Interview von Novomatic-Gründer & -Mehrheitsaktionär

Aus trend 7/2007

Er steht für eine der erstaunlichsten Unternehmerkarrieren Österreichs: Johann Graf machte aus einem kleinen Flippergeschäft einen der größten Glücksspielkonzerne der Welt. Im trend-Gespräch schildert der öffentlichkeitsscheue zweifache Milliardär seinen erstaunlichen Aufstieg.

Interview: Karl Riffert

Herr Professor Graf, Sie sind so etwas wie der Niki Lauda der Glücksspielbranche. Wie Lauda sind Sie einst angetreten gegen ein mächtiges Monopol, allerdings wesentlich erfolgreicher und wesentlich diskreter als Herr Lauda. Ihr Unternehmen Novomatic verdient heute siebenmal soviel die Casinos Austria AG, aber kaum jemand außerhalb der Branche kennt Herrn Graf.

Ich bin nicht jemand, der gerne Interviews gibt, und auch die Seitenblicke-Welt ist nicht die meine. Alle diese Selbstdarsteller sind mir ein Gräuel. Ich agiere lieber strategisch im Hintergrund, für das Tagesgeschäft habe ich sehr gute Manager. Aber Ihr Bild als Monopolbekämpfer muss ich korrigieren: Wir sind nicht gegen unseren österreichischen Mitbewerber angetreten, sondern wollten neue Märkte erobern. Von unserem Gesamtumsatz von 1,3 Milliarden Euro entfallen nur mehr sieben Prozent auf Österreich. Unser Geschäft machen wir also überwiegend im Ausland, obwohl wir hier versteuern.

Lassen Sie uns zuerst über Ihre erstaunliche Lebensgeschichte reden – vom gelernten Fleischhauer zum größten Spielautomatenproduzenten Europas, zu einem der größten Casinobetreiber weltweit und zum größten österreichischen Wettanbieter. Wie hat das alles begonnen?

Ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen in einer Zimmer-Küche-Wohnung mit Klo am Gang, im 19. Bezirk an der Döblinger Hauptstrasse. Wien war damals nach dem Krieg zerbombt, die Verhältnisse waren bescheiden. Meine Eltern haben sich dann in Perchtoldsdorf mit einer Fleischerei selbständig gemacht, zu der auch ein Wirtshaus und ein paar Fremdenzimmer gehörten. Der größte Wunsch meiner Eltern war, dass ich ihr Geschäft übernehme, aber ich wollte das nicht, das war für mich kein richtiges Lebensziel.

Sie hatten als Jugendlicher schon ein Lebensziel?

Ich wollte immer schon selbständig sein, weil das eine gewisse Unabhängigkeit und Freiheit gibt. Technik hat mich interessiert, aber die Eltern bestanden auf eine Fleischerausbildung. So machte ich die Handelsschule und wurde der jüngste Fleischhauermeister Österreichs. Bald darauf habe ich mich jedoch in einem ganz anderen Metier versucht. Mit meinem Bekannten Gerhard Brodnik, der ein Elektrogeschäft hatte und von dem ich mich später getrennt habe, begann ich, Flipper-Automaten zu importieren. Ich hatte in Wirklichkeit keine Ahnung von Spielautomaten und war über Fußball-Wuzzler nicht hinausgekommen, doch wir hatten immerhin eine eigene Firma, die Brodnik & Graf GmbH, aus der 1980 die Novomatic Automatenhandels AG hervorging.

Waren Ihre Eltern sehr enttäuscht, dass Sie sich mit Flippern statt mit Beinschinken beschäftigten?

Anfangs sehr, aber später waren sie natürlich stolz auf ihren einzigen Sohn. Leider sind beide schon verstorben.

Wie lief denn Ihre kleine Jungunternehmer-Firma?

