Staatliche und private Glücksspielanbieter, Wissenschaft und Suchthilfe kooperieren erstmals beim Verbraucherschutz im Glücksspielwesen

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
E-Mail: info@isa-guide.de


Seit kurzem ist es öffentlich: Unter dem Namen „Düsseldorfer Kreis“ hat eine Initiative von Vertretern staatlicher Anbieter (WestLotto und WestSpiel), Wissenschaft (Prof. Dr. Bühringer, Prof. Dr. Ennuschat), Suchthilfe (Günther Zeltner, eva Stuttgart) und privater Glücksspielunternehmen (private Spielbanken, LÖWEN ENTERTAINMENT, LÖWEN PLAY, SCHMIDT Gruppe) ein gemeinsames Verbraucherschutzkonzept für Glücksspiele in Deutschland veröffentlicht.

ISA-GUIDE spricht mit Knut Walter, Wissenschaftsberater, Mitbegründer der Initiative und deren Sprecher zu den Motiven und Hintergründen.

Chefredakteur Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Herr Walter, Sie sind Sprecher der Initiative „Düsseldorfer Kreis“ und einer ihrer Gründer. Was ist der „Düsseldorfer Kreis“ und was will er?

Knut Walter
Knut Walter
Knut Walter, Wissenschaftsberater: Der Düsseldorfer Kreis ist eine unabhängige Initiative von verantwortlichen Personen aus Wissenschaft, Suchthilfe und –prävention, Beratung und Glücksspielanbietern. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, zur Lösung der inzwischen völlig blockierten Diskussion um die Regulierung von Glücksspielen in Deutschland einen gemeinsamen Vorschlag zu einer verbraucherschutz-orientierten Regulierung zu unterbreiten. Wir haben dafür über vier Jahre konzentriert an einem gemeinsamen Verbraucherschutzkonzept gearbeitet, dessen erste Version für die öffentliche Diskussion nun vorliegt.
Uns ist es damit erstmals gelungen, dass Wissenschaft, Hilfe und fast alle Glücksspielsegmente sich auf gemeinsame Ziele, Prinzipien und Qualitätsanforderungen verpflichten. Diese Anforderungen gehen weit über alles, was bisher regulatorisch überhaupt diskutiert wurde, hinaus. Auf der Anbieterseite unterstützen uns dabei die privaten Spielbanken, mit WestLotto die größte deutsche Lotteriegesellschaft, mit WestSpiel das größte staatliche deutsche Spielbankunternehmen und mit Löwen PLAY, LÖWEN ENTERTAINMENT und SCHMIDT Gruppe maßgebliche Player der Automatenwirtschaft. Allein LÖWEN ENTERTAINMENT und SCHMIDT Gruppe repräsentieren gemeinsam deutlich mehr als die Hälfte des Marktes für Geldgewinnspielgeräte in Deutschland.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Und warum „Düsseldorfer“ Kreis?

Knut Walter:
Weil Martin Reeckmann (Rechtsanwalt und BupriS Vorstandsvorsitzender), André Schmidt (Psychologischer Psychotherapeut, der leider auf Grund seiner hohen Arbeitsbelastung aktuell keine aktive Rolle im Kreis spielen kann) und ich die Runde im Januar 2012 in Düsseldorf gegründet haben. Wissenschaft, Hilfe und Anbieter kamen dann später hinzu.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Sie sprechen in Ihrem Konzept von Qualität und Verbraucherschutz. Ist der klassische Spielerschutz nicht mehr wichtig?

Knut Walter: Nein, ganz im Gegenteil. Spielerschutz, also alle Instrumente und Maßnahmen, die dem Schutz vor und der Hilfe bei glücksspielassoziierten Problemen dienen, sind nach wie vor Kern unseres Konzeptes. Was wir zusätzlich verdeutlichen wollen – und insofern ist der Verbraucherschutzbegriff eine Erweiterung und keine Einschränkung – ist, dass das Glücksspielen kein Randgruppen-Phänomen ist, sondern von fast 80% der Erwachsenen in Deutschland irgendwann in ihrem Leben einmal betrieben wird. Die überwiegende Mehrheit dieser gesellschaftlichen Gruppe sind völlig normale Verbraucher, die nie ein Problem entwickeln und denen bisher inzwischen übliche Verbraucherschutz- und Qualitätsstandards vorenthalten werden. Denn kaum jemand spricht im Kontext von Glücksspielen von Datenschutz, Manipulationssicherheit oder Auszahlungsgarantien. Das muss sich ändern, auch und speziell für die Gruppe der Problemspieler, die von der Entstigmatisierung des Glücksspielens und damit ihrer Probleme ebenfalls profitieren. Hier ist frühere und zielgerichtetere professionelle Hilfe das Ziel.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Nun hört man aber auch kritische Stimmen, die meinen, das Thema gehöre in die Verbände von Wirtschaft bzw. Suchthilfe.

