Rien ne va plus – neue Verbote beim Glücksspiel

Spielsucht – mehr als 25 Milliarden Euro werden jedes Jahr in Deutschland beim legalen Glücksspiel umgesetzt. Allein in Bayern glauben Zehntausende immer wieder an den großen Gewinn. Eine neue Spielverordnung soll jetzt das Risiko, in die Abhängigkeit zu geraten, reduzieren. Allerdings mit zweifelhaften Mitteln.

Spielsüchtige und ihre Angehörigen sind meist mit sozialen und finanziellen Probleme konfrontiert. Immer in der Hoffnung, den Jackpot zu knacken und den Traum vom Leben ohne finanzielle Sorgen vor Augen, gelangen die Süchtigen in einen Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist. Allerdings gibt es auch einsichtige Spieler, die ihre Sucht erkannt haben und sich von der Teilnahme am Glücksspiel selbst ausschließen: Eine große Zahl der Abhängigen hat sich für Casinobesuche in Deutschland sperren lassen. „Wenn Sie heute ins Casino gehen wollen, müssen Sie erst eine Zugangskontrolle passieren“, erklärt Marlon Klein vom Bayerischen Innenministerium.

Sperrdatei fürs „großen Spiel“

Bisher existiert eine solche Sperrdatei, in der die Spieler sich aus Selbstschutzgründen registrieren lassen können, nur für das so genannte „große Spiel“. Hierzu zählen Roulette- und Kartenspiele. Beim „kleinen Spiel“, etwa an Automaten, gibt es bisher „keine adäquate Zugangskontrolle. Das werden wir aber ändern zum 1. Januar 2008“, so Klein weiter.

Wie erkenne ich Spielsucht?

Die Krankheit ist tückisch, denn sie entwickelt sich langsam und unauffällig. Allerdings lehrt die Erfahrung, dass bestimmte Menschen besonders anfällig sind. Zu den Persönlichkeitszügen potenzieller Spieler gehören laut Suchtexperten Michael Soyka: „Impulsivität, Neugier, experimentierfreudiges Verhalten, Menschen die eine schlechte Selbstkontrolle haben.“ Schätzungen zufolge sind rund 150.000 Menschen in Deutschland spielsüchtig. Hilfe können sich Betroffene in Suchtberatungsstellen holen. Hier zeigt sich aber, dass sich im Besonderen die Angehörigen an die Beratungsstellen wenden. Psychologe Josef Würfel: „Der Großteil der Spieler sucht nie eine Beratungsstelle auf oder begibt sich nie in Behandlung.“

Zwangspausen beim Zocken

Durch eine fünfminütige Zwangspause wird jetzt das Spiel nach einer Stunde unterbrochen. Der Spieler soll sich darüber klar werden, ob er wirklich noch weiter zocken möchte. Und auch Jackpots, die ohnehin oft auf falschen Versprechungen beruhten, wurden verboten. Der gewichtigste Grund für die Änderungen, sind mit Sicherheit die gestiegenen Umsätze, denn „die meisten Spieler gehen ins kleine Spiel und spielen dort bewusst“, schildert Klein die Situation der Zocker.

Neue Verordnung mit bitterem Beigeschmack

Seit 1. Januar 2006 gilt die neue Spielverordnung. Allerdings gibt es neben den genannte positiven Neuerungen auch Reglementierungen, die den Zweck, die Abhängigkeitsrisiken zu reduzieren, durchaus konterkarieren:

In Gaststätten wurde beispielsweise die Anzahl der zulässigen Automaten von zwei auf drei erhöht, wenn der Jugendschutz es in den jeweiligen Lokalitäten zulässt. In Spielhallen wiederum sind nun statt zehn, zwölf Automaten erlaubt. Auch die Regelung zur Mindestspieldauer wurde verändert: „Wir hatten vorher zwölf Sekunden, das sind jetzt fünf Sekunden“, sagt Elke Fischer vom Bayerischen Wirtschaftsministerium. Die kürzeren Spielintervalle jedoch machen das Spielen noch attraktiver und helfen, die Umsätze zu steigern. Das Vergnügen wird für Süchtige riskanter.
Spielbanken sind staatliche Unternehmen

Mehr als 25 Milliarden Euro setzt die Glückspielbranche jedes Jahr in Deutschland um. Von dieser gewaltigen Summe fließen etwa 4,4 Milliarden Euro in die Staatskasse. „Die Spielbanken sind staatliche Unternehmen und die wollen und müssen auch Geld verdienen. So dass da die Stellung des Staates durchaus zwiespältig ist, ähnlich wie bei den Zigaretten auch“, erklärt Georg Walzel, Suchtbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung. Auch wenn der Staat die Personenkontrolle auf das „kleine Spiel“ ausweitet, bleibt unklar ob sich das Suchtpotenzial mit den neuen Maßnahmen reduzieren lässt. Mehr noch: Eine Branche ist und bleibt schwer kontrollierbar – das Internet. Nach deutschem Recht handelt es sich beim virtuellen Casino um verbotenes Glücksspiel, bei dem man sich strafbar machen kann. Aber gerade hier sind die Kontrollmöglichkeiten verhältnismäßig gering.

Quelle: Verband Umwelt und Gesundheit