Wer am McCarran Airport das Flugzeug verlässt, ist normalerweise schon mittendrin im Partytrubel von Las Vegas. Unmittelbar vor der Gangway hat der Flughafenbetreiber ein paar Spielautomaten aufgestellt. Wer nicht einmal die zehnminütige Taxifahrt zum nächsten Casino abwarten will, kann schon vor der Gepäckausgabe die ersten Dollar verzocken. Doch wegen der Corona-Pandemie sind die einarmigen Banditen nun abgesperrt. Ein Schild mahnt die Besucher, Abstand zu halten. Das weiträumige Terminal, in dem sonst Tausende Kurzurlauber zu ihren Hotelshuttles eilen, ist vergleichsweise leer.

Ja, selbst in der Partymetropole Las Vegas herrscht Katerstimmung. Die riesigen Hotelkomplexe und Casinos waren zweieinhalb Monate lang geschlossen, erst seit Anfang Juni empfängt der berühmte Las Vegas Strip wieder Gäste. Der Tourismusbetrieb läuft auf Sparflamme. Länger als sonst warten die Ankommenden am Flughafen auf ihren Uber-Transport. "Die meisten Fahrer beziehen Arbeitslosengeld und sind deshalb nicht unterwegs", sagt Graham, der mit seinem Honda Pilot als einer der wenigen unterwegs ist.

Die ganze Stadt wirkt noch immer wie im Schlaf. Doch einige kommen wieder nach Vegas, selbst in diesen Tagen. Die meisten der Besucher, sagt Graham, seien anfangs eher sorglos gewesen: "Bis vergangene Woche haben vielleicht 70 Prozent meiner Fahrgäste eine Maske getragen – der Rest nicht." Er selbst mache sich natürlich Sorgen, schließlich habe er Frau und Kinder zu Hause. Aber er fährt trotzdem weiter, denn das Geld will er sich nicht entgehen lassen.

Familien bleiben zu Hause

Dass Las Vegas längst nicht wieder ausgelastet ist, zeigen schon die Hotelpreise. Für knapp 40 Dollar ist ein Zimmer im Zentrum des Strips aktuell zu haben. Die obligatorischen 40 Dollar "Resortgebühr" kommen dazu – an den alten Methoden, den Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen, hat sich durch Corona nichts geändert.

Aber das Publikum auf dem Boulevard ist ein anderes. Die einst sündige Glücksspielmetropole hatte in den vergangenen Jahrzehnten versucht, sich neu zu erfinden, auch als attraktives Ausflugsziel für Familien. Dank kinderfreundlicher Spektakel wie dem der Blue Man Group kamen nicht mehr nur die Pokerfreunde nach Nevada. Doch wegen der Pandemie sind alle Shows bis auf Weiteres ausgesetzt. Familien sind heute fast gar nicht zu sehen.

Plexiglas am Spieltisch

Die Straßen mögen verwaist sein, in den Casinos stehen die Menschen dicht beieinander. Den empfohlenen Abstand hält kaum jemand ein. Wie soll das auch gehen an einem Spieltisch? Wenigstens zehn Dollar kostet eine Runde Black Jack in fast allen Casinos auf dem Strip, auch an den hohen Mindesteinsätzen und spärlichen Gewinnausschüttungen hat sich hier nichts geändert. Doch ohne den Durchgangsverkehr wirken die Zocker an den Automaten noch trostloser als sonst. An den Spieltischen wird nach wie vor geraucht. Vegas, so wirkt die Atmosphäre, kehrt zu seinen Wurzeln zurück: In den Dreißigerjahren nahm hier alles seinen Anfang als Amüsiermeile für die Bauarbeiter am nahe gelegenen Hoover-Damm.

Doch auch in den riesigen Spielhallen ist die Pandemie zu spüren. Wer nicht gerade raucht oder Cocktails trinkt, muss seit knapp zwei Wochen in allen geschlossenen Räumen eine Maske tragen. Wer das vergisst, wird im berühmten "New York, New York"-Casino von unscheinbar gekleideten Damen am Rand darauf aufmerksam gemacht. Zwischen den Stühlen hat die Hotelleitung transparente Trennscheiben anbringen lassen, damit die Spieler nicht die Atemluft des Nebenmannes einatmen – nur ein kleiner Spalt über dem Tisch bleibt frei, um Bargeld einzulösen und Chips zu setzen.