Professor Johann Graf Wir hatten Glück und bekamen bald die Vertretung einer englischen Firma namens JPM, damals der zweitgrößte unabhängige Hersteller von Slotmaschinen. Vorher hatten wir über Belgien amerikanische Pin-Ball-Flipper importiert. Ein zweiter Glücksfall war, dass genau damals, so um 1975 herum, bei Spielautomaten ein technologischer Sprung passierte, der Umstieg von Elektromechanik auf Elektronik. Die Herstellerfabriken bekamen mächtige Probleme, weil ihre Leute von Elektronik keine Ahnung hatten. Das war für uns eine Chance. Ich stellte Elektronik-Spezialisten ein und bot unsere Dienste an. Damals bin ich auch schon nach Amerika geflogen und habe mir Fabriken angeschaut. Mich interessierte, wie es hinter den Kulissen ausschaut und ich besuchte Hersteller in ganz Europa und flog wegen Spielautomaten bis nach Australien.

Wann starteten Sie eine eigene Produktion?

Wir haben sehr, sehr klein begonnen. Es war anfangs mühsam und schwierig. Wir mussten jeden Schilling fünfmal umdrehen. Startkapital war mein Erspartes: rund 50.000 Schilling. Ende der 70er Jahre fingen wir an, eigene Billiardtische zu produzieren. Ein Tischler in Oberösterreich baute sie, die Münzeinheiten kauften wir in Italien. Verkauft haben wir an den Großhandel und wir stellten auch schon ein paar von uns betriebene Automaten auf. Der erste, der sich erbarmte, einen unserer Billardtisch aufzustellen, war ein Cafetier im 16. Bezirk in Wien.

Hatten Sie schon so etwas wie eine Geschäftsphilosophie?

Ich habe schon damals versucht, mich auf Nischen zu konzentrieren, wo die Margen größer sind. Meine Philosophie war immer: Qualität vor Quantität. Ein besonderes Produkt, das auch eine entsprechende Qualität hat, wird Erfolg haben. Diese Rechnung ist aufgegangen, obwohl uns das oft viel Geld gekostet hat, weil wir mit gewissen Geräten früher auf den Markt kommen hätten können. Mir war es aber immer wichtiger, dass etwas auch wirklich ausgereift ist.

Sie expandierten schon sehr bald ins Ausland.

Ja, 1982 habe ich in der Schweiz eine Vertriebsfirma gegründet und schon bald hatten wir dort einen Marktanteil von siebzig Prozent. Wir waren einfach die ersten, die Automaten in Kursäle gestellt haben. Unser Heimmarkt war in Wahrheit nicht Österreich, sondern die Schweiz: dort konnten wir liefern und auch selbst Automaten betreiben. Auch England und Deutschland wurden für uns zu Heimmärkten. Die haben natürlich nicht auf uns gewartet und es erforderte große Innovationskraft, was uns insgesamt stärker gemacht hat.

Geben Sie uns ein Beispiel.

Entscheidend war von Anfang an, die Trends der Branche zu erkennen. In den 80er Jahren etwa kam Dart in Mode. Also produzierten wir elektronische Dartgeräte und verkauften davon trotz beinharter amerikanischer Konkurrenz über 28.000 Stück. Es kommt nicht nur darauf an, den Trend zu sehen, man muss dann schnell Prioritäten richtig setzen und das dann durchziehen.

Ist das nicht gerade auf fremden Märkten besonders schwierig?

Nein, man muss einfach verstehen, dass jedes Land seine eigene Spielkultur hat. Engländer haben zum Beispiel anders als die Österreicher eine Affinität zu Pferderennen. Dort setzt sogar die Queen auf Pferde.

Osteuropa erwies sich für Sie als ein besonders erfolgreiches Terrain. Was haben Sie da richtig gemacht?

