzieren. Trotzdem sind die Aussichten für Genting Hongkong nicht rosig.

Am Dienstag liess der Konzern warnend verlauten, im Gefolge der drohenden Insolvenz der MV Werften könne die Gefahr weiterer Zahlungsausfälle bestehen. Das Unternehmen «geht davon aus, dass alle vernünftigen Bemühungen erschöpft sind», mit den relevanten Parteien unter den gegebenen Umständen zu einer Verhandlungslösung zu kommen, hiess es in einer Mitteilung an die Hongkonger Börse.

Genting Hongkong drohen weitere Zahlungsausfälle

Aus der Insolvenz der MV Werften könnten nach Angaben des Unternehmens Zahlungsausfälle in Höhe von 2,78 Milliarden Dollar resultieren. Bereits im August 2020 hatte Genting Hongkong Zahlungen an Gläubiger gestoppt, denen das Unternehmen per Ende Dezember 2020 insgesamt 3,4 Milliarden Dollar schuldete.

Bis zur Pandemie hatte das Unternehmen vom globalen Boom beim Geschäft mit Kreuzfahrten profitiert. Offenbar um sämtliche Stufen der Wertschöpfungskette zu kontrollieren, legte sich Genting Hongkong mehrere Werften zu: Im Jahr 2016 übernahm die Firma die Lloyd-Werft in Bremerhaven; ebenfalls 2016 kauften Lim und sein Konzern die drei Schiffbaubetriebe in Stralsund, Wismar und Rostock.