Erstes Geld bei der WSOP 2008

Etwas Zeit zum Durchatmen. Die ganze letzte Woche war ich praktisch täglich von 12:00 Uhr mittags bis ca. 2:00 Uhr morgens im Amazon Room und habe gepokert, daneben noch ca. vier bis fünf Stunden pro Tag gearbeitet. Gestern ging es erst um 14:00 Uhr los und ich war dann auch schon recht früh fertig, nämlich so gegen 22:00, aber dazu später mehr. Heute jedenfalls habe ich zur Abwechlsung mal fast acht Stunden geschlafen und fange erst um 17:00 Uhr mit dem Spiel an, sodass ein entspannter Tag mit Shopping vor mir liegt. Doch nun zur WSOP:

USD 1.000 No-Limit Hold’em /w Rebuys

Am Spieltag zwei, den ich ja erreichen konnte, ging für mich nichts zusammen. Es waren noch 100 Spieler im Turnier, 72 im Geld, und an meinem ersten Tisch habe ich zweimal geraist, wurde aber jeweils fett gereraist und habe meine Hand aufgegeben. Mit ca. 60 % vom Averagestack werde ich dann gemovt, komme links von Mark Voss, den ich recht gut kenne und der immer wieder mal durch einen ultraaggressiven Spielstil auf sich aufmerksam macht. Nach einer Weile raist Mark dann auch UTG, selbst nicht gerade mit vielen Chips ausgestattet, und ich finde in UTG+1 [Seven of hearts] [Seven of clubs] und raise. Alle passen und Mark geht sofort und ohne eine Sekunde zu überlegen all-in. Ich denke fünf Minuten lang darüber nach, komme aber zu dem Ergebnis, dass seine Range hier bei seiner und meiner Stacksize noch zu viele Hände enthält, die ich schlagen kann, und calle schließlich. Mark zeit [Queen of hearts] [Queen of diamonds] und das Board bringt trotz möglichem Straightdraw für mich keine Hilfe und ich bin raus auf ca. Platz 83.

Etwas angefressen gehe ich mich erst für das in zwei Stunden beginnende Mixed-Event anmelden und dann zum Limit Hold’em 100/200 Cashgame, an diesem Tag leider keine gute Idee …

USD 10.000 Mixed Championship Event

Wow, was für ein Turnier. Man kannte praktisch jeden der 192 Starter, Pokerprominenz pur. Es gab reichlich Verwirrung am Anfang, wie das denn eigentlich funktionieren soll, das Event war ja eine Premiere für die WSOP: Gespielt wurden alle fünf H.O.R.S.E.-Varianten (Hold’em, Omaha Eight-or-Better, Razz, Seven Card Stud, Seven Card Stud High/Low, alles Limit) sowie Pot-Limit Omaha, No-Limit Hold’em und 2-7 Triple Draw (Limit). 2-7 Triple Draw z. B. kann nur zu sechst gespielt werden, daher mussten immer zwei Spieler aussetzen, es wurde mit acht Spielern pro Tisch gespielt.

Katja kam mit knapp zwei Stunden Verspätung in das Turnier, weil sie sich erst kurzfristig entschlossen hatte, hier mitzumachen, als klar wurde, wie der Modus genau aussieht.

An meinem Tisch saßen dann auch Sam Farha, Sam Grizzle, Rob Holink, ein junger Spieler der auch den Finaltisch errreichte, und Dewey Tomko. Es ging los mit Triple Draw und ich machte gleich in der ersten Hand mal eine 86 und wurde von Sam Grizzle voll ausbezahlt. Guter Start! In den nachfolgenden Runden konnte ich meine Chips dann auf über 28.000 ausbauen (20.000 Startchips), bevor ich erst im Razz einen ansehnlichen Pot auf dem River verlor, weil ich second-best hand leider gegen die Nuts verlor, die natürlich unsichtbar als siebte Karte gedealt wurden und ich entsprechend auf der 7th Street erfolgreich gecheckraist wurde.