Wir haben wie die österreichischen Banken die neuen Chancen im Osten frühzeitig wahrgenommen. Das war ein Glück, denn heute wäre es sehr teuer, so einen Eintritt und solche Marktanteile zu schaffen, wie wir sie jetzt haben. Das gilt auch für die Banken, die heute im Osten wesentlich besser verdienen als auf den saturierten Westmärkten. Es gab für uns aber noch einen anderen Aspekt: Wir haben in Osteuropa auch erstklassige Mitarbeiter gefunden. Ende der 90er Jahre, als die Internetblase am Höhepunkt war, hatten wir große Schwierigkeiten, genug gute IT-Leute zu rekrutieren. In Polen haben wir sie gefunden.

Wie kam das zustande?

Ich kannte einen Professor der Universität Krakau, der für uns als Freelancer tätig war, und sagte zu ihm: „Pass auf Professor, wenn du willst, machen wir in Krakau eine neue Forschungs- und Entwicklungsabteilung auf und du leitest sie.“ Heute arbeiten dort über 120 Softwarespezialisten für uns in einem neuen Gebäude auf der grünen Wiese. Wir haben auch in Deutschland, in Wales und in unserem Headquarter in Niederösterreich Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Genau das gibt uns die Kraft, auch gegen härteste amerikanische Konkurrenz Marktführer zu sein. Die Amerikaner haben das natürlich auch erkannt. In Krakau wirbt uns deshalb Motorola schon wieder Leute ab.

Sie betreiben heute dreißig Spielbanken und rund 500 Casinos in 56 Ländern. Sind Sie eigentlich ständig auf Achse?

Ich bin sehr viel unterwegs und vielleicht sechs Monate im Jahr im Ausland; ich bin auch viel in der Schweiz, wo ich in Zürich eine Wohnung habe, aber – um Ihrer Frage zuvorzukommen – ich versteuere in Österreich. Man muss, auch wenn man wie wir international tätig sind, vor Ort präsent sein. Wir errichten zum Beispiel jetzt gerade in Madrid eine neue Fabrik und wir bauen in Chile eines der größten Spielcasinos Südamerikas, ein Resort mit 1500 Slotmaschinen und hundert Spieltischen. Da gilt es auch, Prioritäten zu setzen. Wir werden zum Beispiel sicher keine Hoteliers werden, sondern das mit Partnern machen. In Chile haben wir den südafrikanischen Hotelkonzern Sun International als Partner reingenommen. Mein Wahlspruch ist: Schuster bleib bei Deinem Leisten.

War ein Börsegang oder ein Verkauf für Sie je ein Thema?

Nein. Wir kriegen natürlich immer wieder Anfragen, ob wir nicht verkaufen wollen. Aber weder ein Verkauf noch ein Börsegang der Kernholding ist für mich denkbar. Das schließt aber nicht aus, dass wir in manchen Ländern mit Tochterfirmen an die Börse gehen. Das haben wir auch schon gemacht. Wir waren in Südafrika an der Börse, jetzt sind wir es nicht mehr; wir waren mit Admiral Sportwetten an der Wiener Börse und haben uns auch da wieder zurückgezogen.

Warum übrigens?

Wir sind als internationales Unternehmen Lizensierungen unterworfen, die ein Internetanbieter mit Sitz irgendwo in der Karibik nicht hat. Die amerikanischen Behörden zum Beispiel haben mich und 22 Mitarbeiter genauesten durchleuchtet. Die kennen mein Privatleben besser als meine Frau. Wir mussten vorsichtig sein. Hätten wir bestimmte Wetten, die man braucht, um im Internet sehr schnell wachsen zu können, aggressiv angeboten, hätte uns das anderweitig sehr geschadet. Wir mussten also sensibel vorgehen, wollten aber nicht, dass unsere Aktionäre enttäuscht sind und sagen: Schaut´s Euch an, was Bwin macht, und ihr traut´s Euch nix.

Apropos Durchleuchtung. 92 Prozent der Firma gehören Ihnen, acht Prozent aber einer Holding im Schweizerischen Appenzell. Wer steckt da dahinter?

