Das PokerNews Interview: Barry Greenstein (Teil 2)

Von Martin Harris

Für den 1. Teil des PokerNews Interviews mit Barry Greenstein, klicken Sie bitte hier.

“Hast Du ihm gesagt, daß echte Pokerspieler keine Interviews geben, weil sie zu sehr mit dem Spielen beschäftigt sind?“ rief Phil Ivey von der anderen Seite des Bobby’s Room zu Barry Greenstein, welcher sich am frühen Samstagabend die Zeit genommen hatte, um sich mit PokerNews über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft des Pokers zu unterhalten.

“Hatte ich nicht gestern gesehen, wie Du ein Interview gegeben hattest?” rief Greenstein quer durch den Raum in Richtung von Ivey. Danach setzen wir unser Interview fort und unterhielten uns über die kommende WSOP.

PokerNews: Sie sind Mitglied im Players Advisory Council für die World Series of Poker und es gibt einige Fragen im Bezug auf die Änderungen bei der diesjährigen WSOP. Letzten Sommer hatten Sie Ihr drittes Bracelet beim USD 1.500 Razz Event gewonnen. Das Buy In für dieses Event steigt im Jahr 2009 auf USD 2.500…

Barry Greenstein: Ein Grund, warum das Buy In in diesem Jahr geändert wird, ist das einige Leute der Meinung sind, es wäre nicht genug zu spielen. Wir möchten bei der diesjährigen WSOP die Anzahl der Chips verdreifachen. Zwei Jahre vorher war es bei den ersten Levels in den Limit Events zuviel zu spielen, im letzten Jahr waren einige Spieler der Meinung es wäre zu wenig zu spielen. Aber nun, mit einem Buy In von USD 2.500 erhalten die Spieler 7.500 Chips, somit wird es in den frühen Leveln des Razz Events mehr zu spielen geben und ich denke damit werden die Spieler zufrieden sein. Einige Spieler hofften auf zwei Razz Events: ein Event mit USD 1.500 Buy In und ein weiteres Championship-Event mit USD 5.000 Buy In. Deshalb haben wir versucht einen Kompromiss zu schaffen, damit der Preispool hoch genug ist, aber nicht so zu hoch für WSOP Spieler, welche über keine so hohen Geldmittel verfügen.

PN: Eine weitere Änderung betrifft das No-Limit Deuce-to-Seven Draw Event. Es handelte sich dabei im letzten Jahr um ein USD 5.000 Buy In Event mit Rebuys. In diesem Jahr haben wir zwei NL 2-7 Draw Events, ein Event mit USD 2.500 Buy In und das World Championship Event mit USD 10.000 Buy In, wobei keines der beiden Events mit Re-Buy’s sein wird. Sie haben Ihr erstes WSOP Bracelet in diesem Event gewonnen, korrekt?

Greenstein: Stimmt, bei diesem Event lief es immer sehr gut für mich und ich bin der Meinung, da ich in diesem Event die besten Chancen habe, da ich eine Menge NL 2-7 gespielt habe. Sie wissen ja, daß die Spieler, welche die besten Chancen haben, bei den Big Games die Spieler sind, welche es oft gespielt haben. Und von allen Spielern des Big Games – ich meine damit Spieler, wie Doyle, Lyle Berman, Bobby Baldwin, Phil Ivey usw. – scheint es so zu sein, daß ich die beste Chance habe, dieses Event zu gewinnen. Ich gehöre zu den jüngeren Vertretern dieser Gruppe, wenn man mal von Phil Ivey absieht. Im letzten Jahr habe ich den dritten Platz bei diesem Event belegt und im Jahr 2004 hatte ich das Event gewonnen. Ich denke immer wieder, daß wenn ich es bis zum Final Table schaffe, ich es auch schaffen kann das Event zu gewinnen. Deshalb sind meine Chancen in diesem Event hervorragend.
Ich hatte nicht so viele Re-Buys wie viele andere Spieler, obwohl zusätzliches Geld für extra Re-Buys einem Spieler gegenüber seinen Kontrahenten erhebliche Vorteile verschaffen kann. In diesem Jahr gibt es keine Re-Buys, deshalb sind die Bedingungen für den Wettbewerb gerechter. Dies ist jenes Event, welches ich mir genauer angesehen habe, wenn ich auf Bracelets gewettet hatte. Das Event war immer mein bevorzugtes Event. Ich sagte immer, daß ich eine Chance von 5% hatte, dieses Event zu gewinnen, wenn man berücksichtigt, daß 60-80 Spieler an dem Event teilnahmen, ich war bereit mehr Re-Buys zu machen, als der durchschnittliche Spieler und ich hatte die meiste Erfahrung in dieser Pokervariante. Nun wären meine Chancen sowieso etwas schlechter, da ich nicht mehr das Geld habe, um mehr Re-Buys wie ein durchschnittlicher Spieler zu machen.

