Ship it!

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


Natürlich bin ich Euch noch meinen Abschlussbericht von dem Festival im PokerRoyale, Wiener Neustadt, schuldig. Vielleicht hatte der Gewinn des 1.200 € Satellites zum Einzug ins Finale der Megastep Challenge wirklich eine Trendwende eingeleitet. Auf jeden Fall fühlt es sich so an. Tags drauf spielte ich das 1.000 € Nolimit Holdem Turnier. Es hatten sich zwar nur 64 Teilnehmer eingefunden, das Feld hatte aber dennoch ein paar eindrucksvolle Namen aufzuweisen und beflügelt von dem Erfolg des Vortages war ich hungrig auf ein sehr gutes Resultat. Das Turnier startete relativ verhalten für mich und mit einigen Up’s und Downs konnte ich bis in die Mittelphase aus meinen 8.000 Chips „nur“ etwa 10.500 machen. Dann kam die entscheidende Hand, die mir den Weg zum Finaltisch ebnen sollte. Ein etwas unbedarfter deutscher Amateur rechts von mir (Chipcount etwa 18.000) raist in mittlerer Position den dreifachen Big Blind auf 2.400, als ich :Qx :Qx finde. Ohne großes Theater gehe ich direkt all-in und als alle zu ihm folden, ist er tatsächlich so freundlich, mein All-in mit :6h :5h zu callen. Ist das nicht „Gnuf(fig)“? Die Damen halten und der entscheidende Schritt in die richtige Richtung ist vollbracht. Große Konfrontationen blieben danach allerdings aus und ich kam an den Finaltisch als Shortie mit nur 28.000 Chips bei einem Average von über 70.000. Hin und wieder kann ich ein paar Blinds einsammeln, doch während der ersten Stunde am Finaltisch finde ich keine einzige Hand, mit der ich mich für einen Showdown bereit machen möchte. Währenddessen bricht links und rechts von mir der Krieg los und ein Finalist nach dem anderen verabschiedet sich. Ich pendle immer noch ständig zwischen 20.000 und 40.000 hin und her, als wir plötzlich nur noch zu Viert sind. Sich um die Entscheidung zu drücken, ist jetzt nicht mehr möglich. Mit etwa 25.000 gehe ich (Blinds 3.000/6.000) am Button mit :Kd :9d all-in und der Chipleader im Big Blind callt sofort mit :Ax :Jx. Aber erneut meint es die Varianz gut mit mir. Im Flop treffe ich sofort den König und gewinne als leichter Underdog die Hand. Bei den recht hohen Blinds konnte ich noch ein paar Chips im Anschluss daran ohne weiteren Showdown einsammeln und plötzlich habe ich über 100.000 vor mir stehen. Platz Vier nehme ich schließlich vom Tisch, als mein Overpaar gegen sein Unterpaar hält. Platz Drei hatte dann im shorthanded Game etwas den spielerischen Anschluss verloren und war bei Blinds von 6.000/12.000 praktisch zwangsweise all-in gegen mich. Wieder gewinne ich die Hand mit einem Paar Zwei und halte jetzt exakt 3.000 Chips weniger als der Chipleader, ein junger dänischer Pro. Es war bereits 5:30 Uhr morgens und am folgenden Nachmittag wollte ich unbedingt in vernünftiger Form den Main Event spielen. Also schlug ich ihm vor, den ersten Platz zu teilen, da sich das Ganze durchaus noch zwei Stunden hätte hinziehen können und ich von der durchspielten Nacht des Vortages doch ziemlich ausgepowert war. Er willigte ein und so waren wir beide zufrieden.

Den Main Event selbst konnte ich dann nach 5 Stunden Spielzeit abhaken, ohne jemals ernsthaft ins Geschehen eingreifen zu können. Mit :9x :9x ging ich schließlich als short Stack all-in und laufe bei Rolf Slotboom in :Qx :Qx, der die Hand souverän gewinnt.