Ich. Das ist die C.S.C., die die Auslandsbeteiligungen hält. Wir haben drei Holdings, die alle ich kontrolliere. Zwei davon sind in der Schweiz, die C.S.C und die A.C.E, zu der unsere Schweizer Spielbanken gehören, darunter das größte Casino der Schweiz. Grundsätzlich machen wir keine Tochterfirmen auf, wo wir nicht die Mehrheit haben. Es gibt aber einige wenige Ausnahmen wie etwa in Estland, wo die staatliche Lotteriengesellschaft die Mehrheit hält.

Haben Sie am Beginn je gedacht, dass Ihr kleiner Flipperladen einmal derart groß werden könnte, ein Weltkonzern mit 8400 Mitarbeitern? Und für Österreicher beeindruckend: Größer als die Casinos Austria AG.

Ich weiß, der Vergleich mit den Casinos Austria ist spannend, aber er ist irreführend. Wir sind in einem ganz anderen Markt tätig und haben ein sehr unterschiedliches Unternehmenskonzept. 93 Prozent unseres Geschäfts findet im Ausland statt. Und wir erwirtschaften 55 Prozent unseres Umsatzes mit Entwicklung, Produktion und Verkauf von High Tech Lösungen, und nur 45 Prozent mit den von uns betriebenen Spielbanken und Casinos. Beide Standbeine sind für uns wichtig. Die Spielbanken und Casinos deswegen, weil es im Verkauf nämlich immer Spitzen und Wellentäler gibt. Das Spielbankengeschäft stabilisiert uns. Die Sportwetten kamen nur deswegen dazu, weil wir es für fahrlässig gehalten hätten, dieses Segment den anderen zu überlassen.

Wie lässt sich erklären, dass Novomatic siebenmal profitabler ist als die Casinos Austria AG?

Die haben ein Monopol. Da kann man nichts verdienen (lacht). Das war natürlich ein Scherz. Der Grund ist ganz einfach: Die Casinos Austria AG sind nur Betreiber, nicht Produzent, sie haben nicht den hochtechnisierten Industriebereich dabei wie wir.

Das heißt, die Herstellung von Spielautomaten ist profitabler als Casinos zu betreiben, die Produktion ist die Cashcow?

Ja, so ist es.

Wie wichtig ist für Sie Geld?

Geld ist ab einem bestimmten Punkt persönlich nicht mehr wichtig. Ich sage das in aller Demut: Ich reise ja sehr viel und sehe wie Menschen anderswo in großer Armut leben. Man muss als Unternehmer aufpassen, nicht abgehoben zu werden. Ich habe sicher Glück gehabt in meinem Leben, obwohl Glück alleine war es natürlich nicht. Von der Gesundheit abgesehen, muss man sich das Glück auch erarbeiten. Da hilft einem niemand dabei.

Haben Sie je selbst gespielt?

Ich bin kein Spieler. Das heißt nicht, dass ich zum Beispiel in Las Vegas nicht auch spiele, aber eher um zu testen und um mich unauffälliger bewegen zu können. Ich glaube, es wäre ganz schlecht, wenn ich ein echter Spieler wäre. Da wäre ich so wie ein Wirt, der zum Alkoholismus neigt.

Es gibt eine Menge Spielsüchtige, die sich um Kopf und Kragen spielen. Hat Sie das je beschäftigt?

Sicher. Wir haben strenge Vorschriften und eines der modernsten Spielsuchtpräventionskonzepte in ganz Europa. Wir lassen zum Beispiel keine Jugendlichen spielen. Spielen ist durchaus gefährlich, so wie Alkohol oder Rauchen. Es ist schlicht eine Frage der Quantität: Spiel soll Unterhaltung sein und Probleme gibt es nur mit dem Übermaß, wenn es zur Sucht wird so wie bei Herrn Kartnig. Was mich aber ärgert, ist Polemik – wenn etwa Kärntner Pseudowissenschafter behaupten, die Spielsucht sei in Kärnten um 600 Prozent gewachsen, bloß weil statt sechs Leuten dreißig zur Therapie gegangen sind.

