Glücksspielsucht und soziale Kosten in der Schweiz – ESBK publiziert Resultate zweier Studien

Illegales Glücksspiel nicht berücksichtigt

Die Eidg. Spielbankenkommission (ESBK) hat die Resultate zweier Studien zur Verteilung der Glücksspielsucht im Allgemeinen und zu den sozialen Kosten des Glücksspiels in Casinos präsentiert (www.esbk.admin.ch). In der Schweiz betreiben gemäss diesen Studien hochgerechnet rund 120’600 Personen exzessives Glücksspiel.

Über die Jahre hinweg scheint diese Zahl in etwa konstant geblieben zu sein. Rund 20% aller Personen mit Glücksspiel-problemen spielen in Casinos. Pro Fall generieren die exzessiven Casino-Spielenden 2’979 Franken soziale Kosten im Jahr. Die Problematik würde aber nicht wegfallen, wenn in der Schweiz kein Angebot an Casinos vorhanden wäre. Im März 2007 hat der Bundesrat die ESBK unter anderem damit beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen im Bereich Sozialschutz zu prüfen und ihm im Herbst 2009 einen Bericht und Verbesserungsmöglichkeiten zur Vorbeugung der sozialschädlichen Auswirkungen des Spielbetriebes zu präsentieren. Um diesen Auftrag zu erfüllen, hat die ESBK zwei Studien lanciert. Ziel der Ersten ist es, die Entwicklung der Glücksspielge-wohnheiten der Schweizer Bevölkerung einzuschätzen (Prävalenzstudie) Ziel der Zweiten, die durch die Eröffnung der Spielbanken verursachten sozialen Kosten zu ermitteln.

Für die Prävalenzstudie „Glücksspiel: Verhalten und Problematik in der Schweiz“ wurden im Rahmen der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2007 (SGB) 14’393 Personen zum Thema Glücksspiel befragt. 60,5% der Befragten haben nach eigenen Angaben mindestens einmal in ihrem Leben Glücksspiele genutzt. 41,9% davon spielten während der zwölf der Befragung vorangehenden Monate. Während dieser zwölf Monate praktizierten insgesamt 58,5% der Befragten risikoarmes Glücksspiel. 1,5% der Befragten können hingegen zu den problematisch Glücksspielenden und 0,5% zu den möglicherweise abhängig oder patho-logisch Glücksspielenden gezählt werden. Insgesamt zeigen somit 2,0% der Befragten ein exzessives Spielverhalten, das heisst ein problematisches oder möglicherweise pathologisches Glücksspielverhalten.

In Bezug auf die Schweizer Bevölkerung ab 15 Jahren können geschätzte 34’900 Personen zu den möglicherweise abhängig beziehungsweise pathologisch Spielenden gezählt werden. (Dies stellt einen Widerspruch zu der Hochrechnung im ersten Abschnitt, wo 120’600 Per-sonen als exzessive Glücksspiele bezeichnet werden… Red.) Mindestens 85’700 Personen zeigen ein problematisches, 3’664’900 Personen ein risikoarmes und 2’401’200 Personen kein Spielverhalten. (Problematisch ist nicht gleich exzessiv. Also wären eigentlich die 34’900 Insgesamt betreiben also geschätzte 120’600 Personen exzessives Glücksspiel. Die Prävalenz-schätzungen für die Schweiz sind relativ stabil. Einerseits gibt es über die Zeit kaum Ver-änderungen. Weder im Vergleich der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2002 noch im Vergleich zu anderen in der Schweiz durchgeführten Studien können markante Hinweise auf eine Zu- oder Abnahme des Glücksspielverhaltens gefunden werden.

Die zweite Studie „Soziale Kosten des Glücksspiels in Casinos“ wurde durchgeführt vom Büro für Arbeits- und sozialpolitische Studien. Sie ermittelten auf der Basis der SGB 2007 eine Jahres-Prävalenz (Bevölkerung ab 18 Jahren) für problematische Casino-Spielenden von 0,3% und für pathologisches Casino-Spielenden 0,13%. Hochgerechnet ergibt dies 13’535
problematische und 6’095 pathologische Casino-Spielenden (gesamt 19’630 Personen mit Glücksspielproblemen durch Casino-Spiel; CI: 11’597 – 27’663). Gemäss SGB 2007 handelt es sich damit bei rund 20% der als problematische oder pathologische Spielenden identi-fizierten Personen um Casino-Spielende. Glücksspielprobleme aufgrund des Casino-Spiels belasten nicht nur die Betroffenen Selbst. Auch ihr familiäres und gesellschaftliches Umfeld ist in die Problematik miteinbezogen. Auf der Grundlage einer Befragung der gesperrten Spielenden konnten verschiedene Folgen des problembehafteten Casino-Spiels untersucht werden. Namentlich in den Bereichen finanzieller Situation und Verschuldung, Ausfall von Arbeitsleistungen, Auswirkungen auf die Familieund das soziale Umfeld, gesundheitliche Belastungen, Beschaffungskriminalität und Beanspruchung von Beratungs- und Behand-lungseinrichtungen.

Ein Vergleich der Kostensituation des Glücksspiels in Casino mit anderen Problem-komplexen brachte folgende Ergebnisse (wobei aufgrund unterschiedlicher Studienansätze und Problemlagen derartige Kostenvergleiche generell schwierig vorzunehmen sind): Pro Fall sind die tangiblen Kosten bei der durch Casinos verursachten Glücksspielsucht in etwa gleich denjenigen des Tabaks. Gegenüber dem Alkohol (rund 6’800 Franken tangible Kosten) liegen die Fall-Kosten klar tiefer, dis vor allem aufgrund der bei der Alkoholsucht grösseren ge-sundheitlichen direkten und indirekten Folgekosten. Gesamthaft betrachtet sind die sozialen Kosten des Casino-Glücksspiels wegen der relativ geringen Population von rund 20’000 Personen deutlich tiefer als bei Tabak (rund 2 Mio. Betroffene) und Alkohol (rund 360’000 Betroffene). Da es sich bei beiden Studien um Hochrechnungen handelt, müssen die präsen-tierten Daten als Schätzungen betrachtet werden. Trotzdem kann aufgrund verschiedener Studien-resultate davon ausgegangen werden, dass die Problematik der Glücksspielsucht und die daraus resultierenden sozialen Kosten nicht wegfallen würden, wenn in der Schweiz kein Angebot an Casinos bestehen würde. Laut SGB 2007 nutzen 80% der Personen mit Glücks-spielproblemen Angebote ausserhalb der Casinos (Internet, Lotterien, Poker etc.). Zu den daraus anfallenden sozialen Kosten liegen bisher keine Schätzungen vor.

Anmerkung von Swiss Gaming Newsletter (SGN): In den beiden Studien werden die Kosten des illegalen Glücksspiels nicht berücksichtigt und ist durch das SGB auch nicht erfassbar. Abklärungen und Erfahrungen zeigen, dass im illegalen Glücksspiel (Spielclubs, Schenk-kreise usw. in der Schweiz rund 700 Millionen – also mehr als die Hälfte wie in den Casinos – umgesetzt werden, vorwiegend von Nicht-Schweizern die in der Schweiz leben. Die daraus entstehenden Sozialkosten können in Studien wie die vorliegenden nicht seriös erfasst wer-den.
SWISS GAMING NEWSLETTER 2009