WSOP-Bilanz: Jahr der Rekorde

Für die Harrah’s Entertainment Incorporation ist die Devise alljährlich recht simpel. Vergangene Fehler ausmerzen und ansonsten gilt es, die bestehenden Teilnehmerzahlen zu übertreffen. Den ersten Punkt haben die Veranstalter durchweg gekonnt bewerkstelligt. Das unbeliebte, ja schon fast verhasste Pokerzelt aus dem letzten Jahr wurde nicht mehr aufgestellt und auch ansonsten legte sich das Team um Jeffrey Pollack mächtig ins Zeug, um uns erneut in Erstaunen zu versetzten.

Kein Wunder also, dass die World Series of Poker die größte und beste WSOP aller Zeit war. Beziehungsweise ist, denn genau genommen ist die 39. Auflage der inoffiziellen Weltmeisterschaft im Pokern ja noch nicht beendet und wir müssen uns bis Anfang November mit diesem Status quo begnügen. Damit wären wir schon beim ersten Rekord. Die 117 Tage Verzögerung bis hin zum Final Table sind ohne jeden Zweifel die längste Pause in einem Pokerturnier. Damit erstreckt sich die diesjährige WSOP über einen gesamten Zeitraum von 166 Tagen, was irgendwie ja auch ein Rekord ist. Nun aber zu den handfesten Rekorden.

Insgesamt nahmen 58.720 Spieler an den 55 Events teil. Damit wurde der Rekord vom Vorjahr mit 4.432 oder 8,2 überboten. Insgesamt hat Harrah’s somit in den fünf Jahren seit der Übernahme der WSOP die Besucherzahlen um fast 300 steigern können. Natürlich wirkt sich das vermehrt auch auf das Einkommen des Veranstalters aus und Harrah’s konnte über 13 Millionen US-Dollar aus den Teilnahmegebühren einnehmen.

Die Spielermassen generierten einen gesamten Preispool von $ 180.676.248, was satte $ 20.880,030 mehr als der alte Rekord aus dem Vorjahr sind. Die Steigerung von umgerechnet 13,1 % zeigt, dass vor allem die teureren Events einen starken Zuwachs gesehen haben und in der Beliebtheitsskala weiter aufgestiegen sind.

Dem entgegen steht der nächste Rekord. Der zweite Event, mit dem für WSOP-Verhältnisse billigen Buy-in von nur $ 1.500, lockte 3.929 Teilnehmer an. Neuer Rekord für einen Event abseits des Main Events. Gewonnen hat Grant Hinkle, der sich $ 831.462 und sein erstes Bracelet sicherte.

Ihm in nichts nachstehen wollte sein Bruder Blair Hinkle, der sich bei Event #23, einem $ 2.000 No-Limit-Hold’em-Event, gegen 1.343 Mitkonkurrenten durchsetzten konnte und sich ebenfalls ein Bracelet holte. Die $ 507.563 Siegprämie schraubten das Gesamtpreisgeld der Hinkle-Familie auf über eine Million Dollar. Während die Gesamtsumme noch im üblichen Mittelfeld liegt, sind die zwei Bracelets der Brüder der allererste Doppelerfolg für ein Geschwisterpaar bei einer WSOP. Zwar konnten Puggy (1973) und J.C. Pearson (1994), ebenfalls Brüder, jeweils ein Bracelet abstauben, allerdings brauchten die beiden 21 Jahre für ihren Doppelerfolg.

Unter den fast 60.000 Teilnehmern befanden sich Spieler aus 118 Nationen, was diese WSOP zum internationalsten Poker-Event der Geschichte macht. Der alte Rekord lag im Übrigen bei 87 Ländern und wurde somit regelrecht pulverisiert. Nur zum Vergleich: Bei der letzten Winter-Olympiade im italienischen Turin nahmen Athleten aus lediglich 80 Nationen teil.

Und wo wir schon beim Thema Internationalität sind: Poker-Pro Rob Hollink (Sieger im $ 10.000 Limit Hold’em) konnte das erste Bracelet für die Niederlande holen, Davidi Kitai (Sieger im $ 2.000 Pot-Limit Hold’em) sicherte sich das erste goldene Armband für Belgien und die brasilianische Neuanwerbung vom Team PokerStars Pro, Alexandre Gomez (Sieger im $ 2.000 No-Limit Hold’em), war der erste Spieler aus Südamerika, der sich ein solches Armband umschnallen durfte.

Der Russe Nikolay Evdakov hatte vor 2008 genau null WSOP-Cashes verbuchen können. Aber dafür startete er in diesem Jahr so richtig durch und konnte in ganzen zehn Events im Geld landen. Dagegen sieht die alte Bestmarke von acht Cashes, die von Humberto Brenes und Phil Hellmuth (beide 2006) sowie Mike Binger und Chad Brown (beide 2007) aufgestellt wurde, richtig bescheiden aus. Der in Moskau lebende Allrounder schlug in den Disziplinen No-Limit Hold’em (viermal), Pot-Limit Omaha (dreimal), Pot-Limit Hold’em, No-Limit 2-7 Draw und im Mixed-Event zu. Insgesamt kassierte er für diese außerordentliche Leistung $ 228.527.

Der oben bereits erwähnte Phil Hellmuth ist ja immer für einen Rekord zu haben. Zwar konnte er seiner Sammlung von elf Bracelets kein weiteres Schmuckstück hinzufügen, baute aber dafür zwei von ihm gehaltene Rekorde weiter aus. The Pokerbrat schaffte es 2008 fünfmal ins Geld und gelangte davon zweimal an den Final Table. Diese Ergebnisse brachten ihm nebst $ 357.359 an Preisgeldern auch insgesamt 41 Finaltischteilnahmen und 68 ITM-Platzierungen. Damit hat er Mitkonkurrent T. J. Cloutier (39 Finaltische), der bei dieser WSOP völlig leer ausging, auf Platz zwei verwiesen. Im Ranking der WSOP-Cashs auf dem zweiten Rang lauert weiterhin Men Nguyen (62 Cashes), der in diesem Jahr ebenfalls fünfmal im Geld landen konnte. Namensvetter Scotty Nguyen konnte mit seinem Sieg beim prestigeträchtigen $ 50.000 H.O.R.S.E. einen Rekord der besonderen Art aufstellen. Er ist der einzige Spieler, der sowohl dieses teure Mixed-Event gewinnen als auch einen Sieg im Main Event (1998) verzeichnen konnte.