Alles im Blick: In der Spielbank Stuttgart fällt keine Roulettekugel, ohne die Anwesenheit von Sandra Sawallisch. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Roland Böhm

Stuttgart - Nur noch wenige Minuten bis zum ersten Spiel. Der Saal in der Spielbank Stuttgart ist in dezentes Licht gehüllt. Noch sind kaum Gäste hier. Die Croupiers machen sich derweil bereit. Und Sandra Sawallisch ist schon höchst konzentriert. Die Finanzbeamtin ist sozusagen das Auge des Staates an den Spieltischen. Sie kontrolliert die Spielbank im Auftrag des Staates. Ohne sie fällt hier keine Kugel, wird keine Karte aufgedeckt. Das wachsame Auge eines Finanzbeamten ist Pflicht in Deutschlands Spielbanken. Doch das bringt gewöhnungsbedürftige Arbeitszeiten mit sich.

Spielbank Stuttgart, 14.45 Uhr: Bevor die ersten Einsätze gemacht werden können, lässt sich die 33-Jährige von den Croupiers an den Roulette-Tischen den Ersteinsatz vorzählen. Satte 100 000 Euro - aufgeteilt auf jeder Menge blauer, grüner, gelber und roter Plastik-Spielmarken. Die Augen von Sandra Sawallisch haben alles genau im Blick. Wie die meisten hier trägt sie schwarz. Jackett wie Bluse. Dezent eben. Ungewöhnlich ist dieser Job, allerdings auch ungewöhnlich unkommunikativ. Denn reden darf Sandra Sawallisch nicht. Es sollen keine Gespräche mit den Besuchern der Spielbank und den Croupiers stattfinden, Abstimmungen mit Saalchefs sind auf das Nötigste reduziert. Die Frau mit den schulterlangen blonden Haaren ist eine ganz stumme Beobachterin des Spielbetriebs.

Ungewöhnliche Arbeitszeiten

Auch in den beiden anderen baden-württembergischen Spielbanken in Baden-Baden und Konstanz liegt die Kontrolle seit 1996 bei Finanzbeamten. Fälle von Untreue sind nicht bekannt, wie Ingbert Stolz berichtet. Er ist Chef des Finanzamts Baden-Baden, das sozusagen die Oberaufsicht im Land hat.

Nicht selten wird es vier oder fünf am Morgen, bis Sandra Sawallisch daheim ist. „Die Schichten müssen einem liegen“, sagt sie über ihren ungewöhnlichen Arbeitsplatz, den sie selbst als „exotisch“ bezeichnet. Am Ende des Abends ermittelt sie zusammen mit dem Kassierer und dem Saalchef den Bruttospielertrag, damit die Spielbankabgabe an das Land Baden-Württemberg in richtiger Höhe berechnet werden kann. Und das kann eine immense Summe sein. Im Jahr 2015 hatte die Spielbank Stuttgart einen Bruttospielertrag im klassischen und im Automatenspiel von 37 Millionen Euro. Die Spitzengewinne bewegen sich im sechsstelligen Bereich. Schwer abschätzen lässt sich, was an einem Abend umgewälzt wird, da zum Schluss nur der Gewinn oder Verlust festgestellt wird.

285 000 Besucher verzeichnete die Spielbank in Stuttgart im vergangenen Jahr, womit sie nach Berlin und Duisburg bundesweit an dritter Stelle liegt. Das Casino in Baden-Baden lag an zweiter Stelle im Land mit 206 000 Besuchern. In Konstanz waren es 99 000.

Insgesamt nahm das Land in vergangenen Jahr 78,31 Millionen Euro durch seine Spielbanken ein. 52,26 Millionen Euro stammen aus dem Automatenspiel. Die klassischen Spiele wie Roulette, Black Jack, Poker, Baccara und Punto Banco brachten dem Fiskus 26,05 Millionen Euro ein.

Selbst spielen darf Sandra Sawallisch freilich nicht. Wie für die anderen Mitarbeiter ist das Spielen hier für sie untersagt. Sie würde aber auch gar nicht wollen. Nicht mal Lotto spiele sie. „Es reizt mich einfach nicht“, sagt sie - und ist deshalb bestens geeignet für den Job der Kontrolleurin hier. „Es wäre mir zu schade ums Geld.“ Im Gegensatz zu den meisten Deutschen begegnet sie den großen und lilafarbenen 500-Euro-Scheine tagtäglich. „Aber ich nehme das Geld nie selbst in die Hand. Ich sehe es nur.“