Einen blöder Fehler passiert im Triple-Draw: ich beschließe, den sehr aktiv spielenden Sammy Farha zu bluffen, reraise und tausche keine Karte. Er tauscht zwei und callt mich wieder. Ich tausche wieder keine, er zwei, er callt mich wieder. Letzte Setzrunde, ich signalisiere: „keine Karte“, er tauscht eine und ich will grade setzen, da zeigt er sein Q-high low. Ich bin verwirrt und sage: „What are you doing? I want to bet!“, der Dealer hält sich raus (toll), aber allgemeiner Konsens war, dass ich schon längst hätte setzen müssen, mein passives Verhalten sei klar als Check zu interpretieren gewesen und nun hätte Sammy seine Hand ja schließlich gezeigt. Ich überlege, den Floorman zu rufen, entscheide mich aber dagegen. Jedenfalls ist sein Q-high low gut, denn ich habe irgendeinen A-high-Mist. Sammy erklärt mir noch, dass er auf dem River selbstverständlich gefoldet hätte und fragt, warum ich denn nicht gesetzt hätte. Oh Mann.

Wenig später rivert Sam Grizzle im NLH einen Flush mit [Seven of clubs] [Three of clubs] gegen meine nicht gerade passiv gespielten [Queen] [Queen] . Ich bin dann runter auf 11k und muss eine fette Hand im Seven Card Stud aufgeben, weil mein Gegner offene Asse kauft. Ich krebse damit bei 8k rum, als wieder Triple-Draw kommt, inzwischen sitzt kein anderer als Johnny Chan bei mir am Tisch, der den schon ausgeschiedenen Dewey Tomko ersetzt.

Ich habe eine Bombe zum Start, 3-4-5-7-Q, und reraise Chan, der allerdings 3-bettet und ich cappe. Er steht und ich tausche eine Karte, bekomme einen J. Er setzt, ich raise, er rereraist und ich gehe all-in. Call, Showdown, er hat 87 für low (eine Killerhand) und ich tausche den J, bekomme die Sechs und freue mich für einen Moment über den Suck-out, bevor Johnny bemerkt, ich hätte ja nun eine Straight von 3-4-5-6-7, was natürlich stimmt und damit habe ich dann natürlich verloren und bin aus dem Turnier.

Pokernews beschreibt diese Hand etwas anders:

Jan von Halle… „I’m out? How?“ 2-7 Triple Draw: After the second draw in 2-7 triple draw, Jan von Halle flipped his hand over and showed the 3-4-5-6-7. Johnny Chan saw this and bet to put von Halle all in. Von Halle was confused as he didn’t realize there was another betting round. He called anyway and couldn’t quite understand why the pot was shipped to the two-time Main Event champion Chan. Von Halle must not have realized that straights count against you in 2-7 triple draw and was eliminated because of his mistake. Chan took the pot with a 8-low.

Wir ihr wisst hab ich absolut kein Problem damit, Spiel- und Denkfehler zuzugeben aber so hat sich die Hand eben einfach nicht abgespielt. Wie wir weiter unten sehen, nehmen die es mit ihren Handbeschreibungen leider nicht immer allzu genau.

Jedenfalls bin ich raus, bleibe aber noch drei Stunden im Rio und schaue Katja ab und zu über die Schulter, die auch immer mit nur wenigen Chips am Rande des Ausscheides steht. Sie macht es aber besser als ich, wartet geduldiger auf ihre Chancen und erreicht schließlich sogar den zweiten Tag, wo sie dann fast bis ins Geld kommt, Platz 30, glaube ich, bei 24 wäre man im Geld. Über ihren Tisch mit Eli Elzezra, Doyle Brunson, David Oppenheimer und die anderen wird sie bestimmt selbst noch was schreiben. Ihr Ausscheiden war dann auch einigermaßen unglücklich, Oppenheimer fand im Stud mit Pocket- 10 10 gegen Katjas Q Q die dritte 10 und gewann gegen Katjas zwei Paare.

USD 1.500 No-Limit Holde’m/6-max

Am Donnerstag entschließe ich mich dann zunächst, das NLH 6-max zu spielen, voller Erwartung, am Nachmittag um 17:00 Uhr das Omaha-8-/Stud-8-Turnier zu spielen, weil ich nur sehr wenig Erfahrung in NLH 6-max habe (ich spiele kein NLH Cashgame und auch als Turnierformat habe ich das noch nie gespielt). Ich sitze bei diesem mit 1.296 Startern ausverkauften Event zunächst irgendwo mitten im Casino, weil arge Tischknappheit besteht und schließlich sogar im eigentlichen Pokerraum des Rio, ca. zehn Minuten Fußmarsch vom Amazon Room entfernt. Ich spiele zusammen mit Men „The Master“ Ngyuen, den ich auch recht schnell vom Tisch nehmen kann. Von Anfang an läuft es super und ich habe recht viele Chips beisammen. Immer wenn ich mit Luft Druck ausübe, wird gepasst, immer wenn ich valuebette, wird gezahlt, einfach herrlich. Ich habe bereits nach vier Stunden Spielzeit um die 33.000 Chips und inzwischen sind nur noch ca. 300 Spieler übrig, von knapp 1.300 Startern!! Von da an geht allerdings nicht mehr viel und die restlichen sechs Stunden des Tages halte ich mich mit meinem normalen No-Limit-Spiel irgendwie über Wasser und kann den Tag dann mit ca. 64.000 Chips beenden, knapp über Average immerhin.