PN: Welcher Spielertyp wird Ihrer Meinung nach an dem USD 40.000 Buy In “40th Annual No-Limit Hold’em” Event teilnehmen?

Greenstein: Ich habe mit Eli Elezra gewettet, daß mindestens 222 Spieler teilnehmen werden. Einige Leute denken, diese Anzahl wäre etwas übertrieben, da dieses Event relativ am Anfang der WSOP stattfindet. Wenn ich mir aber andere Teilnehmeranzahlen so ansehe – an dem WPT Championship Event mit USD 25.000 Buy In nehmen auch immer zwischen 300 und 400 Spieler teil – warum sollten also keine 222 Spieler an diesem USD 40.000 No-Limit Event teilnehmen?
Das USD 40.000 Event wird mit Sicherheit sehr interessant für TV-Ausstrahlungen sein. Wir gehen davon aus, daß die Besetzung des Final Table überaus interessant sein wird, da es das schwierigste Teilnehmerfeld sein wird, welches jemals an einem No-Limit Event teilgenommen hat. Jeder Live-Spieler, welcher sich die USD 40.000 leisten kann wird teilnehmen und ich gehe davon aus, daß die Online Superstars ebenfalls teilnehmen werden.

PN: Was ist mit der Entscheidung beim Final Table erneut eine Pause zu machen? (der Final Table wir erst im November zu Ende gespielt)

Greenstein: Die meisten Leute entschieden sich wegen den Zahlen dafür und die entscheidenden Zahlen sind die TV-Ratings (welche im Jahr 2008 anstiegen). Ich sehe mir aber nicht nur die TV-Ratings an. Ich bin der “Anwalt” der Spieler und ich betrachte mir die Sache auch aus der Sichtweise der Spieler und frage mich:” Was haben die Spieler davon?”. Wenn man sich die Ergebnisse betrachtet, wird man feststellen, daß jedes Mitglied der “November Nine“ unter Vertrag genommen wurde. Wenn man diese Verträge im Gesamten betrachtet, bedeutet dies Millionen Extra-Dollar für die Spieler, wobei in der Vergangenheit eigentlich nur der Sieger das große Geld gewonnen hatte. Ich als Vertreter der Spieler, bin der Meinung, daß die Pause für die Spieler vorteilhaft ist. Im Jahr 2009 werden die 9 Spieler wieder Millionen zusätzliche Dollars durch Verträge erhalten und ihr Marketing-Potenzial dadurch erheblich steigern können, was für ihre zukünftige Poker-Karriere überaus vorteilhaft sein könnte.

PN: In einer gerade ausgestrahlten Episode von “High Stakes Poker”, haben Sie auf einen Satz aus Joe (Sebok)’s PokerRoad Podcast hingewiesen — “Mathematik ist idiotisch”.

Greenstein: Ja.

PN: Dieser Satz ist nun in allerdings wohl überwiegend ironisch gemeint. Nun aber zurück zu Ace on the River (Greenstein’s Autobiographie und Poker-Strategie Buch aus dem Jahr 20005), in dem Buch erzählen Sie eine interessante Geschichte über eine Hand, welche Sie während Ihrer Studienzeit an Universität von Illinois, gegen einen Philosophie-Professor gespielt hatten. Die Hand wurde im Kapitel ”Falsch angewendete Mathematik” beschrieben. Es handelte sich um eine Stud Eight or Better Hand, bei welcher er berechnet hatte, daß Sie ein 1000 zu 1 Favorit gegen seine Hand wären, wenn Sie die entsprechenden Karten auf der Hand hätten (drei niedrige Karo)…

Greenstein: Ja, mathematisch betrachtet, mit zufälligen Karten. Aber in diesem Fall gab es keine zufälligen Karten. Ich hatte die Hand, welche ich nun mal hatte und die Hand war gut genug, um ihn All In zu raisen, da es offensichtlich war, daß er so was, wie eine 6 –High Straight auf der Hand hatte. Ich hätte seinen Einsatz nicht gecallt, (wenn nur noch eine Karte kommt) ohne einen Low und einen Flush Draw zu haben, deshalb habe ich es getan und ihn letztendlich besiegt.

