EPT San Remo: Finale furioso

Zum ersten Mal richtete das Casino San Remo das PokerStars.com-EPT-Turnier aus und sofort trug man sich mit einem Rekord in die EPT-Geschichtsbücher ein. San Remo erlebte den schnellsten Finaltisch der Geschichte und es war mit Sicherheit auch eines der kürzesten Main-Event-Finale. In knapp drei Stunden (inklusive Pausen) war das Finale entschieden. Ein Feuerwerk am Nachmittag hatten die Spieler abgebrannt.

Dabei bot der Turniersaal vor dem Start ein beschauliches Bild: Der Tisch, auf dem ohnehin kein Krümel lag, wurde noch einmal gewischt, der Boden, der bereits blitzte und blinkte, wurde noch einmal gefegt. Der Tisch, das ist der Finale Table für das EPT-Turnier im Casino Municipal von San Remo. Und die Vorfreude spürte man besonders bei den italienischen Pokerfans. Die Italiener, ohnehin nicht gerade wegen ihrer stillen, zurückhaltenden Art berühmt, wollten Dario Minieri zum Sieg verhelfen. Der Spieler aus dem Team Pokerstars Pro zeigte sich von diesem Empfang sichtlich beeindruckt. Die Fahne Italiens und etliche Transparente mit Sprüchen (in einigen Hotels werden die Angestellten verzweifelt Bettlaken und Tischtücher gesucht haben) waren vorbereitet. Die großen Hoffnungen schienen berechtigt, da der 22-jährige Römer als Chipleader in dieses Finale ging.

Auch im Turnier ließ nichts auf dieses rasante Ende schließen. Denn in der ersten Hand machte Eric Koskas seinem Ruf alle Ehre, einer der geschwätzigsten Spieler zu sein. Nach einem Raise von Dario Minieri ging er sofort all-in. Während der Italiener überlegte, oder besser gesagt: versuchte nachzudenken, textete ihn Eric Koskas zu. Er palaverte und palaverte, bis er Dario Minieri in diesen Disput hineingezogen hatte. Sieben Minuten lang (es entsprach einer gefühlten halben Stunde) dauerte es, dann warf Minieri seine Karten in den Muck.

Was dann passierte, erinnerte eher an eine Wild-West-Schießerei als an ein Pokerturnier. Im D-Zug-Tempo mussten Marcus Bower (USA), Dag Palovic (Slowakei), William Thorson (Schweden), Gregory Genovese (Italien) und Eric Koskas (Frankreich) den Tisch verlassen (die entscheidenden Hände sind in den Updates zu finden).

Nachdem sich nun der Pulverdampf verzogen hat, machen wir eine kurze Pause, holen Luft und schauen uns die verbliebenen drei Spieler etwas näher an:

Zunächst Dario Minieri. Auf dem kleinen Römer ruhten alle Hoffnungen der italienischen Pokergemeinde. Mit Fahnen und Transparenten waren sie angerückt, und er wurde schon bei der Vorstellung lautstark gefeiert. Der 23-Jährige spielte zunächst Magic. Während eines Turniers erklärte ihm ein Kumpel die Regeln für Texas Hold’em Poker. Gleich nach seinem 18. Geburtstag begann er online mit kleineren Heads-up-Turnieren. Das änderte sich mit seinen Erfolgen schnell. Die Buy-ins stiegen rasant, die Erfolge blieben. Gerade 20 Jahre alt, war Dario bereits eine Onlinelegende. Er setzte einen Rekord, als er sich mit Frequent Player Points einen Porsche verdient hatte. Auch bei Liveturnieren konnte er bei der EPT (dritter Platz in Baden 2006) und bei der WSOP Erfolge feiern. Der leidenschaftliche Anhänger des Fußballklubs AS Rom trägt bei den Turnieren immer einen Schal in den Klubfarben Rot und Gelb.

