Was ist überhaupt Las Vegas? Vor hundert Jahren war der Ort wenig mehr als ein staubiger Eisenbahnhaltepunkt in der Wüste von Nevada. Man kann sich den ursprünglichen Zustand heute noch mühelos vorstellen, wenn man auf die kahlen Felsen blickt, die am Ende jeder Straßenachse den Horizont begrenzen. Zwischen der Stadt und den Bergen gibt es nichts als Geröll und trockenes Gestrüpp und die Mauselöcher im Boden, in denen freilich keine Mäuse leben, sondern giftige Schlangen. Ein paar Hütten, verstreute Wohnwagen, Tankstellen hat die Wüste unterdessen dazugewonnen. Aber der Ort ist gewaltig angeschwollen und in den Legendenrang von Weltstädten wie Rom, Paris oder Moskau vorgerückt. Wie diese hat er sich von der Realität gelöst und ist zu einer Chiffre geworden, die überall verstanden wird. Für Glücksspiel, Verbrechen, Rausch, Neonglitzer und Zerrüttung muss nur noch der Name genannt werden. Paris hat tausend Jahre gebraucht, um zum Inbegriff der Eleganz zu werden. Um stellvertretend für Laster und Verführung zu stehen, haben Las Vegas fünfzig Jahre gereicht.