Tarifsituation bei Westspiel

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

sicherlich haben Sie aus den örtlichen Medien erfahren, dass die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Westspiel GmbH & Co KG nach monatelangen Verhandlungen von der Westspiel ausgesetzt wurden.

Die Geschäftsführung macht hierfür die zurückgegangenen Besucherzahlen und die damit verbundenen gesunkenen Ergebnisse verantwortlich. Diese Zahlen führen dazu, dass sich die Geschäftsführung anscheinend außer Stande sieht, für die Beschäftigten eine angemessene Gehaltserhöhung zu vereinbaren.

Wie Sie sicherlich wissen, haben der Landtag NRW und im Vorfeld die Bundesregierung neue Gesetze zum Glücksspielwesen beschlossen, mit dem Ziel, die Spielsucht zu begrenzen, das Glücksspielmonopol zu sichern und eine geschäftliche Betätigung für private Anbieter zu verhindern. Weiterhin ist zum Juli 2008 das Nichtraucherschutzgesetz in Kraft getreten. Diese Gesetze, in Verbindung mit unternehmerischen Fehleinschätzungen, sowie der Eröffnung einer eigenständigen vierten Spielbank in NRW, haben dazu geführt, dass in den drei bestehenden Altbanken weniger Besucher registriert und somit auch weniger Einspielergebnisse erzielt werden.

Diese hausgemachten Einbußen benutzt Westspiel nun, um Tarifverhandlungen zu verhindern und betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen.

Es ist ein Skandal, dass in einer Tochtergesellschaft der NRW Bank, Mitarbeiter entlassen werden sollen, obwohl die wirtschaftliche Situation dazu keine Veranlassung gibt.

Hier erinnern wir Sie an den ordnungspolitischen Auftrag, den das Unternehmen Westspiel gemäß Spielbankgesetz zu erfüllen hat.

Der Auftrag der Westspiel besteht nicht darin, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sondern vielmehr zu verhindern, dass Glücksspielsucht und Wettsucht entsteht.

Das Prinzip der Gewinnmaximierung kann also auf ein Unternehmen, wie die Westspiel es ist, nicht angewandt werden. Gerade aber dieses Prinzip hat die Geschäftsführung der Westspiel verinnerlicht, da der Geschäftsführer Lutz Wieding von den Beschäftigten immer höhere Produktivität abverlangt.

In diesem Zusammenhang regen wir an, das Spielbankmodell des Freistaates Bayern auf das Land NRW zu übertragen.
In Bayern wird ja bekanntermaßen das Spielbankwesen direkt vom Land betrieben und dementsprechend überwacht.

Die Frage der Gewinnmaximierung auf Kosten von potentiellen Suchtkranken stellt sich im bayrischen Modell nicht mehr.

Wenn die Landesregierung es mit der Bekämpfung der Spielsucht und den daraus resultierenden Folgen, ernst nimmt muss man auch die Beschäftigten vor den negativen Auswirkungen schützen.

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie im Interesse der Mitarbeiter dafür Sorge tragen, das die Geschäftsführung Spielraum für eine angemessene Vergütung der Mitarbeiter erhalten. Zur Not müssen die abzuführenden Spielbankerträge entsprechend reduziert werden.

Gleichzeitig erwarten wir, dass das Spielcasino Duisburg entsprechend der drei anderen Casinos behandelt wird und auch dieses Casino in den Verbund aufgenommen wird. Die damalige Gründung in einer eigenen Tochter von Westspiel macht nach dem neuen Glücksspielgesetz keinen Sinn mehr, da die größtmögliche Gewinnerzielung im Widerspruch zur Gesetzeslage steht. Außerdem erwarten wir, dass in einem landesnahen Tochterunternehmen grundsätzlich die geltenden Tarifverträge angewandt werden.

Weiterhin stellen wir die Frage, ob mit der Neuvergabe der Spielbankkonzession auch eine Standortverlagerung geplant ist.

Konkret: Soll der Standort in Aachen einem neuen, großen Casino in Köln weichen?

Hier werden Erinnerungen an die Standortschließung von Nokia in NRW wachgerüttelt.

Falls es im Casino Aachen zu einem derartigen Szenario käme, wäre die Landesregierung in NRW (die NRW Bank als Mutter der Westspiel ist zu 67 % in Besitz des Landes) der Verursacher eines Arbeitsplatzabbaus, den man bei Nokia noch öffentlich als moralisch verwerflich dargestellt hat.
Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang natürlich nochmals, dass das Bestreben der Landesregierung doch sein muss, das Spielbankwesen konsequent an der Bekämpfung der Spielsucht auszurichten.
Wie soll ansonsten ein gesetzliches Spielbankmonopol zu rechtfertigen sein.

Ein neuer, nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten eröffneter Spielbankstandort im Großraum Köln und die damit verbundene Schließung des Casino Aachen widerspricht letztlich dem Grundgedanken des Gesetzes, nämlich der Bekämpfung der Spielsucht.

Wir erwarten ihre Antwort und stehen für ein Gespräch jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Elbracht
Gewerkschaftssekretär