WSOP 2008: Eine Lady steuert Richtung Bracelet und Dreikampf der Millionäre

Event#19: USD 1.500 Pot-Limit Omaha, Tag zwei

Dies ist ein wirklich furioses Turnier. An Tag eins waren 759 Spieler hoffnungsfroh in den Event gestartet, am Ende des Tages waren gerade mal 46 übrig, und das bei 72 itm-Platzierungen! In diesem Stil ging es an Tag zwei munter weiter. Etliche prominente Pokerspieler mussten sich mit hinteren Plätzen und entsprechenden „Trinkgeldern“ abfinden. So etwa Kathy Liebert, die es an Tag eins gerade noch in die Geldränge geschafft hatte und für ihren 72. Platz mit USD 2.900 verabschiedet wurde. Ein Geldlevel höher (3.522) landeten Rolf Slotboom und Dave Devilfish Ulliott. Nam Le (28. für USD 4.869), Max Pescatori (26.), Carter Gill (24.) und Jordan Morgan (19., alle drei für USD 5.905) kamen dem Finaltisch ebenfalls nicht eben nahe, auch nicht Rob Hollink (15. für USD 10.360). Spieler aus dem deutschsprachigen Raum spielten in den Geldrängen überhaupt keine Rolle, als letzter Deutscher hatte gestern (Ortszeit) Benjamin Kang knapp vor der Bubble in Scotty Nguyen seinen Meister gefunden, der es danach kurioserweise auch nicht ins Geld schaffte.

Richtig spannend wurde es vor der Entscheidung, wer es denn nun an den Finaltisch schaffen würde: Kurz vor Level 16 (Blinds: 4.000/8.000) hatte es quasi innerhalb eines Wimpernschlags nacheinander Kyle Hegeman (13. für USD 10.360), Chris Bjorin (12., USD 12.950) und Calen McNeil (11., ebenfalls USD 12.950) erwischt, dann folgte die Schlüsselhand des Tages, ein Draw, den zumindest Tony Phillips so schnell nicht vergessen dürfte: Thom Schultz setzte aus der UTG-Position 20.000, Vanessa Selbst erhöhte von Cut-off auf 75.000 und Phillips reraiste aus dem Big Blind auf 239.000! Schultz beschloss nun, lieber zu folden, während Vanessa Selbst nach langem Nachdenken bezahlte. Noch vor dem Flop warf Phillips seine letzten Chips in die Mitte. Der Dealer drehte nun 4 [key:card_spades] 5 [key:card_spades] 8 [key:card_hearts] um. Erneut dauerte es eine ganze Weile, ehe sich Selbst zum neuerlichen Call entschloss. Phillips deckte A [key:card_hearts] A [key:card_spades] 9 [key:card_diamonds] Q [key:card_diamonds] auf und trat somit als klarer Favorit gegen Selbsts 9 [key:card_hearts] J [key:card_hearts] 8 [key:card_diamonds] K [key:card_diamonds] an. Der Turn brachte 10 [key:card_diamonds] und somit schon ein wenig Gefahr für Phillips‘ Pocketrockets. Als die River-Karte gedealt wurde, stockte den Railbirds im Amazon Room fast der Atem: 9 [key:card_diamonds] komplettierte Two Pair für die Frau aus Brooklyn/New York, die mit diesem Turnier bereits ihren sechsten Cash bei einer WSOP in der Tasche hat. Erst am vergangenen Wochenende hatte sie im USD 2.500 No-Limit Hold’em einen respektablen 34. Platz belegt und dafür USD 14.138 kassiert. Ihr bislang größter Erfolg war ihr im Übrigen bei der WSOP 2007 geglückt, als sie in der USD 5.000 Heads-up World Championship am Finaltisch saß und erst als Drittplatzierte (knapp USD 129.000) eliminiert wurde.

Vanessa Selbst, die im Privatleben eine begeisterte und gute Tennisspielerin ist, geht als massive Chipleaderin an den heutigen Final Table (ab 14 Uhr Ortszeit). Auch wenn es für verwegene Prognosen noch viel zu früh ist, so ist sie doch haushohe Favoritin auf den sensationellen Gewinn eines Bracelets durch eine Lady in dieser von Männern dominierten Spezialdisziplin!

Hier der offizielle Chipstand vor dem Finaltisch:

Vanessa Selbst 1.047.000
Jamie Pickering 329.000
Stanley „StanDman“ Statkiewicz Jr 318.000
Thom Schultz 144.000
Eugene Todd 127.000
Mel Randolph 117.000
Craig Natte 108.000
Jamie Robbins 70.000
Ken Lairson 16.900

Und hier die Pay-outs:

1. USD 227.965
2. USD 145.459
3. USD 88.062
4. USD 72.004
5. USD 59.053
6. USD 46.621
7. USD 36.261
8. USD 28.490
9. USD 20.720

Event #18: USD 5.000 No-Limit 2-7 Lowbal Single Draw mit Rebuys, Finaltisch

Der Finaltisch in dieser ausgesprochenen Spezialistendisziplin war – vermutlich wegen des nicht eben billigen Eintrittspreises, den sich ohnhin nur die Créme de la Créme leisten wollte – von höchst prominenten Namen durchsetzt und somit der definitiv bislang spektakulärste der World Series 2008. Nur 85 Teilnehmer generierten (dank großzügig getätigter Rebuys) einen Preispool von über USD 1.700.000, der nun gerecht aufgeteilt werden sollte.