Dann Antony Lellouche. Vor neun Jahren entschied der Franzose, Pokerprofi zu werden. Seitdem ist er überall auf der Welt ein respektierter Gegner bei allen High-Stakes-Runden. Der 28-Jährige aus Paris hat bei der EPT schon einige Erfolge zu verzeichnen. Bei den Grand Finals 2005 und 2007 erreichte er die Plätze zwölf und 21. Zuletzt belegte er beim EPT-Turnier in London den sechsten Rang.

Und nun werfen wir einen Blick auf die Biographie von Jason Mercier, dem Grübler am Tisch. Ehe sich der 21-jährige US-Amerikaner zu einer Entscheidung durchringt, müssen seine Gegner viel Geduld beweisen. Für den jungen Mann aus Florida ist dies erst das zweite Liveturnier seines Lebens. Er hat sich über die Steps bei PokerStars für San Remo qualifiziert. Eigentlich wollte er Mathematiklehrer werden. Während dieser Zeit beschäftige er sich intensiv mit Onlinepoker und brach nach drei Jahren das Studium ab. So langsam er am Pokertisch wirkt, abseits liebt er ein ausgesprochen schnelles Spiel: Basketball. Da er in Fort Lauderdale lebt, sind die Miami Heats sein Lieblingsteam. Selbst einmal ein guter Spieler, trainiert er das Basketballteam an der Oberschule, an der er Abitur machte.

Doch wer nun glaubte, das Tempo würde abflauen, hatte sich gründlich geirrt. Es waren noch ein paar Patronen da und die wurden so schnell wie möglich abgefeuert. Zunächst mussten die Italiener ihre Fahnen enttäuscht einrollen. Ihr Hero Dario Minieri ging nur eine Hand, nachdem Eric Koskas das Feld hatte räumen müssen. Der Römer raiste auf 100.000, hörte das Reraise von Jason Mercier auf 340.000 und callte. Die beiden Spieler schauten auf einen Flop mit [Seven of hearts] [Two of diamonds] [Eight of diamonds] , der Mercier veranlasste zu checken. Dario spielte 400.000 an, nur um nach einigem Überlegen ein „All-in“ zu hören. Schnell schob der Italiener seine restlichen Chips zur Mitte und warf [Queen of spades] [Queen of diamonds] auf den Tisch. Mercier blieb mit [Ace of diamonds] [Four of diamonds] nur die Hoffnung auf einen Flush. Die erste Kugel – [Four of hearts] – verfehlte Minieri noch, aber auf dem River bekam er mit [Three of diamonds] den Blattschuss.

Dann gab es eine Pause, man richtete den Tisch für das Heads-up ein. Es erwies sich als überflüssige Mühe. Die letzte Patrone wurde in der ersten Hand abgefeuert. Lellouche, mit 1.392.000 gegenüber 5.647.000 ohnehin short, ging mit [Seven of spades] [Seven of diamonds] sofort all-in. Der Call kam und Jason deckte [King of spades] [Queen of diamonds] auf. Der Flop mit [Ace of spades] [Queen of spades] [Four of clubs] brachte den Amerikaner schon nach vorn. Nach [Eight of clubs] im Turn und [Two of clubs] auf dem River musste Antony Lellouche mit Rang zwei zufrieden sein und den Finaltisch Jason Mercier für die Siegerehrung überlassen.

„Es bleibt noch ein unbeschreibliches Gefühl. So richtig habe ich das erst morgen verarbeitet“, sagte Jason Mercier. Damit er sich auf jeden Fall erinnert, hielt er die Gewinnerkarten, einen König und eine Dame, noch in seinen Händen. Sichtbare Zeichen seines Triumphes. „Die rahme ich ein und hänge sie mir über das Bett“, sagte der so ruhige Spieler, der manchen Konkurrenten mit seinem Nachdenken genervt hatte. Und zum ersten Mal nach vier Tagen sah man ein Lächeln in seinem Gesicht …