Pokerspieler können nach zehn Jahren erstmals wieder legal Turniere durchführen – aber auf Online-Angebote warten sie immer noch

Mit dem neuen Geldspielgesetz sollten auch Online-Pokerspiele möglich werden. Doch noch immer steht die Bewilligung aus. In der Kritik deswegen steht die Eidgenössische Spielbankenkommission.

Lukas Mäder 2 Kommentare
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Die Bewilligungen für Online-Poker stocken: Aus der Branche gibt es Kritik an der Eidgenössischen Spielbankenkommission.

Die Bewilligungen für Online-Poker stocken: Aus der Branche gibt es Kritik an der Eidgenössischen Spielbankenkommission.

Gaëtan Bally / Keystone

Für Pokerspieler ist die Schweiz ein hartes Pflaster. Wer legal um Geld pokern will, findet kaum Angebote. Kasinos bieten nur vereinzelt Turniere an, und dies meist zu unattraktiven Konditionen. Online-Spiele sind in der Schweiz noch keine zugelassen – auch zwei Jahre nach dem klaren Ja zum neuen Geldspielgesetz nicht. Der Ausweg für Pokerspieler: ins Ausland fahren, wo grosse Turniere angeboten werden, oder auf illegale Angebote ausweichen.

Bereits seit Jahren setzt sich der Schweizer Pokerverband (Spov) für legale Angebote ein. Dass in der Schweiz online noch immer kein Poker gespielt werden kann, stösst beim Verband auf Kritik. Denn im Vorfeld der Abstimmung über das Geldspielgesetz gab es das Versprechen der Behörden, dass rasch Online-Angebote zugelassen würden, sagt der Spov-Präsident René Ruch. «Dass wir noch immer auf ein Pokerangebot warten müssen, ist eine Frechheit.»

Die Kritik zielt in erster Linie auf die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK). Sie vergibt die Betriebsbewilligungen im millionenschweren Kasino-Geschäft und kontrolliert die Einhaltung der Geldspielvorschriften. Ein Sitz in der Kommission ist beliebt, etwa bei früheren Parlamentariern. Zuletzt ernannte der Bundesrat Ende 2019 den früheren Nationalrat Adrian Amstutz (svp., Bern) und den abgetretenen Ständerat Fabio Abate (Tessin, fdp.) zu neuen Mitgliedern.

Die ESBK lasse sich jedoch viel Zeit für die Bewilligung von Online-Spielen, heisst es aus dem Umfeld der Kasinos. Die Rede ist von einer langsamen Arbeitsweise, immer wieder neu auftauchenden Hindernissen und einer sehr engen Auslegung des Gesetzes. Das Casino Davos, an dem das Grand Casino Baden beteiligt ist, hat im Mai 2019 ein erstes Gesuch für Online-Poker eingereicht. Technologiepartner soll dabei die Internetplattform Pokerstars sein. Doch bis heute hat das Casino Davos keine Bewilligung erhalten. Ebenfalls noch in Bearbeitung ist ein zweites Gesuch für Online-Poker, das die Swiss-Casinos-Gruppe im Dezember mit Playtec als Partner eingereicht hat.

Legale Pokerangebote sind erwünscht

Dass sich in der Schweiz legale Online-Pokerspiele etablieren, ist durchaus im Sinne des Gesetzgebers. Dank attraktiven legalen Angeboten sollen die Schweizer Spieler dazu gebracht werden, das Spiel auf illegalen oder nicht zugelassenen Plattformen aufzugeben. Dort gibt es weder Spielerschutz noch eine Besteuerung.

Weil sich das Verfahren für ein Pokerangebot bereits seit Monaten hinzieht, hat Ruch diesen Sommer im Namen des Pokerverbands beim ESBK-Präsidenten, Alt-Ständerat Hermann Bürgi (svp.), interveniert. Darin erhebt Ruch auch den Vorwurf, dass das ESBK-Sekretariat «mit Ausflüchten und unrichtigen Angaben» auf seine Anfragen reagiert habe.

In seiner Antwort von Ende August bleibt Bürgi unverbindlich, was den Zeitpunkt einer möglichen Bewilligung betrifft. Die ESBK werde die Gesuche «umgehend bewilligen», wenn ihr alle nötigen Informationen vorlägen und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien, heisst es im Schreiben, das der NZZ vorliegt. «Diese Voraussetzungen sind zurzeit nicht gegeben.»

Ein Grund für die Verzögerungen ist die Zusammenarbeit mit den ausländischen Partnerfirmen, in einem Fall Pokerstars. Diese Kooperation ist nötig, damit überhaupt genügend Spieler gleichzeitig online sind. Wie die ESBK auf Anfrage schreibt, ist die Anbindung der Schweizer Spielbank an die internationale Plattform «technisch deutlich aufwendiger» als bei anderen Online-Spielen. Dabei muss die Abrechnung sicher und transparent erfolgen, und die Überwachung der Spieler muss gewährleistet sein.