Knut_Walter_Portrait Knut Walter: Oh, man hört auch Stimmen, die uns als „Hunde“ bezeichnen, was sicher nicht satirisch gemeint ist und verdeutlicht, gegen welche Art der Diskussionskultur wir uns stellen. Genau deshalb ist es auch richtig und wichtig, dass gestandene Persönlichkeiten für unsere Inhalte „Qualität und Verbraucherschutz“ stehen. Sie stellen ihren Namen, ihre Reputation, ihre ganze Erfahrung und Integrität für eine – wohlgemerkt qualifizierte – Diskussion zur Verfügung. Verbände haben ein völlig anderes Selbstverständnis und zu Recht auch eine andere Rolle. Sie sollen zwischen den oft sehr heterogenen Interessen einer Branche vermitteln und diesen Minimalkonsens in Richtung anderer Anspruchsgruppen vermitteln.
Der Düsseldorfer Kreis hingegen teilt zu 100% gemeinsame Maximalvorstellungen von Qualität, die wir als formuliertes Angebot zur Diskussion und als Regulierungsalternative anbieten. Es wäre sehr hilfreich, wenn die Verbände dieses Angebot aufgreifen, in ihren Strukturen weiterdiskutieren – und dann auch umsetzen würden.
Wir selbst verstehen uns als Vordenker und gehen dafür in Vorleistung. Wir sind kein Ersatz für Verbände und werden es auf Grund unserer Verfasstheit auch nie sein. Falls es aber Zweifel geben sollte: Die Gruppe unserer Unterstützer ist wesentlich größer als aktuell sichtbar und natürlich stehen die von den Kollegen vertretenen Organisationen und Unternehmen voll und ganz hinter unserem Konzept.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Nun fehlen in Ihrer Runde aber die Sportwettenanbieter. Ist das nicht ein Manko?

Knut Walter: Um es ganz klar zu sagen: Es wird kein einheitliches Regulierungskonzept ohne die Einbeziehung der Sportwette geben. Und sicher müssen wir uns auch mit der Thematik von Online-Casino und Poker befassen. Inhaltlich ist dies in unserem Verbraucherschutzkonzept – wenn Sie sich den Punkt „Spielerkonten“ anschauen – von Anfang an berücksichtigt.
Aber die formale Einbeziehung ist ein schrittweiser Prozess. Jetzt sollen erst einmal alle Sportwettenanbieter, die sich um eine Konzession beworben haben und die Voraussetzungen erfüllen, diese auch erhalten. Dann wird sicher ein – oder werden mehrere – Vorreiter für Qualität und Verbraucherschutz in diesem Segment Mitglied in unserer Runde werden. Erst danach wird man qualifiziert die Anforderungen für Online-Casinos und Poker diskutieren können.
Denn alle unsere Vorschläge orientieren auf ein umfassend neues Regulierungskonzept inklusive zentraler Regulierungsbehörde und Einbeziehung aller Glücksspielsegmente, dass nach dem geplanten
Ende des aktuellen Glücksspieländerungsstaatsvertrages umgesetzt werden soll.

Mitglieder des Düsseldorfer Kreis:

Prof. Dr. Gerhard Bühringer, TU Dresden
Prof. Dr. Jörg Ennuschat, Ruhr-Universität Bochum
Dr. Daniel Henzgen, LÖWEN ENTERTAINMENT GmbH
Robert Hess, SCHMIDT Gruppe Entertainment GmbH
Josef Kron, LÖWEN PLAY GmbH
Martin Reeckmann, Bundesverband deutscher Spielbanken gegr. 2008 als BupriS e.V.
Steffen Stumpf, Westdeutsche Spielbanken GmbH & Co. KG
Knut Walter, Scientific Affairs
Axel Weber, WestLotto
Günther Zeltner, Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Kontaktadresse:
Düsseldorfer Kreis
Initiative für Qualität und Verbraucherschutz im Glücksspielwesen
Französische Straße 55
10117 Berlin
Ansprechpartner:
Knut Walter
Telefon: +49 (0)30 2809 5012
Email: knut.walter@)duesseldorfer-kreis.de