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Malta wurde zu einem Zentrum für die boomende Glücksspielindustrie mit Sportwetten, Web-Casinos, Poker und anderen Spielen.

Foto: Reuters/Darrin Zammit Lupi

Brüssel – Malta hat Glücksspielkonzerne zumindest zwischen 2012 und 2014 von der Insel aus in der ganzen EU Online-Spiele anbieten lassen, ohne ihre Server regelkonform zu kontrollieren, sagte ein ehemaliger Mitarbeiter der Regulierungsbehörde Maltas laut Reuters.

Malta hat über die Jahre mit niedrigen Steuersätzen zahlreiche Firmen ins Land gelockt. Insbesondere wurde das kleine EU-Land zu einem Zentrum für die boomende Glücksspielindustrie mit Sportwetten, Web-Casinos, Poker und anderen Spielen. Rund 500 Glücksspiellizenzen wurden gewährt. In keinem anderen EU-Land gibt es so viele Lizenzen. Auf Europa entfällt fast die Hälfte des weltweiten Online-Glücksspielumsatzes von 34 Mrd. Euro (38 Mrd. Dollar).

Das bedeutet aber, dass viele Unternehmen ihr Glücksspiel von Malta aus anbieten und die Arbeit der Glücksspielbehörde Maltas (Malta Gaming Authority/MGA) für ganz Europa relevant ist. Jede Lizenz aus Malta gilt für alle 28 EU-Staaten.

Ein Teil der Kontrolle erfolgt dadurch, dass Mitarbeiter der Glücksspielbehörde die Rechner, von denen aus Glücksspielseiten betrieben werden, mit Klebern ausstatten. Auf diesen ist eine Kennzahl vermerkt, die der Ausrüstung entsprechen muss, die das Glücksspielunternehmen der Behörde genannt hat.

Damit wird zwar nicht der Computer selber kontrolliert, aber die Behörde weiß, welche Hardware verwendet wird, was Kontrolle im Verdachtsfall erleichtern soll. Solche Aufkleber sind laut Regeln der Glücksspielbehörde Voraussetzung damit ein Glücksspielunternehmen eine Lizenz bekommt und das Geschäft aufnehmen darf.

Der frühere MGA-Mitarbeiter Valery Atanasov zeigte Reuters drei emails, in denen Firmen selber darauf hinweisen, dass sie diese Regel nicht einhalten. Atanasov legte außerdem emails vor, aus denen hervorgeht, dass er zumindest in einem Dutzend weiterer Fälle auf Unregelmäßigkeiten an Firmenstandorten hingewiesen habe.

Kampf vor Gericht

Der gebürtige Bulgare wude 2015 entlassen und kämpft seither dagegen in Malta vor Gericht. Die Glücksspielbehörde weist Atanasovs Vorwürfe zurück und betont, sie halte sich an internationale Standards im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung. MGA-Chef Joseph Cuschieri sagte zu Reuters, es gebe keinen Zusammenhang zwischen der Versiegelung der Geräte und Steuerzahlungen oder Geldwäsche. Dafür habe die MGA andere Mittel. Dazu gehörten externe Kontrollen, Stichprobenweise Prüfungen, Datensammlung, die Überprüfung des Datenverkehrs und Laborprüfungen von Ausrüstung.

Reuters hebt hervor, dass keine Beweise für Fehlverhalten einzelner Glücksspielfirmen in Malta vorliegen und die Behauptungen in den Emails nicht überprüft werden konnten.

Reuters zitiert ein Mail aus 2012, in dem ein Berater der schwedischen Gruppte Betsson schreibt, der Großteil ihrer Computer seien seit der Installation – das Unternehmen war seit 2008 in Malta aktiv – nie versiegelt worden. Das Unternehmen wollte damals eine Versiegelung, damit es bei der Verlängerung der Lizenzen um fünf Jahre keine Probleme gibt. Vertreter von Betsson und der Behörde versicherten Reuters, alle Bestimmungen seien eingehalten worden.

In einem anderen Fall 2013 habe ein Manager des ebenfalls schwedischen Unternehmens Mr. Green geschrieben, ein Teil der Ausrüstung sei seit mehr als einem Jahr nicht versiegelt worden, obwohl das Unternehmen dafür um einen Termin ersucht habe. Auch Mr. Green betont, dass man nie Regeln gebrochen habe.

Schwache Aufsicht

Grundsätzlich musste nach den Regeln der MGA jedes Unternehmen die verwendete Hardware bekanntgeben. Diese wurde mit einem gelben Kleber markiert und mit einem weißen Kleber an der Wand fixiert, wenn die realen Nummern mit den bekanntgegebenen übereinstimmten.

Atanasov hat nach Eigenangaben die Vergabe von Klebern verweigert, wenn es Unterschiede zwischen den Nummern vor Ort und im Schema der Firma gab. Das habe zu Beschwerden der betroffenen Firmen und ihrer Berater geführt, die letztlich zur Kündigung Atanasovs führten.

Laut Gerichtsdokumenten sei es nicht Atanasovs Entscheidung gewesen, den Siegel zu verweigern. Er hätte Unregelmäßigkeiten melden und dann den Siegel vergeben müssen. Ohne Siegel hätten die Unternehmen ihr Geschäft nicht mehr legal weiterführen können.

Besorgt reagierte Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im EU-Parlament, laut Reuters auf die von Atanasov präsentierten Mails. "Die Stärke Maltas als Standort für Onlinespiele stützt sich auf eine schwache Aufsicht", sagte er. Die EU-Kommission nahm nicht Stellung. (APA, 28.5.2017)