Die Ausgangsposition vor der entscheidenden Session:

Jeffrey Lisandro (Italien): 461.000
Mike The Mouth Matusow (Las Vegas, Nevada/USA): 520.000
Tom Schneider (Scottsdale, Arizona/USA): 162.000
Erick Lindgren (Las Vegas, Nevada/USA): 1.104.000
Barry Greenstein (Rancho Palos Verdes, Kalifornien/USA): 541.000
Tony G Guoga (Melbourne, Australien): 394.000
David Benyamine (Las Vegas, Nevada/USA): 410.000

Ein Multimillionentisch also, und dementsprechend war im Amazon Room der Andrang der Railbirds. Jeder der Spieler schien seinen eigenen Fanklub mitgebracht zu haben, was eine dichte Atmosphäre schuf und insbesondere Mike The Mouth einmal mehr zu Höchstform auflaufen ließ. Das Team PokerStars Pro war mit Greenstein würdig vertreten, Teamkollege Chad Brown hatte am Vortag auf Platz elf für USD 34.700 gefinisht.

Das Spiel wurde im 17. Level (Blinds: 6.000/12.000, Ante: 3.000) wieder aufgenommen und kaum waren die Karten in der Luft, war das Spiel für David Benyamine beendet, als er versuchte, mit Jack-high eine zweifelhafte Hand ohne Discard durchzuziehen, dies aber von Erick Lindgren durchschaut und auch noch glücklich beendet wurde, weil er mit Eight-high eine Karte tauschte und mit einer gezogenen Sieben perfekt traf. USD 58.990 für den gebürtigen Franzosen.

Auch für Tony G war das Spiel enttäuschend schnell beendet. Der Australier setzte seine letzten 141.000 Chips nach je einem Discard auf 2 3 5 8. Erick Lindgren callte und vertraute auf 4 6 8 9. Lindgren zog mit einer den Volltreffer, weil Tony ausgerechnet eine erwischte, die er in dieser Situation überhaupt nicht brauchen konnte. Platz sechs und USD 78.075 für den notorischen Tischunterhalter.

In der Folgezeit baute Lindgren seinen Stack schön langsam auf und führte zu Anfang von Level 18 (Blinds: 8.000/16.000, Ante: 4.000) mit 1.450.000 in Chips deutlich vor Greenstein (679.000). In Level 19 (10.000/20.000, Ante: 5.000) wurde dann endlich der zweite Shortstack geknackt: Tom Schneider hatte sich bis dahin tapfer über die Zeit gerettet, dann fand er offenbar eine fertige Hand, denn er tauschte keine Karte. Mike Matusow tauschte eine Karte und zeigte danach triumphierend 2 3 4 5 9. Tom Schneider schüttelte den Kopf, warf seine Hand in den Muck und startete zur Kasse durch. Dort holte sich der „Player of the Year 2007“ immerhin USD 104.101 für seinen fünften Platz ab.

Nun war es ganz eng geworden. Die verbliebenen vier Spieler ließen die Chips zirkulieren, die Stacks nivellierten. In Level 21 (15.000/30.000, Ante: 7.000) musste der einstige klare Chipleader Erick Lindgren seinen Traum vom zweiten Bracelet bei dieser WSOP begraben. Mit 2 3 6 7 erwischte er als Tauschkarte ausgerechnet eine Zwei. Sein Kontrahent Mike Matusow tauschte verwegenerweise zwei Karten und behielt 4 7 8. Soviel Frechheit zahlte sich aus, denn The Mouth zog prompt eine 6 und eine 2. Die Matusow-Anhänger im Saal verwandelten mit ihren Jubelschreien den Raum kurzzeitig in eine Achterbahn. Lindgren muss sich diesmal mit Rang vier bescheiden, der immerhin USD 156.151 wert ist.

Der folgende Dreikampf zwischen Lisandro, Matusow und Greenstein war ein Krimi erster Güte, wenn auch vielleicht etwas lang gehalten …

Die Titanen gingen praktisch pari in den finalen Fight, aber nun ging es hin und her. Barry Greenstein hatte zwischenzeitlich auf 1.740.000 in Chips und damit fast doppelt so viele wie Kollege Matusow – und dennoch musste der PokerStars-Pro als Dittplatzierter an die Rails. In Level 24 (Blinds: 30.000/60.000, Ante: 15.000) wurde Barry von Lisandro zunächst schwer erleichtert und kurz darauf gänzlich eliminiert. Hier die ziemlich „sicken“ Hände vor je einem Discard: Greenstein: 2 6 7 9 – Lisandro: 4 5 8 10. Dummerweise zog Greenstein eine zweite Sieben, währed Lisandro mit einem As gewann. Altmeister Greenstein muste den Traum vom dritten Bracelet begraben. Er geht dennoch mit stolzen USD 225.552 nach Hause.

Das Heads-up dauerte fast genau anderthalb Stunden, dann durfte sich Mike Matusow sein drittes Bracelet überstreifen. Langsam, aber sicher hatte der Altmeister seinen Stack mit zum Teil steinharten Moves und Bluffs – die er zuweilen lächelnd aufdeckte – aufgebaut, bis der Chipstand von annähernd 6:1 stand, dann schnappte seine Falle zu. Mike hielt 3 4 7 8 Q und behielt dieses Blatt. Lisandro tauschte eine Karte und behielt 3 5 6 9. Er zog zu seinem Entsetzen eine Dame und war somit von Matusow hauchdünn geschlagen. USD 347.004 für den Runner-up aus Italien, aber der gesamte Ruhm, ein erneutes Armband und USD 537.862 für The Mouth!

Die Ergebnisse im Überblick:

1. Mike Matusow USD 537.862
2. Jeffrey Lisandro USD 347.000
3. Barry Greenstein USD 225.552
4. Erick Lindgren USD 156.151
5. Tom Schneider USD 104.101
6. Tony Guoga USD 78.075
7. David Benyamine USD 58.990