Hatten Sie je ein schlechtes Gewissen wegen Ihres Geschäfts?

Nein, nie. Ein Weinbauer hat ja auch keine Gewissensbisse, nur weil er Wein macht.

Wie hoch ist eigentlich die Gewinnchance bei einem Spielautomaten?

Bei unseren Automaten liegt sie bei neunzig Prozent. Beim Roulette sind es 97 Prozent.

Das ist schwer zu glauben. Wenn einer zehn mal 50 Cent einwirft, gewinnt er doch nicht neunmal…

So ist es natürlich nicht. Erst bei einer Million Spielen gleicht sich das wieder aus.

Da ist wohl Ausdauer gefragt. Wieviel muss ein Automat im Monat einspielen, um sich bei Kaufpreisen bis zu 16.000 Euro pro Stück zu rechnen?

In Wien muss eine Maschine 3000 bis 5000 Euro pro Monat einspielen, sonst geht es sich nicht aus. 3000 Euro davon gehen aber allein für die Steuer weg.

Ihr Unternehmen ist nicht nur erstaunlich profitabel, es ist auch ungewöhnlich organisiert. Novomatic macht fast alles selber, von der Tischlerei bis zur Software. Ein typischer McKinsey-Berater würde sich angesichts einer solcher Fertigungstiefe mit Grausen abwenden. Was ist die Philosophie dahinter?

Wir sind in unserer Branche so etwas wie ein Maßschneider, aber vom allerfeinsten. Wir machen sozusagen die Brioni-Anzüge der Glücksspielbranche. Deshalb haben wir lieber alles im eigenen Haus unter Kontrolle. Es gibt auch Ausnahmen: Bei Großserien über 10.000 Stück vergeben wir einzelne Subaufträge auch nach China. Das ist sicher sehr kostengünstig, birgt aber auch Gefahren in sich. Wenn man im Premiumsegement operiert, ist es im Endeffekt nicht wirklich entscheidend, ob ein Produkt ein paar Euro teurer ist oder nicht. Die Qualität muss stimmen, der Liefertermin muss halten, Vertrauen ist wichtig. Und bei den Chinesen muss man sehr vorsichtig sein. Leiterplatten von uns wurden schon kopiert und von chinesischen Graumarktanbietern auf den Markt gebracht. Da zahlen wir lieber ein bisserl mehr und haben unser Know-how sicher in der Hand.

Wie stellen Sie die Qualität sicher?

Bevor bei uns eine Maschine in den Verkauf geht, testen wir alles selbst. Es gibt auch Geräte, die deswegen nie auf den Markt kommen. Und fremde Produkte, die wir ausprobieren. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir selber Spielbanken und Casinos betreiben. Ich glaube, das ist das Geheimnis unseres Erfolges.

Sind Sie da nicht häufig der Konkurrent Ihrer Kunden?

Natürlich ist das manchmal ein gewisser Seiltanz, das gebe ich zu. Aber im Zweifel lassen wir eben den Kunden den Vortritt. Für die Stammkunden ist unsere Doppelrolle als Betreiber und Produzent überhaupt kein Problem.

Wo geht die Reise in den nächsten Jahren hin?

Wir sind in den letzten Jahren durch Aquisitionen rapide gewachsen und wir wollen auch in den nächsten Jahren ähnliche Wachstumsraten erzielen. Ich bevorzuge eigentlich organisches Wachstum, aber wir sind auch Aquisitionen nicht abgeneigt. Die Kriegskasse ist gut gefüllt, da liegen einige hundert Millionen Euro drinnen. Das Geschäft selbst ist im Wandel. Bei uns geht es nicht mehr nur um Spiele, sondern um Gesamtlösungen. Die Zukunft sind serverbased Games und Download Table Games, wo wir einer der Marktführer sein werden. Einfach gesagt, bedeutet das: Ein Casinobesitzer muss künftig nicht ständig neue Automaten kaufen, sondern kann einfach die neuesten Spiele runterladen.