Aber es stand ja noch das 100.000 € Finale der Megastep Challenge in meinem Kalender. Der Tisch war wirklich hochkarätig besetzt. Mit Markus Golser und Sigi Stockinger, Niki Jedlika und Soren Kongsgaard (Führender der europäischen Rangliste) waren auch die unterschiedlichsten Spielstile vertreten. Gleich in der zweiten Hand war ich all-in. Der Spielverlauf hatte einigen Diskussionsstoff geliefert, also möchte ich Euch an dieser Stelle meine Version der Geschichte schildern. Sappo Löppönen, ein junger Finne, mit dem ich schon einige gemeinsame Turnierstunden verbrachte, raist in früher Position den viereinhalbfachen Big Blind auf 450. Ich kenne seinen Stil relativ gut, der bei den loose-aggressive Skandinaviern sehr beliebt ist. Das Schlagwort „inverses Positionsspiel“ beschreibt die Taktik am Besten. Dabei openraist der Spieler in früher Position eine recht breite Palette mittelprächtiger Hände. Je mehr er in Position kommt, desto höher werden die qualitativen Anforderungen an seine Hände. Das frühe Raise zieht grundsätzlich immer eine Continuation Bet am Flop nach sich, wenn es ein preflop Call gibt. Dieses Wissen wollte ich mir zunutzen machen. Nach Sappos Raise folden alle zu mir und ich finde im Big Blind :Kx :Kx. Heads Up entscheide ich mich für ein Slow Play, da ich auch noch seine Contibet einsammeln wollte, also calle ich nur. Der Flop bringt :Qx :Tx :6x und ich check-raise seine 500 Contibet auf 1.250. Nach einiger Überlegung reraist er auf 3.000. Bei dem Turnier handelte es sich um ein echtes Sit’n Go Format mit straffer Blindstruktur und ich geben offen zu, dass ich gewaltige Probleme damit habe, Pocket Könige aufzugeben, wenn kein As im Flop liegt. Ich gebe ihm bestenfalls :Ax :Qx, vielleicht auch :Kx :Qx. Ein Call kommt für mich nicht in Frage, also gehe ich all-in. Er callt sofort und ich schaue schon etwas dumm aus Wäsche, als er :Qx :Qx für das Topset umdreht. Aber diesmal packe ich die größte Luckbox aus, die ich in ganz Europa finden konnte. Auf dem River kommt mein Zweiouter in Form eines Königs. Ich kann mein Glück selbst kaum fassen. Sappo trägt den Bad Beat sehr stilvoll mit Fassung und verabschiedet sich in Sekundenschnelle vom Tisch. Knapp vier Stunden später sind wir zu Viert. Der arme Sigi Stockinger war wieder mal der Bubble Boy, als er mit 4.850 bei Blinds von 600/1200 all-in geht. Ich habe mittlerweile gut 18.000 an Chips und calle aus dem Big Blind mit :4x :4x. Sigi dreht :Ax :4x um. Mein Paar hält und gemeinsam mit Soren bin ich nun Chipleader. Niki verhält sich als short Stack für seine Verhältnisse ungewöhnlich ruhig, lediglich Kurt Haindl geht hin und wieder direkt mit seinen 12.000 preflop all-in. Irgendwann finde ich bei einer seiner all-in Aktionen Pocket Jacks und schiebe mein Stack ebenfalls in die Mitte. Er dreht :Ax :6x um und gewinnt den Pot mit einem As auf dem River. Nach dieser Aktion war ich selbst short und schiebe eine Runde später mit :Kd :6c im Small Blind all-in gegen Soren, der mich im Big Blind mit :Ts :6s callt. Er macht am River einen Flush und ich scheide als Vierter aus. Trotzdem bin ich ziemlich zufrieden. Ich hätte zwar unwahrscheinlich gerne ein Heads Up zwischen Soren und mir gesehen, aber unter normalen Umständen wäre ich schon in der zweiten Hand des Turniers Geschichte gewesen. Andererseits: Ist es wirklich so ungewöhnlich, wenn Pocket Könige als Starthand gegen Pocket Damen gewinnen? Hätte ich die Hand nicht slow gespielt, wäre es vermutlich im Endergebnis auf das Gleiche hinaus gelaufen, nur dass wir eben schon preflop all-in gegangen wären.

Insgesamt war die Turnierwoche im PokerRoyale ein echter Hit, auch wenn ich zugeben muss, dass man nach einer überdurchschnittlich guten Performance alles ein wenig durch die rosarote Brille sieht. Auf jeden Fall freue ich mich jetzt schon auf den nächsten Event in Wiener Neustadt.

Euer Michael von free-888.com