Von Paragraphen und deren Reitern

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


In den meisten Ländern der Erde ist alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist. In Deutschland ist alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist… und vielleicht auch noch etwas mehr!

Die EPT Dortmund hätte ein wahres Fest werden können; rein vom deutschen Pokergesichtspunkt aus war sie das auch. Mit Sandra Naujoks als Siegerin können wir uns kaum eine bessere Botschafterin wünschen, die die positiven Aspekte des Spiels so glaubwürdig und authentisch wie kaum ein anderer übermitteln kann. Aber die für mich persönlich letzte Szene der EPT Dortmund war so einprägsam wie der allgegenwärtige Hang zur Überregulierung und das daraus resultierende Chaos der gesamten Veranstaltung: Ich muss vorausschicken, dass ich Sandra schon lange kannte, bevor ihr Name in der Medienwelt ein Begriff wurde und wir schon einige Zeit vor ihrem Titelgewinn in Baden unsere gemeinsamen Runden auf dem Golfplatz drehten. Nachdem das Blitzlichtgewitter am Finaltisch etwas abgeklungen war wollte ich sie einfach in den Arm nehmen und herzlichst zu diesem gigantischen Erfolg gratulieren. Aber ich hatte meine Rechnung ohne die muskelmassenmäßig überaus aufgepolsterten Herren gemacht, die den Finaltisch vor Leuten wie mir beschützen sollten. Statt eines simplen Wortes wurde einfach der Unterarm ausgestreckt und mir bedrohlich vor die Brust geschoben, was wohl nichts anderes zu bedeuten hatte, als: „Bis hierher und keinen Millimeter weiter!“ Ich respektiere ja die Obrigkeit, also bleibe ich schön brav stehen und warte auf bessere Zeiten. Keine 5 Sekunden später entdeckt mich Sandra und kommt strahlend auf mich zugelaufen. Aber da hat sie wohl nicht an den aufgepolsterten Herrn gedacht. In einer reflexartigen Bewegung, die vermutlich eher direkt der Oberarmstreckmuskulatur, als dem eigentlich gut 20 Zentimeter höher sitzenden koordinativen Organ entsprungen zu sein scheint, schnellt erneut der Unterarm heraus und diesmal hat ihn Sandra vor der Brust. Dass wir uns zu guter Letzt doch noch in die Arme nehmen konnten, grenzt schon beinahe an ein Wunder…

Dieses Beispiel ist bezeichnend für den gesamten Ablauf der Organisation. Fünf mit überdimensional großen Taperollen ausgestattete Spielbankmitarbeiter waren allein dafür abgestellt, durch die hoheitlichen Räume zu eilen und nach irgendwelchen Anzeichen der leisesten Form von Werbung Ausschau zu halten. Wurde das Corpus delicti entdeckt, kam sofort das schwarze Klebeband zum Einsatz und der Schriftzug war nicht mehr zu sehen. Begründet wurde dies mit einer Dienstanweisung vom Innenministerium. Bei der Aktion mussten sowohl die Brandings von in Deutschland völlig legalen, reinen Playmoneyseiten, als auch alle anderen Werbebotschaften dran glauben. Selbst das Logo einer bekannten Burgerkette wurde nicht verschont. Warum in aller Welt ist dies durch eine ministerielle Anweisung verboten worden, wenn mir, keine 100 Meter von der Spielbank entfernt, ein riesengroßer Whopper von einer Plakatwand entgegen lacht?

Natürlich muss dieser Aufwand auch entsprechend gegenfinanziert werden. Deshalb wurde neben der 300 € Entry Fee für den Main Event nochmals zusätzlich 30 € pro Person fällig, wenn man überhaupt den Turniersaal betreten wollte. O.K., 25 € davon waren als Subvention für die Gastronomie gedacht und man konnte sich Softdrinks bis zum Abwinken bestellen. Aber wenn man wie ich, nur 2 Cola am Tag trinkt, kann man dies getrost der Kategorie „Nepp“ zuordnen. Die Spieler, welche Tag 1 überlebten, wurden gleich noch mal extra bestraft. Ohne die 30 € auch an Tag 2 abzudrücken, konnte man nicht den Turniersaal betreten und musste sich totblinden lassen. Ich verstehe einfach nur noch Bahnhof: In Deutschland gibt es doch richtig gute staatliche Casinos, wie beispielsweise die Spielbank Schenefeld oder das auch zur Westspielgruppe gehörende Casino Bremen, um nur zwei zu nennen. Dort gibt es fantastische Pokermanager und ein tolle Organisation, die jeden Pokerspieler als geschätzten Gast betrachtet und alles dafür tut, damit er sich wohl fühlt. Warum können sich die Verantwortlichen von Dortmund nicht mal mit diesen Leuten zusammensetzen und erklären lassen, wie man anständige Pokerevents aufzieht? Dann gäbe es nicht nur ein dickes Lob für die tollen Leistungen der deutschen Pokerspieler, sondern auch für die Gastfreundschaft,

glaubt

Euer Michael von free-888.com