Im Film ist alles ganz einfach: James Bond betritt im Smoking das Spielcasino, setzt lässig ein paar Jetons auf Rot oder Schwarz und kassiert den Gewinn. Weit weniger Glamour bieten Online-Casinos. Zwar rollt auch dort die – virtuelle – Roulette-Kugel, aber auf das Flair von Monte-Carlo oder Baden-Baden müssen die Online-Zocker verzichten.

Spiel im rechtsfreien Raum

Sie können auch keineswegs sicher sein, dass es bei einem Spiel halbwegs fair zugeht und dass mögliche Gewinne auch wirklich ausgezahlt werden. Denn sie spielen in einem rechtsfreien Raum. Online-Casinos sind zwar eigentlich in Deutschland verboten, aber da sie in der Regel ihren Sitz im Ausland haben, kommen die deutschen Behörden schlecht an sie ran. Für die Spieler bedeutet das: Klare Regeln wie bei herkömmlichen Spielbanken gelten im Internet nicht.

Bekämpfung ist Sache der Bundesländer

Deutschland hat dabei selbst zum Wildwuchs beim unerlaubten Glücksspiel beigetragen. Dessen Bekämpfung ist nämlich Sache der Bundesländer. Doch die sind uneins. Schleswig-Holstein etwa hat in der Vergangenheit auf eigene Faust Lizenzen für Online-Casinos vergeben. Die sind zwar Ende Januar abgelaufen. Aber das Chaos bleibt.

Experte: Kein Spieler- und Jugendschutz

„Die Spieler können gar nicht wissen, ob alles mit rechten Dingen zugeht – ob die Auszahlungsquote in Ordnung ist, ob das Ergebnis auch wirklich vom Zufall abhängt“, sagt Glücksspiel­experte Tilman Becker der SÜDWEST PRESSE. Der Professor an der Universität Hohenheim kritisiert, dass bei Online-Casinos weder die Höhe der Einsätze limitiert ist, noch dass man sich sperren lassen kann, wenn man merkt, dass einem das Spielen entgleitet. „Es existiert kein Spielerschutz und schon gar kein Jugendschutz“, sagt Becker.

Geld zurückgeholt

Frank Demandt (Name geändert) war so ein passionierter Spieler. Auch er kam an den Punkt, an dem er die Kontrolle über seine Leidenschaft verlor. An einem virtuellen Automaten verspielte er in kürzester Zeit 2000 Euro. Doch Demandt hatte Glück. Er wandte sich an den Fachverband Glücksspielsucht in Bielefeld, dem es gelang, die über ein Kreditkartenunternehmen vorgenommene Zahlung zurückzubucheen. „Leicht war das nicht“, sagt die Vorsitzende des Fachverbands, Ilona Füchtenschnieder. Am Ende habe den Ausschlag gegeben, dass das – illegale – Online-Casino auf der Abrechnung das Stichwort „Men Watches“ (Männeruhren) anführte. Das habe die Kreditkartenfirma dann doch an der Seriosität des Geldempfängers zweifeln lassen.

Glücksspiel-Boom im Internet

Auch wenn Online-Casinos in Einzelfällen auf Geld verzichten müssen – die Branche insgesamt boomt. Laut aktuellen Angaben der Glückspielaufsichten der Bundesländer hat sie 2017 in Deutschland Gewinne in Höhe von 1,76 Milliarden Euro gemacht, ein Plus von 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rund 700 Anbieter machen Geschäfte mit deutschen Spielern.
So viel Geld bringt Glücksspiel in Deutschland
So viel Geld bringt Glücksspiel in Deutschland
© Foto: SWP Grafik Quelle: Gemeinsame Quelle Geschäftsstelle Glücksspiel, Wiesbaden

Länderübergreifende Kontrolle nötig

Professor Becker hat eine klare Vorstellung davon, wie der Staat künftig effektiver gegen die illegale Zockerindustrie vorgehen könnte. „Wir brauchen eine länderübergreifende Glücksspielaufsicht“, sagt er. „Zurzeit ist es so: Jedes Bundesland reguliert sein eigenes Internet. Das ist zum Scheitern verurteilt.“ Als Vorbild empfiehlt er Dänemark. Dort gebe es seit Jahren eine Glücksspielkommission, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren aufgebaut wurde. Erst dann, in einem zweiten Schritt, seien Lizenzen an diejenigen Anbieter erteilt worden, die bereit waren, sich den staatlichen Auflagen zu fügen.
Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU) – sie ist unter anderem für Glücksspielsüchtige zuständig –, sieht dringenden Handlungsbedarf. Die Passivität des Staates sei „eine Blöße, die sich ein Rechtsstaat nicht leisten dürfe“, sagt Mortler.

Aufsicht nach dänischem Vorbild

Doch bisher haben es die Bundesländer gerade mal geschafft, in Wiesbaden eine Gemeinsame Geschäftsstelle Glücksspielsucht einzurichten, die aber laut Professor Becker zu schlecht besetzt ist, als dass sie tatsächlich in den Kampf ziehen könnte. Aus Wiesbaden heißt es auf Anfrage, das dänische Modell tauge durchaus als Vorbild. Mit Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein wolle man sich für eine Regulierung von Online-Casino-Spielen einsetzen. Im baden-württembergischen Innenministerium zögert man aber mit der Entscheidung, der Drei-Länder-Initiative beizutreten. Die Verhandlungen seien noch nicht abgeschlossen, heißt es.

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