Wie ist Ihr Rezept für das Erobern neuer Märkte?

Wichtig ist, dass man nicht zu spät kommt. Und man braucht den richtigen Partner. Wir steigen in einen neuen Markt mit einer kleinen Einheit ein, prüfen die Ergebnisse und schauen, dass wir ein gutes lokales Management kriegen. Dann geben wir entweder Vollgas oder ziehen uns zurück.

War die organisierte Kriminalität für Sie je ein Problem? Es fällt auf, dass Sie nicht mehr in Russland tätig sind?

Wir hatten dort ein Joint-Venture mit der Stadt Petersburg, mussten unseren Anteil aber verkaufen, weil wir sonst in Amerika Probleme mit unseren Lizenzen bekommen hätten. In schwierige Länder gehen wir eher nicht mit Live-Casinos hinein. Das Personal, das dort wenig verdient, ist ständig mit sehr hohen Geldsummen konfrontiert. Das ist ein Problem. Wenn Unkorrektheiten auftauchen sind wir rigoros und schnell. Wir haben zum Beispiel vor einem halben Jahr in der Slowakei alle Mitarbeiter gekündigt und mit der Security die Computer abgeholt. Wenn die Abrechnungen nicht stimmen, muss man handeln.

Ihre Unternehmensanteile sind mehr als zwei Milliarden Euro wert. Sie sind also jetzt Milliardär. Hat das Ihr Leben verändert?

Nein, das Geld steckt in der Firma. Ich führe ein relativ normales Leben und habe es daher nie für notwendig befunden, große Summen aus der Firma rauszunehmen. Was wir machen, ist thesaurieren und reinvestieren. So kann eine Firma erfolgreich wachsen.

Werden Ihre drei Söhne die Firma einmal führen?

Der große, mein Sohn Thomas, ist einer der Geschäftsführer unserer Tochterfirma Austrian Gaming Industries, die Weltmarktführer bei Casino-Technologie ist. Thomas ist auch einer der Kernaktionäre von Century Casinos. Mein mittlerer Sohn ist WU-Student, und der kleinste geht in Südafrika in die Schule. Ob die beiden einmal in der Firma tätig sein wollen, müssen sie selbst entscheiden. Für mich ist wichtig, dass im Management jemand sitzt, weil er kompetent ist und nicht, weil er mein Sohn ist. Die Jungen sollen deswegen zuerst in andere Firmen gehen, um etwas zu lernen und um sich die Hörndl abzustossen. Das hat mein ältester Sohn Thomas auch gemacht und ich bin sehr stolz auf ihn. Im übrigen bin ich den Müttern meiner Kinder sehr dankbar, dass sie die Erziehung so gut hingekriegt haben. Ich wollte meinem Sohn Thomas vor zwanzig Jahren meinen Sportwagen geben, aber er bestand auf seinem VW Polo. Das hat mich beeindruckt.

Haben Sie, wenn Sie vorläufige Bilanz ziehen, in Ihrem Leben das erreicht, was Sie sich vorgenommen haben?

Das habe ich schon vor zwanzig Jahren. Aber ich arbeite gerne. Wir wissen, dass wir in unserem Bereich gut sind, und das macht mir jeden Tag aufs Neue Spaß. Natürlich ist mir schon aufgrund der Kaufangebote für unser Unternehmen bewusst, wieviel die Firmengruppe inzwischen wert ist. Aber das ist es nicht. Wir sind eine große Familie. Die Mitarbeiter, die das Unternehmen mit aufgebaut haben, sind mir heilig. Da muss man jetzt nicht zum Heurigen gehen miteinander, es geht einfach um Vertrauen und um Respekt. Die Firma ist heute so gut aufgestellt, dass sie auch ohne mich funktioniert. Ich bin gar nicht mehr notwendig, aber ich leiste meinen Beitrag sehr gerne.

Herr Professor Graf, wir danken für das Gespräch.