WSOP 2008: Das Profil der „November Nine“

An der World Series of Poker teilzunehmen ist der Traum eines jeden Pokerspielers. Und wer noch weiter träumt, der stellt sich vor, was es für ein Gefühl sein muss, beim USD 10.000-Main-Event mitzuspielen und Tag für Tag den Cut zu überleben, um schließlich am Final Table zu landen. Für neun Spieler ist nach sieben langen Turniertagen der Traum zur Realität geworden. Die Finalisten haben sich aus einem Teilnehmerfeld von 6.844 Spielern herauskristallisiert und treten nun den wohl längsten „Dinnerbreak“ der Pokergeschichte an. Nun haben sie wieder Zeit. Viel Zeit, genau genommen noch 116 Tage. Zeit zum Träumen. Wie es wohl ist, wenn man am Final Table nach und nach die Spieler gehen sieht und am Ende um den Sieg und eine kaum vorstellbare Summe spielt.

Und es ist wahrlich traumhaft. Jeder einzelne der „November Nine“ hat schon USD 900.670 (die Gewinnsumme für Platz neun) ausgezahlt bekommen und für acht der verbliebenen Spieler warten noch über USD 24,5 Millionen US-Dollar. Der Gewinner darf sich am Ende über eine Gesamtsumme von USD 9.119.517 freuen und der Final Table spielt sich wie eine Art Sit & Go der Superlative.

Am 9. November wird der Main Event fortgesetzt. Dann wird das Feld auf zwei Spieler gekürzt und am 10. November findet das entscheidende Heads-up-Match statt und das „längste“ Turnier hat endlich einen Sieger gefunden. Bis dahin werden die Teilnehmer ordentlich Zeit haben, um noch den einen oder anderen Kniff zu erlernen und ihren eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern. Wer schon einmal etwas mehr über die wackeren Spieler wissen möchte, kann sich hier schlau machen.

Als Erstes kann man das Feld in Profis und Amateure aufteilen. Und obwohl die Namen alle noch recht unbekannt klingen, sind sechs von ihnen Vollzeitspieler und nur drei – Craig Marquis, Dennis Phillips und Darus Suharto – pokern als Nebenbeschäftigung. Eine weitere „sechs zu drei“-Aufteilung ist die der von PokerStars ins Rennen geschickten Spieler, denn bis auf Kelly Kim, Craig Marquis und Scott Montgomery tragen die restlichen Kandidaten stolz das PokerStars-Logo. Der Jüngste im Bunde ist der 22-jährige Däne Peter Eastgate und mit Dennis Phillips (53 Jahre alt) ist der älteste Spieler auch gleichzeitig der Chipleader. Als Shortstack wird Kelly Kim ins Rennen gehen, der mit seinen 2.620.000 in Chips weit unter dem Schnitt von rund 15,2 Millionen liegt und als Einziger von Anfang an volle Risikobereitschaft zeigen muss.

Dennis Phillips – 26.420.000
Ivan Demidov – 24.400.000
Peter Eastgate – 19.690.000
Scott Montgomery – 18.375.000
Ylon Schwartz – 12.525.000
Darus Suharto – 12.520.000
David „Chino“ Rheem – 10.230.000
Craig Marquis – 10.210.000
Kelly Kim – 2.620.000

Besonders auffallend ist noch die „Pärchenbildung“ am Tisch. So gibt es Stufenweise immer mindestens zwei Stacks mit einem ähnlichen Niveau, mit Ausnahme von Kim. Sicherlich lässt das den Tisch nicht langweilig werden. Hier noch die einzelnen Profile der Spieler, in der Folge der steigenden Stacks:

Kelly Kim:
Der 31-jährige Poker-Pro wird sich ordentlich ins Zeug legen und auf das nötige Quäntchen Glück hoffen müssen, um noch wirkliche Chancen auf einen vorderen Platz zu haben. Der Mann aus Whittier (US-Bundesstaat Kalifornien) kann eine Bilanz von kleineren Turniererfolgen vorweisen, knackte aber fast allein durch das Erreichen dieses Finaltisches die Millionenmarke.

Craig Marquis:
Der 23-Jährige aus Arlington (US-Bundesstaat Texas) kann schon drei WSOP-Cashes vorweisen. Aber die bisher erspielten USD 35.759 werden irrelevant im Vergleich zu diesem Abschneiden. Für seine erste Teilnahme an einem Final Table wird der Student ein nettes Finanzpolster bekommen, um sein Studium selbst finanzieren zu können. Mit seinen gerade einmal 18 Monaten Pokererfahrung scheint er noch recht grün hinter den Ohren, was jedoch ein Trugschluss ist. Zwar spielt Marquis hauptsächlich Cashgames, aber seine starke Leistung an Tag sechs hat so manchen aufhorchen lassen.