PN: Es ist schon spaßig, dies nochmal zu lesen und dann über den Satz nachzudenken…

Greenstein: Ja, ich denke an dem Spruch “Mathematik ist idiotisch” ist nicht viel dran, aber ich bin der Meinung, daß die Mathematik beim Poker oft falsch eingesetzt wird.

PN: Sie macht Idioten aus uns. Oder könnte es…

Greenstein: Richtig. Sehr viele Leute berufen sich auf die Mathematik. Wenn Sie ins RedPro-Forum gehen, finden Sie dort eine meiner Aussagen zu diesen Leuten… Ich nenne sie die “Internet Kids“. Sie kennen doch diese Kids, exzellente Spieler, wie Daniel Kelly, Jimmy Fricke… allgemein anerkannt, offensichtlich sehr smart und sehr gute Spieler. Und diese Spieler fangen immer wieder an mathematische Bertachtungen anzustellen, wenn die Dinge für sie +EV sind, wobei ich dazu folgende Meinung habe:“ Euch Jungs fehlen bestimmte Dinge beim Poker, welche euch einen weit größeren EV geben können, als die Mathematik euch jemals geben kann“.
Dann gibt es noch die andere Sache mit den jungen Spielern, welche denken, alles über das Game zu wissen, es aber oft nicht so läuft, wie sie es sich vorstellen. Beim Live Poker gibt es so viele Dinge neben der Mathematik, im speziellen, wenn man gegen schwache Spieler spielt, welche einem Spieler Vorteile verschaffen können. Eine große Anzahl der jungen Spieler vergisst dies. Wenn die Spieler sich in den nächsten Jahren verbessern, werden die Besten davon aufwachen und feststellen, daß es keinen Sinn macht, sich immer hinter mathematischen Modellen zu verstecken und daß es noch viel andere Dinge beim Poker gibt, welche für den Erfolg ausschlaggebend sein können.

PN: Sie wurden ja schon sehr oft interviewt. Gibt es eine Frage, welche Ihnen noch nie gestellt wurde und welche Sie aber gerne beantwortet hätten?

Greenstein: Nein, da fällt mir auf Anhieb nichts ein. Sie müssen immer daran denken, daß ich PokerStars repräsentiere. Was mache ich für PokerStars? Ich repräsentiere PokerStars unter anderem auch online, bin eingebunden in die Spiele, welche bei PokerStars angeboten werden und trage ein PokerStars Abzeichen, wenn ich an Turnieren teilnehme. Aber eines der wichtigsten Dinge, welche ich für PokerStars mache, besteht darin Interviews zu geben, da PokerStars mich dafür bezahlt.
Wir sind eine Art Kämpfer in dem weltweiten PR-Krieg, bei welchem die Regierungen versuchen Poker schlecht zu machen… somit ist es meine Aufgabe als Sprecher für PokerStars zu den unterschiedlichsten Plätzen und Anlässen zu reisen und die Leute für dieses Thema zu sensibilisieren indem ich z.B. sage:“ Es ist nichts schlechtes am Poker. Poker ist ein Spiel für jedermann. Viele Menschen auf der ganzen Welt spielen gerne zum Zeitvertreib Poker und viele Leute haben USD 50 bis USD 100 auf ihrem Online Account und spielen in ihrer Freizeit Online Poker“. Ich werde diese Nachricht weiterhin verbreiten, aber ich werde keine 16-jährigen Kinder dazu auffordern Poker zu spielen. Ich werde ihnen sagen, sie sollen sich auf ihre Schule konzentrieren. Aber ich sage den Leuten, welche gerne Poker spielen, daß nichts falsch daran ist, Online oder Live Poker zu spielen und daß sie keine Politiker benötigen, welche ihnen vorschreiben, wie sie ihre Freizeit verbringen sollen.