Pokersplitter: Wirtschaftskrise, Young Guns und die WSOP

Da aufgrund des Endspurts bei der European Poker Tour etwas Zeitmangel und Termindruck in der Redaktion herrschte, mussten die Pokersplitter ein wenig warten und inzwischen hat sich so einiges angesammelt. Hier also zusammengefasst, was die Pokerwelt in den letzten Wochen bewegte. Die schlechten beziehungsweise traurigen Nachrichten gleich einmal vorneweg.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass uns die Pokerlegende David ‘Chip‘ Reese verließ und nun musste seine Familie einen weiteren schweren Rückschlag einstecken. Im Alter von nur 20 Jahren starb der einzige Sohn, Casey Reese, an einer Überdosis verschreibungspflichtiger Medikamente. Doyle Brunson und Daniel Negreanu, die der Familie sehr nahe stehen, waren bestürzt und vor allem der 75-jährige Brunson macht sich schwere Vorwürfe, ob er dieses Unglück nicht hätte verhindern können. Warum sich Casey in den Tod gestürzt hat, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben, aber der Freundeskreis ist sich sicher, dass es mit dem Ableben seines Vaters, das er nie verkraftete, zu tun hatte.

Einen weiteren Verlust musste die Pokercommunity mit dem Tod von Justin Shronk hinnehmen. Shronk war ein Mann hinter den Kulissen und jeder, der ihn kannte, war von seiner einnehmenden Art begeistert. Er war für die großen Magazine wie etwa „Bluff“ und dem „Cardplayer“ tätig und hat sich zudem als Radioshow-Moderator einen Namen gemacht. Zu guter Letzt arbeitete er für PokerNews und PokerRoad. Shronk starb im Alter von gerade einmal 27 Jahren eines natürlichen Todes, kämpfte aber in den vergangenen zwei Jahren auch immer wieder mit schweren gesundheitlichen Problemen.

Doch in den vergangenen Wochen gab es auch positive Meldungen. Beim Grand Final der European Poker Tour fand zum ersten Mal das Ante-Up-For-Africa-Event auf europäischem Boden statt und trotz der allgegenwärtigen Rezession haben Stars und Sternchen satte USD 343.000 an Spendengeldern zusammengespielt. Das nächste Ante-Up-Charity-Turnier findet im Übrigen am 2. Juli statt und ist wie immer das Eröffnungsturnier für „The Big One“ – das Main Event der World Series of Poker.

Dass die Wirtschaftskrise tatsächlich auch die Poker-Pros erwischt hat, lässt sich jedoch nicht von der Hand weisen. Bestes Beispiel ist das legendäre Big Game im Herzen von Las Vegas. In Bobby´s Room trifft sich die Pokerelite zwar immer noch, aber längst nicht mehr so oft wie noch vor einem Jahr. Das berüchtigte Mixed-Game mit Limits bis zu USD 4.000/USD 8.000 lockte vermögende Glücksritter an, um sich mit den Pokergiganten zu messen. Doch mittlerweile werden die Limits immer öfter nach unten gesetzt, damit überhaupt ein Spiel zustande kommt. Zum einen erhoffen sich die Pros mehr zahlungsfreudige „Kundschaft“, zum anderen will man die eigenen Finanzreserven schonen: „Das Geld sitzt längst nicht mehr so locker. Früher gab es immer irgendwelche Leute vom Film oder aus der Computerbranche, die zu viel Geld hatten“, so Team-PokerStars-Pro Barry Greenstein in einem Interview.

Bobby’s Room ist ein Teil des Pokerrooms im Bellagio und dort fand auch das Finale der World Poker Tour statt. Für das USD 25.000-Event hatten sich 338 Teilnehmer angemeldet und Team-PokerStars-Pro Bertrand Grospellier konnte mit dem dritten Platz nicht nur USD 776.245 verbuchen, sondern sicherte sich auch die Trophäe des „WPT Player of the Year“.

Der Final Table war sehr gut besetzt und vor allem die Riege der jungen Online-Pros war richtig stark vertreten. Spieler wie Eugene „MyRabbiFoo“ Katchalov (9./USD 130.735), Justin „robert07“ Young (8./USD 163.420) und Brian „tsarrast“ Rast (7./USD 204.275) verpassten nur ganz knapp den TV-Final-Table. Dort saßen dann neben ElkY und Scotty Nguyen Young Guns wie Shannon „basebal1b“ Shorr und Christian „charder30“ Harder.

Der Sieg und USD 2.149.960 gingen am Ende an Yevgeniy Jovial Gent Timoshenko (Foto links). Der ukrainischstämmige Timoshenko hat erst kürzlich seinen 21. Geburtstag gefeiert und seine ersten Liveturniere bei der EPT gespielt. Online ist er einer der Highroller und oft kann man ihn bei den Highstakes-Heads-up-Sit-and-Gos beobachten.

Dass die Onlinegarde immer mehr die Liveturniere bevölkert, war nur eine Frage der Zeit und aufgrund der hohen Anzahl von Onlinespielern ist es auch nicht verwunderlich, dass man sie immer öfter an den Finaltischen großer Turniere findet. Dennoch ist es für die gestandenen Profis sehr gewöhnungsbedürftig, sich an die mathematisch akkurate und äußerst aggressive Spielweise zu gewöhnen.

Poker-Urgestein Dolye Brunson reagiert darauf auf seine Art. Ermüdet und auch etwas verärgert über manchen arroganten Pokerfrischling bot „Texas Dolly“ jedem aufstrebenden Jungspund eine Challenge an. Seine Bedingung wäre eine ausreichende Spieldauer und die Wahl der Pokervariante. Unter dem Motto „Doyle says“ (Doyle sagt an) würde er jedem Gegner die Stirn bieten.

Aber bei seinen Ansagen würden nicht nur die bekanntesten Spiele wie die des 8-Games kommen. Mit seinen über 55 Jahren Pokererfahrung hat er wohl schon jedes erdenkliche Spiel gezockt. Die Herausforderer müssten sich mit Exoten wie dem 6-Card-Razz (mit verschiedenen Lows wie 2-7, A-5 und A-6 Low), Stud High-Low mit unterschiedlichen Qualifiern (8-or-better, 10-or-better usw.), Greek Hold’em und vielem mehr anfreunden. Das Spiel würde natürlich in Bobby’s Room stattfinden und die Dealer müssten wohl hierzu noch eine kleine Nachschulung bekommen. Ob sich jemals ein Gegner für diese Unterfangen findet, bleibt abzuwarten.

Sicher ist auf jeden Fall, dass die junge Garde bei der bevorstehenden World Series of Poker ordentlich für Wirbel sorgen wird. Eine ganze Reihe der im Internet etablierten Pros wird zum ersten Mal bei der WSOP teilnehmen. Neben dem oben genannten Yevgeniy Timoshenko ist das zum Beispiel Isaac „westmenloAA“ Baron, der im letzten Jahr erst kurz nach dem Start des Main Events seinen 21. Geburtstag feiern konnte und damit für alle Events noch zu jung war.

Vom 27. Mai bis zum 15. Juli 2009 wird die Pokerwelt nach Sin City strömen. Die 40. Auflage der WSOP verspricht viel und wird hoffentlich auch viele der Versprechen erfüllen.