WSOP: Möge der beste Spieler gewinnen!

Ein Artikel von Alex Lauzon

Die Sieger hoch dotierter Pokerturniere werden zu Stars, wie Tennis- Golf- und andere Profisportler. Rankings nennen die Namen und die Zahl – und die Spieler selbst kennen die Leiden und die Qual! Das größte aller Ereignisse in der Welt des „Pokersports“ ist natürlich der Hauptbewerb der WSOP, die Championship, die Weltmeisterschaft. Vollprofis, Teilzeitprofis, zahlungskräftige Amateure und glückliche Gewinner von Satellitenturnieren online treffen sich, um herauszufinden, wer von ihnen der Beste ist! Der beste Pokerspieler der Welt! Doch ist es wirklich der richtige Weg?

Die großen, im TV übertragenen, Pokerturniere haben das Spiel populär gemacht. Eine nie gekannte Zahl von aktiven Spielern und solchen, die sich vorbereiten, es zu werden, bevölkert beide Seiten des Atlantischen Ozeans. Das große Ziel von allen: ein Bracelet der WSOP! Der Weltmeistertitel! 12 Millionen Dollar!

Nein, nicht von allen. Es gibt eine ganze Menge von Pokerprofis, und ich meine damit Leute, die wirklich ausschließlich vom Pokerspiel leben, die sich prinzipiell von solchem Spektakel fernhalten.

Natürlich, die World Series of Poker, in der heute zelibrierten Form, lassen sich aus der Pokerwelt sicher nicht mehr wegdenken. Tausende von aktiven Spielern, Zehntausende von Besuchern in Las Vegas, die nur wegen dieses Großereignisses in die Glücksspiel-Metropole reisen, Millionen von Beobachtern in aller Welt. Dieses Monsterspektakel hat schon seinen Reiz. Medienpräsenz, Prominenz, Partys, eine ganze Menge neuer Millionäre – wie etwa der 21jährige Jeff Madsen – und viele mehr, die davon einige Tage träumen dürfen.

Falls Sie Erfahrung mit Online-Turnieren haben, so wissen Sie, je schneller die Blinds steigen desto größer wird der Einfluss des Glücksfaktors. Alle zehn oder fünfzehn Minuten werden die Einsätze erhöht. Kriegen Sie über 50 oder 60 während Händen schlechte Karten, was mehr als häufig der Fall ist, fressen die Blinds Ihren Stack wie die Blattschneider-Ameisen das Laub vom Baum.

Im Vorjahr, als der Titelträger des Jahres 2004, Greg Raymer, kurz vor dem Final Table das Turnier, wegen eines unglaublichen Bad Beats nach absolut ungerechtfertigtem Call seines Gegners, verlassen musste, teilte er einem Journalisten seine Meinung mit: „Um wirklich den besten Pokerspieler zu finden, müsste das Turnier zumindestens sechs Monate dauern!“ Es dauert wenige Tage!

Die Teilnehmerzahl im Vorjahr: 5.619. Heuer: 8.773!

Der erste Tag wurde, aus Gründen des Platzbedarfs, auf vier Tage aufgeteilt. Der zweite Tag auf zwei! Das bedeutet, das jeder Spieler, nach sechs Tagen, eigentlich nur zwei Tage gespielt hat. Und während dieser zwei Tage hat sich das Feld von 8.773 Spielern auf nicht mehr als 1.139 reduziert!

87% der Spieler sind eliminiert. Unter ihnen Doyle Brunson, Johnny Chan und Phil Hellmuth, jeder von ihnen stolzer Besitzer von jeweils 10 Bracelets, Dan Harrington, Champion des Jahres 1995, Greg Raymer, Sieger des Hauptbewerbes 2004 und 25. im Vorjahr, Chris Moneymaker, Champion 2003, Bobby Baldwin, Champion 1978, Sam Farha, Sieger im H.O.R.S.E.-Bewerb, der junge Jeff Madsen, der durch zwei grandiose Siege und zwei dritte Plätze sein unglaubliches Geschick heuer unter Beweis stellen konnte, Vollprofis, wie Chip Reese, Steve Danneman, Marcel Luske, Patrik Antonius und viele, viele mehr. Sollten sie wirklich alle zu den schwächsten 87% unter den Teilnehmern zählen?

Nein, sicher nicht! Die Zahl der Überlebenden jedes Tages ist vorgegeben, und danach ist die Progression der Blinds ausgerichtet. Die enorme Teilnehmerzahl, in Verbindung mit der Geschwindigkeit des Ansteigens der Blindeinsätze, erfordert Aggressivität. Aggressivität im Pokerspiel bedeuet Risiko! Wer dieses Risiko nicht eingeht, kann mit seinem Stack mit den Glückskindern, deren Zahl unter Tausenden von Spielern naturgemäß entsprechend hoch ist, nicht mithalten. Der Glücksfaktor wird zur treibenden Kraft.

Gewiss, der Hauptbewerb der WSOP behält seinen speziellen Reiz und seine magische Anziehungskraft. Doch ist es sicher nicht der beste Spieler, der diesen Bewerb gewinnen wird, sondern der glücklichste unter den guten!

Der durchschnittliche Stack beträgt rund 77.000 Chips. An vorläufig erster Stelle liegt ein gewisser Dmitri Nobles, mit USD 549.200, gefolgt von Yuriy Kozinskiy, USD 443,300, und Jon Lave, USD 405,400, alle drei völlig unbekannte Spieler. Der Bekannteste im derzeitigen Spitzenfeld ist Daniel Negraneau, der über einen chancenversprechenden Stack von USD 331.000 verfügt.

Andere bekannte Namen finden wir erst, wenn wir die Liste weit noch unten weiter durchsuchen, wie etwa Allen Cunningam (USD 172,900), Joe Hachem, Sieger des Vorjahres (USD 114.100), Cindy Violette (USD 79.100), Chris Ferguson (USD 55.200). Das Überleben des, als 150 zu 1 Favorit ins Rennen gegangene, Phil Ivey, hängt von einem mehr als bescheidenen Stack von USD 23.400 ab.

Wer die ersten Stunden des dritten Tages, ausgetragen am 4. August, überlebt, wird allerdings bereits mit Geld entschädigt. Für die Plätze 820 – 873 gibt es USD 14,597, danach folgen USD 15.504 und dies steigt, wie üblich, langsam an. Um mehr als USD 100.000 zu kassieren, bedarf es eines 63. Plaztes. Der Final Table beginnt mit anderhalb Millionen. Und auf den Sieger warten: USD 12.000.000!

Wir wünschen allen viel Glück und – möge der Beste gewinnen!

Alex Lauzon