Am zweiten Tag werde ich gleich in eine schwierige Hand verwickelt, ich raise UTG mit K [key:card_hearts] Q [key:card_hearts] und werde von einer Frau gecallt, die ich nach meinem Eindruck auf „tight“ gesetzt hatte. Achtung also. Flop kommt mit einem König, ich setze an und sie callt. Ich gebe ihr jetzt ein Paar. Am Turn kommt eine Neun und ich setze wieder, werde aber geraist. Uhh, mir geht durch den Kopf, dass sie die Neun zum Set getroffen habe könnte und ich überlege ernsthaft, die Hand gleich aufzugeben. Dann schaue ich sie an, entdecke ganz leichte Unsicherheit und außerdem ist es ja 6-max. Ich calle, checke den River und zahle ihren Einsatz auf dem River. Sie zeigt einen kompletten Bluff (Respekt) und ich gewinne einen netten Pot.

Alles läuft rund für eine Weile, ich kann meine 70.000 verdoppeln, als ich mit A [key:card_clubs] A [key:card_spades] im Big Blind alles gegen Könige reinbekomme und die Asse halten. Keine fünf Minuten später habe ich J J im Small Blind, erhöhe, werde geraist und gehe direkt all-in. Zu meinem Entsetzen callt der BB sofort und zeigt die Asse. Was soll ich sagen, suck-out time und ich mache eine Runner-Runner Straße und stehe bei 300.000 in Chips mit ca. 35 Spielern noch im Turnier und bin klarer Chipleader.

Das sollte leider auch mein Höchststand bleiben, denn danach ging es nicht so weiter. Erst verdopple ich Frank Blümlein mit einem sehr fragwürdigen Call, als dieser im SB mit 70k all-in geht und ich im BB mit A2s calle, und danach gebe ich reihenweise Hände auf, weil ich fett gereraist werde und nicht gamblen will. Zum Dinnerbreak habe ich nur noch 140k, Average liegt bei 260k mit Blinds von 4k/8k und 1.000er-Ante. Ich komme wieder auf 220k, muss eine Hand aufgeben und schließlich kommt die entscheidende Hand, hier zunächst wie Pokernews sie darstellt:

Von Halle Exits Jan Von Halle is headed for the cashier’s window. Preflop, he reraised a button raise all in from the small blind, only to run into Devin Porter’s queens in the big blind. Von Halle was in very bad shape, tabling Q [key:card_clubs] J [key:card_clubs]. The board came out nine-high, eliminating Von Halle in 11th place. He earns a USD 19,570 payday.

Bei PokerToday wird die Hand, glaub ich, dann doch etwas anders dargestellt, jedenfalls war es so wirklich:

Mit 150k in Chips und einem Average von nunmehr 320k (11 Spieler noch im Turnier) pushe ich nach einem Raise über 22k vom Button all-in mit Q [key:card_diamonds] J [key:card_hearts]. Nun wacht der Spieler im Big Blind mit einer Hand auf, überlegt Ewigkeiten und callt schließlich mit A [key:card_diamonds] Q [key:card_hearts]. Der Button foldet, das Board hilft nicht und ich bin raus.

Bei diesem Handbeispiel kann man wunderbar erkennen, wer von wem eigentlich Content klaut. Es gibt so ein paar Seiten, die keine einzige Nase hier vor Ort haben, aber mit tollen WSOP-Berichten glänzen wollen.

Zwar erhalte ich 19.570 USD Preisgeld, bin aber nicht so wirklich glücklich, den Finaltisch hätte ich schon gern erreicht.

Weiter geht’s heute um 17:00 Uhr mit dem USD 10.000-Seven-Card-Championship-Event, das auch Katja und Michael Keiner mitspielen werden. Auf dieses Turnier freue ich mich ganz besonders; ich habe 10+ Jahre Spielerfahrung im Seven Card Stud und habe schon mal einen Finaltisch bei der WSOP in dieser Disziplin erreicht (2001).

Jetzt geht’s aber erst mal zum Shopping!