Rund 494 Millionen Steuern und Abgaben hat das Land Baden-Württemberg 2018 durch Glücksspiele eingenommen, weitere 291 Millionen flossen an die Kommunen. Doch die Konkurrenz durch illegale Online-Glücksspiele wächst.

Stuttgart - Bis zum Sommer 2021 müssen sich Bund und Länder auf einen neuen Glücksspielstaatsvertrag einigen. Das schwierigste Thema ist der Umgang mit Online-Glücksspielen, denn die Interessen der Länder gehen deutlich auseinander. Schleswig-Holstein und Hessen wollen den Online-Markt weiter öffnen, und auch Nordrhein-Westfalen drängt auf großzügigere Regelungen. Baden-Württemberg ist hin- und hergerissen.

 

Eigentlich sehe die Landesregierung eine Legalisierung von Online-Casinospielen oder Internet-Poker kritisch, antwortete Innenminister Thomas Strobl (CDU) kürzlich auf eine Anfrage der SPD-Fraktion. Wissenschaftliche Erkenntnisse deuteten darauf hin, „dass Online-Spieler tendenziell ein problematischeres Spielverhalten“ hätten als andere, weil sie rund um die Uhr und ohne Kontrolle zocken könnten. Möglicherweise sei aber eine Einigung der Länder auf einen gemeinsamen Glücksspielvertrag nur möglich, „wenn unter engen Voraussetzungen eine Öffnung für Online-Casinospiele erfolgt“. Dabei müsse aber die Überwachung der Anbieter sichergestellt sein und eine effektive Kontrolle erfolgen.

Grüne für regulierte Online-Spiele

Die gibt es bisher kaum. Eigentlich sind Online-Casinospiele in Deutschland illegal, doch über das Internet sind eine Reihe von Anbietern mit einer Lizenz aus anderen EU-Staaten zu finden, etwa von Malta oder Gibraltar. Deren Umsätze steigen seit Jahren. Baden-Württembergs Toto-Lotto-Chef Georg Wacker beklagt, dass die illegalen Glücksspiel-Firmen teilweise Produkte der staatlichen Lotterie kopierten. Die Tipper nehmen allerdings nicht an den Original-Lotterien teil, sondern wetten auf deren Ausgang. Für die Anbieter ist das ein gutes Geschäft, denn sie zahlen weder Lotteriesteuer noch Abgaben, mit denen Sport, Kultur, Denkmalpflege und Soziales gefördert werden. Nötig sei eine zentrale Glücksspielaufsicht, fordert Wacker. Die einzelnen Länder seien mit dieser Aufgabe überfordert.

Die Grünen im Landtag verlangen ebenfalls, das illegale Glücksspiel offensiv zu bekämpfen, auch auf EU-Ebene. Glücksspiellizenzen sollten nicht für andere Länder erteilt werden dürfen. Um illegale Angebote zu vermindern, sollten außerdem legale Online-Glücksspiele genehmigt werden, die strengen Vorgaben unterliegen und gut kontrolliert werden, sagt Josha Frey, suchtpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag. Eine Öffnung des Online-Glücksspiels dürfe es aber erst geben, wenn die Länder eine gemeinsame Anstalt für die Kontrolle und Überwachung eingerichtet haben. Diese müsse personell und finanziell so ausgestattet sein, dass sie ihrer Aufgabe auch nachkommen könne, so Frey.

Konkurrenz für Spielhallen

Der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger lehnt eine Legalisierung des Online-Glücksspiels dagegen ab. „Casino- und Pokerspiele gelten als besonders suchtgefährdend. Die Bekämpfung der Spielsucht und der Jugendschutz haben für uns oberste Priorität“, sagte der frühere Justizminister. „Deshalb halten wir das derzeit geltende Verbot von Online-Glücksspielen und die dazu ergangene Rechtsprechung für richtig und wichtig.“

Eine schärfere Kontrolle und Regulierung für Online-Glücksspiele fordern auch die Automatenunternehmen in Baden-Württemberg. Seit dem vergangenen November seien die Einsätze in den Spielhallen um bis zu 30 Prozent zurückgegangen, sagte Michael Mühleck, Landesvorsitzender des Automaten-Verbandes. Er macht dafür die neuen technischen Vorgaben verantwortlich, mit denen Spieler vor allzu hohen Verlusten geschützt werden sollen. „Die Branche wurde verpflichtet, ihre Automaten so zu ändern, dass das Spiel jetzt drastisch verlangsamt und der Bedienkomfort der Geräte stark reduziert wurde.“ Dadurch habe das Spielen an Attraktivität verloren, Spielgäste würden deshalb auf Online-Angebote ausweichen. Dort gebe es allerdings anders als in den gewerblichen Spielhallen keinen Spieler- und Jugendschutz.