In den guten alten Zeiten war das Glücksspiel noch ein Monopol des Staates - was die Bürger verzockten, vereinnahmte die Allgemeinheit. Umgekehrt achtete der Staat auch darauf, dass das Geschäft mit den Hoffnungen seiner Bürger strengen Regeln unterworfen wurde, und er ließ - etwa über die Verankerung von Lotto und Toto in den Trafiken - bestimmte Bürger, zum Beispiel die Behinderten, davon profitieren.

Heute machen das Geschäft mit der Risikofreude der Bürger Private. Gesetze regeln Schutzbestimmungen und den Zugang zum Markt, nämlich die Lizenzen. Der Staat kassiert Abgaben und Steuern - die Glücksspielbetriebe zählen zu den größten Steuerzahlern der Republik. Kleine Wirtschaftstreibende, sprich Gasthäuser und Trafikanten werden zunehmend aus dem Markt gedrängt.

Vom Fleischermeister zum Milliardär

Das Geschäft sprengt alle Dimensionen. Der Gründer der Novomatic, Johann F. Graf, ist Milliardär und der zweitreichste Mann Österreichs. Er verfügt laut Forbes Magazine  über ein Vermögen von mehr als 5,8 Milliarden Euro. Bemerkenswert: 2016 waren es noch 4,5 Milliarden, 2011 2,2 Milliarden. Begonnen hat der gelernte Fleischermeister Graf gemeinsam mit dem Elektrohändler Gerhard Brodnik 1974, und zwar mit dem Import von belgischen Flipperautomaten.

1980 verließ Graf die gemeinsame Firma und rief die Novomatic Automatenhandels GmbH ins Leben, die sich hauptsächlich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Glücksspielautomaten beschäftigt. Das nächste, was Graf anging, war die Ausweitung auf die Planung und Errichtung schlüsselfertiger Casinos und Casino-Mangement-Systeme.  Seit 2010 engagiert sich die Novomatic üer ihre Tochter Astra Games Ltd am Online-Spiele-Sektor.

Automaten, Casinos, Lotterie

Der zweite Kreis rund um das große Geld mit dem Glücksspiel gründete sich rund um die Casinos Austria. Die Novomatic hält Anteile von 17,19 Prozent am einst staatlichen Casino-Geschäft. Mehr als 38 Prozent liegen in der Hand der tschechischen Sazka Gruppe, und auch deren Eigentümer, Karel Komarek und Jiri Smejc, sind Milliardäre. Gut 33 Prozent der Casinos Austria gehören noch der Österreichischen Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH (ÖBIB), aber die Tschechen haben schon angekündigt, am liebsten alles übernehmen zu wollen.

Auch die Lotto-Toto-Gesellschaft gehört inzwischen längst zu großen Teilen Novomatic, also Johann Graf, und den Tschechen. Nur noch 18,7 Prozent sind beim ORF und kleine Anteile bei anderen Privaten.

All das lässt den österreichischen Steuerzahler als Beobachter mit mulmigem Gefühl da stehen. Umso mehr, also sich immer wieder Politiker im Dunstkreis der Novomatic und der Casinos Austria etablierten, durchaus in zeitlichem Zusammenhang auch mit Gesetzesänderungen, in deren Zusammenhang es logisch schien, dass die privaten Profiteure Interesse daran hatten, die Gesetzgebung in ihrem Sinn zu beeinflussen.

Johannes Hahn (ÖVP) saß während seiner Zeit als Wiener ÖVP-Landtagsabgeordneter 1997 - 2003 im Vorstand der Novomatic, bis zur Angelobung als Stadtrat 2003 war er sogar Vorstandsvorsitzender.

Karl Schlögl (SPÖ), Ex-Innenminister, saß von 2004 bis 2011 im Aufsichtsrat der Novomatic. Die Wiener ÖVP-Gemeinderätin Barbara Feldmann (ÖVP) und Martina Flitsch, Ex-Kanzleipartner von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim und auch sonst eng verflochten mit Funktionsträgern in der SPÖ, sitzen heute noch im Aufsichtsrat.

Ex-Grünen-Chef Eva Glawischnig-Piesczorek ist auch im Firmenbuch vermerkt als "Bereichsleiterin für Corporate Responsibility und Sustainability" und gehört damit neuerdings zum engsten Führungskreis der Novomatic.

Alfred Gusenbauer, Ex-SPÖ-Chef ist Berater der Novomatic für Südamerika und Osteuropa und war Aufsichtsrat der deutschen Novomatic-Tochter Löwen Entertainment.

Nähe zu Entscheidungsprozessen

Es liegt auf der Hand, dass die Novomatic aktive und ehemalige Politiker in ihren Gremien verankert, um sich deren Nähe zu politischen Entscheidungsprozessen zu Nutze zu machen. Oft gab es Vermutungen direkter, bezahlter Einflussnahme auch auf weitere Kreise, doch der"rauchende Colt" im Sinne eines Beweises wurde nicht gefunden.

Ein Verfahren gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser wurde 2017 eingestellt: Vorgeworfen wurde Grasser, er habe sich von der Novomatic mit 100.000 Euro bestechen lassen, als Gegenleistung für seine Unterstützung bei einer - letztlich gescheiterten - Liberalisierung des Glücksspielmonopols. Zahlungen an den Kommunikationsberater Walter Meischberger wurden bestätigt,diesen seien allerdings "adäquate Leistungen der Rechtsempfänger" zu Grunde gelegen, so die Argumentation von Ex-Novomatic-Chef Franz Wohlfahrt.

Der niederösterreichischen Landesrätin Christa Kranzl soll Wohlfahrt in Zusammenhang mit einem Bescheid "Vorteile" in Aussicht gestellt haben, doch Wohlfahrt erinnerte sich später nicht an ein entsprechendes Gespräch.

Immer wieder wurden auch Inserate, Druckkostenbeiträge und ähnliches von Novomatic oder Casinos Austria in die Richtung interpretiert, dass die Empfänger dadurch "motiviert" werden sollen, auf ihr Umfeld zu Gunsten der Auftraggeber einzuwirken. Es geht um Gesetze, es geht um Lizenzen, es geht um Standorte. Die wirtschaftliche Entwicklung der Glücksspielbetriebe in Österreich lässt jedenfalls nicht erkennen, dass die Rahmenbedingungen zu Lasten der privaten Profiteure gestaltet wurden.