Beteiligung der Stadt Luzern wirft Fragen auf

Erhielt der Casino-Investor ein präsidiales Sorry?

Während im Grand Casino Luzern munter gezockt wird, halten sich die Unternehmensverantwortlichen bedeckt zum Fall Gao.

(Bild: Emanuel Ammon/Aura)

Das Casino Luzern verweigert dem chinesischen Investor den Kauf von Stimmrechtsaktien. Politik und Wirtschaft sind sich nicht einig, ob die Unternehmensführung richtig entschieden hat. Währendessen soll sich sogar der Stadtpräsident gegenüber Vertretern von Yunfeng Gao erklärt haben.

Am Rande des WEF erklären die Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard und der chinesische Ministerpräsident Xi Jinping 2017 zum Tourismusjahr Schweiz-China. Gleichzeitig lehnt der Verwaltungsrat des Grand Casino Luzern dem umtriebigen chinesischen Investor Yunfeng Gao, unter anderem Besitzer des Hotel Palace, die Eintragung als Minderheitsaktionär ab (zentralplus berichtete).

Persönliche Unterstützung durch Stadtrat?

Die Stadt Luzern, welche mit 11 Prozent der Stimmrechtsaktien die grösste Aktionärin ist, verweigert den Kommentar: «Der Stadtrat kommentiert einzelne Entscheide des Verwaltungsrates nicht», schreibt Stadtrat Martin Merki. Während sich sowohl die Stadt als auch der Verwaltungsrates schwer tun mit einer nachvollziehbaren Begründung, werfen Verteter aus der Stadtluzerner Politik und Wirtschaft grundsätzliche Fragen zum Casino, der Tourismusförderung und der städtischen Beteiligungsstrategie auf. Ausserdem hält sich ein Gerücht.

Der Unternehmer und Präsident der Interessengemeinschaft Grendel, Robert Casagrande, sagt, Stadtpräsident Beat Züsli habe sich persönlich gegenüber den Vertretern von Herrn Gao erklärt: «Laut meinen Informationen hat der Stadtpräsident den Herren erklärt, dass der Stadtrat weiterhin hinter den Aktivitäten von Herrn Gao steht und ihnen bestmögliche Hilfe zugesichert.»

Auf Anfrage dementiert die Stadtverwaltung diese Theorie. Ein Gespräch zwischen Stadtpräsident Beat Züsli und Vertretern von Herrn Gao habe nie stattgefunden.

«Die Beteiligungsstrategie der Stadt sollte öffentlich sein.»

Simon Roth, Grosstadtrat SP Stadt Luzern

Fragezeichen bleiben bestehen, auch weil der Vertreter der Stadt Luzern im Casino-Verwaltungsrat, alt Stadtrat Franz Müller, sich nicht zu seinem Mandat äussert. Während die Verantwortlichen schweigen, meldet sich die Politik zu Wort.

Kritik an fehlender Transparenz

Für Simon Roth, Vize-Präsident und Grossstadtrat der SP Stadt Luzern, «fehlt seitens des VR die Begründung, inwiefern die Selbstständigkeit, die lokale Verankerung und die Unabhängigkeit von Einzelinteressen gefährdet sein sollen.» Den genannten strategischen Zielen des Casinos stehe er aber grundsätzlich positiv gegenüber.

«Wenn sich der Geschäftsgang einer Unternehmung negativ entwickelt und der Wert der Aktien fällt, geht das auf Kosten der öffentlichen Hand, respektive der Steuerzahler.»

