100 Millionen Jackpot – oder doch nicht?

Ein Artikel von Alex Lauzon

Seit einigen Tagen geht die Nachricht durch die Welt: Der größte Preis, der je in einer „Sportveranstaltung“ zu gewinnen war! Ein Preis, der die World Series of Poker in den Schatten stellt! Einhundert Millionen Dollar in einem Hold’em Turnier, und noch dazu, in einem Freeroll!

Neue Pokerseiten schießen aus dem Boden wie die Pilze. Was tun, um Kunden attraktivere Angebote zu bieten als die etablierten Seiten, die das Publikum schon auf Grund der entsprechenden Anzahl von verfügbaren Gegnern besser ansprechen? Man bietet bessere Bonusse, man lädt zu Freerolls, man lockt mit Sonderpreisen – und nun ein 100 Millionen Jackpot! Freeroll!

Das Angebot kommt von zwei verschiedenen Seiten simultan, die sich „Noble“ und „Titan“ nennen!

Täglich gibt es auf diesen beiden Seiten zwei Freerolls. In jedem dieser Turniere winken 5 Buy-ins für das große Ereignis – mit dem 100 Millionen-Jackpot – im April 2006 als Preise. In diesem Hauptturnier wird um $ 500.000 gespielt. Nun, in Anbetracht, dass es keinen Pfennig Einsatz kostet, ist der Preis nicht schlecht! Doch wo sind die 100 Millionen?

Sobald sich das Feld der Spieler auf zehn reduziert haben wird, wird das Online-Turnier unterbrochen. Der Final Table wird live gespielt. Im Mai. Wo? An einem geheimen Ort! (Fiji Inseln? Feuerland? Abu Dhabi? Wer weiß!?!)

Und endlich hat dort einer der zehn Spieler die Chance, die 100 Millionen einzustreifen! Jetzt tauchen zwei Fragen auf. Die erste wäre, unter welchen Voraussetzungen ist dieser Jackpot zu gewinnen? Die zweite Frage kommt eigentlich gar nicht so natürlich in unseren Sinn: Wann wird der Gewinn ausbezahlt?

Widmen wir uns der ersten Frage, und hier ist auch gleich die Antwort: Den Jackpot gewinnt der Spieler, der am Final Table, innerhalb der ersten 260 gespielten Hände, über ein Royal Flush verfügt!

Eine wirklich verlockende Chance, nicht wahr? Wie oft haben Sie während Ihrer Karriere als Pokerspieler bereits ein Royal Flush zugeteilt bekommen? Nun, wir wollen nicht ungerecht sein! Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul! Immerhin, nachdem in Texas Hold’em sieben Karten zur Verfügung stehen, ist die Chance auf ein Royal Flush 1:30.940, und somit rund fünfhundertmal größer als auf „sechs Richtige“ im Lotto.
Moment, nicht so voreilig! Nicht jedes Royal Flush berechtigt zum Gewinn des Jackpots. Es muss in Pik sein! (Warum gerade Pik und nicht Herz oder Karo?) Das reduziert die Wahrscheinlichkeit sofort auf 1:123.760. Trotzdem, wir müssen anerkennen, es handelt sich um ein Freeroll!

Ach ja, bevor ich es vergesse: Zwei der fünf Karten des Royal Flush müssen sich in der Hand des Spielers befinden. Die Chance reduziert sich auf 1:259.896!

Jetzt kommen wir zur zweiten genannten Frage, derjenigen, die als solche eigentlich gar nicht so naheliegend wäre. Nämlich, wann der Gewinn ausbezahlt wird, falls sich dieses kleine (oder große) Wunder wirklich ereignen sollte. Die Informationen dazu finden wir in Punkt 11) der Bedingungen. Ich zitiere wörtlich:

„Der große Preis wird dem Gewinner (seine Nachfolger, Begünstigten und Erben eingeschlossen) entweder als $ 100 Millionen ausbezahlt (zahlbar $ 1.000.000 pro Jahr während 49 Jahren, gefolgt von einem Pauschalbetrag von $ 51.000.000 im 50. Jahr) oder der Gewinner kann eine einmalige Zahlung in Höhe von $ 25 Millionen als volle und endgültige Übereinkunft auswählen.“

Während des Studiums dieser Regelung (Und niemals auf das Kleingedruckte vergessen!) drängt sich der Anblick des leuchtenden und blinkenden Banners, Faszination und schillernde Träume in mir weckend, in mein Gedächtnis, auf dem deutlich zu lesen war: „100 Millionen“.

Ich selbst bin zwar um einige Jährchen jünger als Doyle Brunson, doch bezweifle ich durchaus, dass ich in fünfzig Jahren noch am Leben sein werde! Wäre es für einen Zwanzigjährigen eine Erfüllung, sich im Alter von siebzig als Multimillionär zu wissen? Ob man darauf von einer Bank Kredit kriegt? Und zu welchem Zinssatz? Allerdings, die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand darüber den Kopf zerbrechen muss, ist ohnehin nicht sonderlich hoch!

Euer Alex Lauzon