David Rheem (PokerStars-Spieler):
Rheem ist der bekannteste Spieler in der Runde. Der 28-Jährige stammt aus Los Angeles (US-Bundesstaat Kalifornien) und lebt inzwischen in Miami (US-Bundesstaat Florida). Der Poker-Pro erreichte mit dem fünften Platz im USD 5.000-Mixed-Limit-Hold’em-Event seinen bis dahin fünften WSOP-Cash und hatte bis zum Main Event schon über USD 700.000 bei Turnieren erspielt. 2006 verpasste er nur knapp sein erstes Bracelet, als er bei einem NLHE-Event im Heads-up gegen Allen Cunningham unterlag. „Chino“ Rheem ist ein Allrounder in Sachen Poker und auch wenn am Final Table „nur“ Texas Hold’em gespielt wird, ist er sicherlich einer der gefährlichsten Spieler am Tisch.

David Suharto (PokerStars-Spieler):
Der Kanadier ist ein fast unbeschriebenes Blatt, was vor allem daran liegt, dass er sich nur schwer von seinem Job als Buchhalter losreißen kann. Und wenn er mal spielt, dann bei PokerStars im Internet. Dort hat er auch sein Ticket für den Main Event erspielt und sein Ergebnis von 2006 (Platz 448/USD 26.389) schon jetzt bei Weitem übertroffen. Der 39-Jährige lebt derzeit in Toronto.

Ylon Schwartz (PokerStars-Spieler):
Der New Yorker Pokerprofi lebt derzeit in Brooklyn und wenn er nicht gerade die anspruchsvollen Schachpartien im Washington Square Park (New York) rauf und runter spielt, verdient er seinen Lebensunterhalt an den Tischen des Golden Nugget oder bereist die Turniere an der Ostküste der Vereinigten Staaten. Schon vor dem Erreichen des Final Tables konnte der 38-Jährige auf elf WSOP-Cashes zurückblicken und über USD 250.000 an Einnahmen durch Turniere erzielen.

Peter Eastgate (PokerStars-Spieler):
Zwar ist Peter Eastgate mit seinen 22 Lenzen der Jüngste am Tisch, aber seine Erfolge sprechen für den jungen Dänen. Am liebsten zockt er an den High-Stakes-Tischen (USD 200/USD 400 6-max oder heads-up) und das mit hohem Erwartungswert für sich selbst. Er gilt als einer der Besten seines Landes und in einem Interview wurde Jacob Rasmussen gefragt, ob Eastgate der nächste Gus Hansen ist. Daraufhin antwortete der Fünfte der EPT Dortmund: „Nicht wirklich. Vielmehr ist Gus Hansen nur der erste Peter Eastgate“. Würde der dänische Pro den Main Event für sich entscheiden, wäre Phil Hellmuths Rekord als jüngster Main-Event-Gewinner Geschichte.

Scott Montgomery:
Der zweite Kanadier am Tisch startete erst in diesem Jahr so richtig durch. Dafür konnte der 26-Jährige aber bereits drei WSOP-Cashes, einen WPT-Cash und einen ITM-Platz beim Bellagio Cup IV erspielen und sich insgesamt über USD 400.000 aneignen. Ob der kanadische Poker-Pro diesen Lauf am Final Table noch weiter ausbauen kann, wird sich noch zeigen.

Ivan Demidov (PokerStars-Spieler):
Demidov musste von allen die längste Anreise antreten, der semiprofessionelle Spieler lebt in Moskau. Der Russe ist sowohl an den Cashgame- als auch an den Turniertischen beheimatet, aber erst ein Freund, der ihm einen Teil des Buy-ins sponserte, überzeugte ihn, zum Main Event zu reisen. Bei der WSOP angekommen cashte er sogleich einmal bei einem Event und bekam für den elften Platz im USD 1.000-No-Limit-Hold’em mit Rebuys USD 39.854. „Wir haben ein gutes Jahr“, so der 27-Jährige im Interview und bezieht dies auf das gute Abschneiden der russischen Spieler in diesem Jahr. Mit dem zweitgrößten Stack am Tisch stehen die Chancen nicht einmal so schlecht, dass es sogar den ersten Main-Event-Gewinner aus Russland geben wird.

Dennis Phillips (PokerStars-Spieler):
Der 53-Jährige stammt aus St. Louis (US-Bundesstaat Missouri) und ist vom Beruf Kundenbetreuer. Seine signierte Cardinals-Kappe trägt er mit Stolz und Pokern ist für ihn lediglich ein Hobby. Er spielt furchtbar gern die Livespiele im Harrah’s St. Louis und irgendwie hat man (noch) Probleme, sich den Mann als den zukünftigen Weltmeister vorzustellen. Doch das sollte sich schleunigst ändern, denn immerhin geht Phillips als Chipleader ins Finale und dass er sich für den Main Event mit nur USD 200 qualifiziert hat, zeigt, dass er sich durchaus durchzusetzen versteht. Zuerst einmal will er zurück in seine Heimatstadt, denn dort wartet ein Job auf ihn. Nach eigenen Angaben wird er aber natürlich auch „viel Poker spielen“ und sich bestmöglichst vorbereiten.

Hier noch die Pay-outs für den Final Table:

1. USD 9.119.517
2. USD 5.790.024
3. USD 4.503.352
4. USD 3.763.515
5. USD 3.088.012
6. USD 2.412.510
7. USD 1.769.174
8. USD 1.286.672
9. USD 900.670