Fabian Reinhard, Präsident FDP Stadt Luzern und Grosstadtrat

Obwohl sich Simon Roth vorstellen kann, dass Gao neue Impulse setzen und damit die Rendite der Unternehmung verbessern könnte, könne das für die städtische Beteiligung nur ein Teilaspekt sein: «Dazu kommen auch Aspekte der Stadtentwicklung, der touristischen Entwicklung insgesamt, die Bewahrung der städtischen Einflussmöglichkeiten oder die Arbeitsbedingungen für die Angestellten.» Roth kritisiert aber grundsätzlich die fehlende Transparenz und bezieht sich auf den Vorstoss von Urban Frye (zentralplus berichtete): «Die Beteiligungsstrategie der Stadt sollte öffentlich sein und es ist zu hoffen, dass sich dies mit der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips entsprechend ändern wird.»

Beteiligung birgt finanzielle Risiken

Der Stadtluzerner SVP-Präsident Peter With findets problematisch: «Die Beteiligung der Stadt Luzern am Grand Casino Luzern birgt ein finanzielles Risiko.» Beispielsweise wenn die Aktienkurse stark fallen oder andere wirtschaftliche Probleme auftauchen. Bereits 2014 hatte With im Stadtparlament einen Vorstoss für einen Verkauf der Casino-Aktien lanciert, scheiterte aber an der Parlamentsmehrheit, obwohl der Stadtrat bereit gewesen wäre, das Postulat entgegenzunehmen.

Dass der VR den Aktienkauf durch Herrn Gao ablehnt, kann With nicht ganz nachvollziehen: «Ich denke die Investition wäre für das Unternehmen eine Chance gewesen.» Allgemein ist With die Beteiligung der Stadt am Unternehmen aus marktliberaler Sicht ein Dorn im Auge: «Der Staat sollte nicht gleichzeitig als Marktakteur auftreten, das schafft Ungleichheit im Wettbewerb.»  Jetzt will Peter With einen neuen Versuch starten, wie er gegenüber der «Luzerner Zeitung» sagt. «Ich bin bereits am Vorbereiten eines entsprechenden Vorstosses und lote im Moment noch die Mehrheiten aus.»

«Ich habe die Befürchtung, dass sich Gao von Luzern abwendet, wenn ihm solche Steine in den Weg gelegt werden.»

Robert Casagrande, Unternehmer und Präsident IG Grendel

Ähnlich äussert sich Fabian Reinhard, Präsident der FDP Stadt Luzern und Grossstadtrat. Er möchte den Entscheid des Casino-Verwaltungsrat nicht kommentieren: «Als privates Unternehmen ist es das Recht des Verwaltungsrates, einen solchen Beschluss zu fassen.» Für Reinhard stellen sich wie bei With grundsätzliche Fragen: «Die Stadt muss eine Beurteilung machen, welche Ziele sie mit ihrer Beteiligung verbindet. Wenn die Beteiligung in erster Linie eine Finanzbeteiligung ist, so muss sich die Stadt überlegen, ob diese Beteiligung wirtschaftlich Sinn macht oder allenfalls die Aktien abgestossen werden sollen.» Denn die städtische Beteiligung an einer Aktiengesellschaft sei durchaus mit Risiken verbunden: «Wenn sich der Geschäftsgang einer Unternehmung negativ entwickelt und der Wert der Aktien fällt, geht das auf Kosten der öffentlichen Hand, respektive der Steuerzahler.»

«Die Chinesen sind geradezu spielverrückt»

Bisheriger Aktionär kauft Gaos Aktien zurück

Der Aktionär, der Yungfeng Gao seine Aktien verkauft hat, übernimmt seinen Anteil von 5 Prozent wieder, wie Elmar Wohlgensinger gegenüber der «Luzerner Zeitung» mitteilt: «Ich mache den ganzen Deal mit Yunfeng Gao rückgängig – auch die Genussscheine werde ich zurückkaufen». Der Mitgründer des IT-Händlers und des Marktforschungsinstituts IHA ist seit Jahrzehnten Casino-Aktionär. «Die Ablehnung ist ein bewusster Entscheid gegen die Interessen der Gesellschaft», sagt er. Die Argumentation für die Nichteintragung Gaos empfindet er als «fadenscheinig». Soviel er wisse, habe Casino-Präsident Guido Egli Yunfeng Gao nie persönlich getroffen oder sich mit ihm darüber ausgetauscht. Beim gescheiterten Verkauf habe er nicht einmal Gewinn gemacht: «Ich hätte sogar leicht draufgelegt», sagt Wohlgensinger.

