Oberlandesgericht Koblenz verpflichtet Lottogesellschaft zur Entgegennahme von Internet-Lottotipps

Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit einem von der Sozietät Redeker Sellner Dahs & Widmaier erwirkten Beschluss vom 20. Januar 2009 (1 W 06/09) eine einstweilige Verfügung gegen eine Landeslotteriegesellschaft erlassen. Die Verfügung verpflichtet die Lottogesellschaft, der Klägerin eine elektronische Schnittstelle zur Einspeisung von gewerblich vermittelten Internet-Lottotipps weiter zur Verfügung zu stellen.

Die Lottogesellschaft hielt sich zur Schließung trotz eines bestehenden Vertrags für berechtigt, weil über die Schnittstelle Internet-Lottotipps eines gewerblichen Spielvermittler eingespeist würden. Die Internetvermittlung sei aber seit dem 1.1.2009 ausnahmslos verboten (§ 4 Abs. 4 GlüStV).

Dr. Tobias Masing Rechtsanwalt
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Ebenso wie jüngst das Landgericht Hamburg (Urt. vom 20.02.2009 – 408 O 12/09), war das Oberlandesgericht anderer Ansicht. Es verwies insoweit auf ein Schreiben der EU-Kommission aus dem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland (v. 31.01.2008 im Verfahren Nr. 2007/4866) und ein Urteil des VG Berlin vom 22.09.2008 (35 A 15.08). Die Erwägungen der Kommission und des Verwaltungsgerichts seien überzeugend. Das VG Berlin hatte in jenem Urteil zentrale Vorschriften des GlüStV (u. a. das Internetvermittlungsverbot, das Internetwerbeverbot und die Werbebeschränkungen) für gemeinschaftsrechtswidrig und unanwendbar erklärt, soweit es um die Vermittlung von Lotto und andere staatlich zugelassene Lotterien mit nicht mehr als zwei Gewinnereignissen in der Woche geht. Angesichts der europarechtlichen Erwägungen, denen sich der OLG-Senat nicht verschließen könne, könne es jedenfalls nicht als unzumutbar betrachtet werden, an dem Vertrag festzuhalten.

Die europarechtlichen Bedenken würden nicht dadurch ausgeräumt, dass § 4 Abs. 4 GlüStV mit der Verfassung vereinbar sei, wie das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 14.10.2008 (1 BvR 928/08) entschieden habe.

Das Oberlandesgericht brauchte sich angesichts der europarechtlichen Begründung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Berlin zum Verfassungsrecht nicht mehr näher zu befassen. Dieses ist in seiner Entscheidung der Sache nach auch der Kammerentscheidung der drei Richter des BVerfG entgegengetreten. In dem zitierten Kammerbeschluss hatte das BVerfG die Annahme einer Verfassungsbeschwerde gegen § 4 Abs. 4 GlüStV zur Entscheidung abgelehnt. Die Nichtannahme zur Entscheidung hatte das BVerfG damit begründet, dass die schweren Eingriffe in die Berufsfreiheit voraussichtlich gerechtfertigt seien. Eine Annahme zur Entscheidung des achtköpfigen Senats über die Verfassungsbeschwerde sei nicht angezeigt, weil sie voraussichtlich ohne Erfolg bleiben würde. Das VG Berlin hatte sich in den im Dezember abgesetzten Gründen des Urteils vom 22.09.2008 mit den Erwägungen jenes Kammerbeschlusses z. T. sogar wörtlich auseinandergesetzt, auch wenn es den Kammerbeschluss in seiner Entscheidung noch nicht hatte berücksichtigen können, weil er erst nach Verkündung ergangen ist. Das VG Berlin hat in einer über 30-seitigen Passage des Urteils in einem obiter dictum auch zum Verfassungsrecht Stellung genommen. Das Gericht legte hier mit eingehender Begründung dar, dass es auch in Kenntnis der Erwägungen des Nichtannahmebeschlusses von der Verfassungswidrigkeit der Vorschriften für die Lottovermittlung überzeugt ist und diese nach Art. 100 GG im Wege der Richtervorlage vorgelegt hätte, wenn sie nicht bereits aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen unanwendbar gewesen wären.

OLG Koblenz, Beschluss vom 20. Januar 2009 – 1 W 06/09

Dr. Tobias Masing
(Rechtsanwalt)

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Dr. Tobias Masing
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