Im konkreten Fall von Pokerstars kommt hinzu, dass die Firma das Referendum gegen das neue Geldspielgesetz unterstützt hatte. Mehrere Jungparteien hatten im Herbst 2017 vor allem wegen der umstrittenen Netzsperren, aber auch wegen der protektionistischen Ausgestaltung Unterschriften gegen die Vorlage gesammelt. Dazu bekamen sie rund eine halbe Million Franken von ausländischen Geldspielanbietern, darunter auch Pokerstars. Diese ausländische Einmischung, so sagt ein Branchenkenner, habe beim Bund für Verstimmung gesorgt.

Die Verzögerungen bei den Pokerbewilligungen haben inzwischen gar die Geschäftsprüfungskommission (GPK) auf den Plan gerufen. Die zuständige Subkommission des Justizdepartements hat Anfang September den ESBK-Präsidenten Hermann Bürgi und den Direktor Jean-Marie Jordan zu den Vorwürfen angehört. Das bestätigt der Subkommissionspräsident und Nationalrat Alfred Heer (svp., Zürich) auf Anfrage. Die Kompetenzen der GPK seien in diesem Bereich zwar beschränkt, doch die Vorwürfe würden noch vertieft abgeklärt.

Vor zehn Jahren verbot das Bundesgericht das Pokerspiel

Das Pokerspiel ist in der Schweiz seit fast genau zehn Jahren verboten. Bis zum Mai 2010 waren zumindest kleine Turniere ausserhalb der Kasinos erlaubt, weil die ESBK diese als Geschicklichkeitsspiele einstufte, die nicht dem Geldspielgesetz unterstehen. Doch dann hiess das Bundesgericht eine Beschwerde des Casinoverbands gut und kippte diese Einschätzung.

Seither galten Pokerturniere in der Schweiz als Glücksspiel und waren nur noch in Kasinos erlaubt. In der Folge veranlasste die ESBK mehrmals spektakuläre Polizeirazzien bei kleinen Pokerturnieren, bei denen sich etwa in einem Fall der Hauptgewinn auf einen iPod im Wert von 59 Franken beschränkte.

Diese Zeiten sind nun vorbei. An diesem Freitag findet in der Schweiz erstmals seit zehn Jahren wieder legal ein Pokerturnier statt – ausserhalb der Kasinos. Austragungsort ist das Hotel «Kreuz» in Hochdorf, Kanton Luzern. Vier Tische für je neun Spieler stehen zur Verfügung. Die Teilnahme kostet 100 Franken als Einsatz, der in den Topf für die Gewinner fliesst, sowie zusätzlich 25 Franken Stuhlgebühr, die an den Veranstalter gehen. Der Anlass ist ausgebucht.

Doch das grosse Geld machen die Veranstalter mit einem solchen Turnier nicht, wie Alfred Berisha sagt. Er ist Präsident des Pokerclubs Seetal, und seiner Familie gehört das Hotel mit der Bar, in der das Turnier stattfindet. «Ich erhoffe mir vor allem zusätzliche Konsumationen», sagt Berisha. Zukünftig sollen denn auch bis zu dreimal die Woche solche Pokerturniere im «Kreuz» in Hochdorf stattfinden.

Die Grundlage für diese kleinen Pokerturniere hat das neue Geldspielgesetz geschaffen, das Turniere mit einem Einsatz von maximal 200 Franken erlaubt. Luzern hat nun als erster Kanton seine Gesetzgebung entsprechend angepasst. Zahlreiche andere Kantone folgen auf Anfang 2021.

Als Organisator des Pokerturniers muss Alfred Berisha auch Vorurteile bekämpfen. «Viele denken bei Poker an illegale Spiele um viel Geld», sagt er. Zur Vorbereitung gehört deshalb auch, das Dorf und die Behörden zu informieren. Eingeladen an das Pokerturnier sind deshalb nicht nur Kantonsvertreter. Auch die lokale Polizei ist informiert.

2 Kommentare
Werner Moser

Auf Online-Angebote dürften Spieler noch lange warten. Denn die Frage, wie v.a. die Jugend gegen die digitalisierte Spielsucht zu schützen ist, konnte noch nicht befriedigend beantwortet werden. Kommt dazu,, dass aus dem Ausland solche Angebote zuhauf angeboten werden. Da gibt es also keinen Mangel, also auch keinen wirklich relevanten Druck auf die Eidg. Spielbankkommissiom, diesbezüglich vorwärts zu machen. Alle die Kritiker werden noch einige Gedult ausüben müssen, bis deren Wünsche sich realisieren dürften. Noch bleibt gute Hoffnung erlaubt!

Felix Egloff

Leider haben die ausländischen Anbieter vor rund 1,5 Jahren ihre Online-Pokerangebote für die Schweiz blockiert. Natürlich könnte man die Sperren mit einem VPN-Programm umgehen, und sich sozusagen "aus dem Ausland" bei diesen Anbietern anmelden. Aber leider wird dabei jeweils eine gültige Telefon-Nr. im betreffenden Land verlangt. Ziemlich anmassend, dass mir als mündigem Bürger die Ausübung eines geliebten Hobbys so erschwert wird! Und ins Casino pilgern mag ich nicht, weil a) die Grundeinsätze zu hoch sind, und b) Poker mit Lappen im Gesicht (Neudeutsch "Gesichtsmaske") keine Freude bereitet. Also organisiert man sich halt unter Freunden. Wie war die Konjugation von "legal"? Legal - illegal - scheissegal...