Die Interessen Gaos vertritt die Generalunternehmung Eberli mit Hauptsitz in Sarnen, in der Gao selbst im Verwaltungsrat sitzt. Toni Bucher, Verwaltungsratspräsident von Eberli, sagt: «Herr Gao nimmt diesen Entscheid sportlich. Kein Problem für ihn.»

Casagrande kann die Beweggründe des Casino-Verwaltungsrates nur schwerlich nachvollziehen: «Dieser Entscheid ist sehr schade, insbesondere auch für die Herren Eberli und Bucher, welche die Stadt Luzern vorwärts bringen wollen.» Die chinesischen Gäste waren 2015 für 10,6 Prozent aller Logiernächte verantwortlich, sie sind die kaufkräftigsten Kunden in den Läden und nach den inländischen und amerikanischen Touristen die wichtigste Gruppe für den Tourismus-Markt Luzern. Gao habe das Palace Hotel übernommen und sei bereit Millionen zu investieren. Asiaten seien geradezu spielverrückt und Gao hatte sicher Pläne, welches die Gäste aus dem Fernen Osten endlich auch ins Casino gebracht hätten, so Casagrande. Bis jetzt sei es den Verantwortlichen des Casinos aber nicht gelungen, die chinesischen Touristen fürs Spiel zu begeistern.  

«Ich denke nicht, dass die Absage an Gao einen negativen Einfluss hat auf den Tourismus in Luzern hat.»

Pierre Rügländer, Präsident Quartierverein Altstadt

Über die Position des Verwaltungsrates kann Casagande nur spekulieren: «Möglicherweise bestehen persönliche Differenzen zwischen dem Verwaltungsratspräsidenten des Luzerner Casinos, Guido Egli, und den lokalen Vertretern von Herrn Gao. Ich hoffe, Egli ist nicht eifersüchtig auf den Erfolg des umtriebigen Investors.» Ein Aktienpaket von 5 oder 10 Prozent sei doch keine Gefahr für die Verwaltungsräte oder das Casino und damit könne man laut Casagrande auch noch keinen grossen Einfluss geltend machen. 

Für Casagrande ist der Entscheid des Verwaltungsrates gegen den Investor problematisch: «Ich habe die Befürchtung, dass sich Gao von Luzern abwendet, wenn ihm solche Steine in den Weg gelegt werden. Bereits jetzt investiert Gao an anderen Standorten, beispielsweise in Engelberg auf der Frutt und in der Romandie. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Nummer zwei auf dem Rücken haben.»

Wichtigkeit des Casinos fraglich

Anders sieht das der Präsident des Quartiervereins Altstadt. Für Pierre Rügländer gibt es viele Fragezeichen zur ablehnenden Haltung des Verwaltungsrates in der Sache Gao. Für ihn besteht jedoch ob dem abschlägigen Entscheid kein Problem: «Ich denke nicht, dass die Absage an Gao einen negativen Einfluss auf den Tourismus in Luzern hat.»

Rügländer gibt ausserdem zu bedenken, dass in Luzern die Gäste aus dem Fernen Osten bei weitem nicht die grösste Kundengruppe bilden. Die meisten Touristen kommen immer noch aus der europäischen Nachbarschaft, ausserdem seien auch die Besucher aus dem Wachstumsmarkt Indien zunehmend wichtiger. Weiter stellt sich Rügländer die Frage, ob das Casino tatsächlich so wichtig sei für die chinesischen Touristen: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die chinesischen Touristen in Luzern ein zweites Macao oder Las Vegas haben möchten.»

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